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Serie „Ankommen in Deutschland“: Folge 5
Manideep Allu, 25, kam aus Indien für den Master in „Chemical and Energy Engineering“ nach Deutschland. Er ist eine der Fachkräfte, die Deutschland so dringend braucht. Wir protokollieren seinen Alltag und wollen wissen: Klappt Integration? In Folge Fünf erzählt er, weshalb Europa für ihn der beste Ort zum leben ist, wie lange er für seine Steuererklärung braucht und wie aufwändig eine Reise nach Indien für ihn ist.
„Ich reise bald nach Indien, die Flüge sind gebucht. Drei Jahre habe ich meine Eltern nicht mehr gesehen. Ich freue mich so sehr – endlich wieder Farben, Feiern und Biryani, mein Lieblingsessen. Und indische Süßigkeiten kann ich kaum erwarten, hier in Deutschland mag ich nur Baklava und Käsekuchen … Aber keine Sorge, ich komme wieder! Ich schreibe nämlich bald meine Masterarbeit.
Deshalb gibt es für mich nur ein paar Wochen Andhra Pradesh. Es gibt aber gute Gründe, gerade im Spätsommer hinzufahren: Mein Bruder erwartet dann nämlich seinen ersten Sohn. Und meine Eltern feiern ihren 30. Hochzeitstag. Mein heimlicher Besuch wird wohl das größte Geschenk sein. Mama und Papa wissen nichts, nur ich und meine Schwester haben diesen Plan ausgeheckt.
Das zu organisieren war nicht unaufwändig. Für das Transit-Visum musste ich zweimal zum Berliner Konsulat. 550 Euro Flugtickets, mein Reisepass, Anträge – alles musste ich vorlegen. Dann wurde mein Pass für drei Wochen einbehalten. Jetzt ist er wieder in meinem Portemonnaie, mit einem teuren Stempel mehr – rund 140 Euro. So etwas ist echt nicht nebenbei erledigt. Zum Glück konnte ich eine gute Freundin besuchen, die mit ihrem Mann in Berlin lebt. Wir spielten „Carrom“ (das Spiel hat jeder indische Haushalt) und „Uno“ (das hat jeder deutsche Haushalt).
In Indien werde ich viele Freunde wiedertreffen, aber inzwischen leben ja auch einige hier, die ich noch vom Bachelorstudium kenne. Mit denen spiele ich stundenlang Billard, meine neue Wochenend-Addiction. Ein weiterer Freund macht außerdem bald einen Arbeitsausflug von Indien nach Deutschland und besucht uns dann. Wir freuen uns alle total. Und im Sommer besucht mich ein Freund, der inzwischen in Kanada lebt. Wir reisen dann gemeinsam. Ob nach Amsterdam oder Italien – das entscheiden wir noch.
Mein Freund ist in Kanada glücklich, aber ich verstehe das nicht – hier ist es viel besser. Ich denke, dort wandern eh schon zu viele Menschen ein. (Anm. der Red.: Nach Deutschland wandern jährlich mehr Menschen ein als nach Kanada. Dort machen Immigrant:innen aber einen größeren Teil der Gesamtbevölkerung aus.) Immigranten müssen in Kanada manchmal auf der Straße schlafen, weil es keine freien Unterkünfte mehr für sie gibt. Außerdem ist die Inflation dort höher und die Lebenskosten auch. Ich halte Kanada deshalb einfach nicht für den besten Ort zum Einwandern. Klar, immer noch besser als die United States, oder? Da habe ich Angst vor Waffengewalt und Rassismus. Man hört schließlich immer wieder von erschossenen Studierenden, auch solchen, die aus Indien stammen.
Vielleicht kann ich meinem Freund aus Kanada zeigen, wie cool es hier ist. Ich habe hier auch noch keinen Rassismus erlebt, nur einmal davon gehört, dass eine indische Studentin geschubst und bedrohlich angeschrien worden sein soll. So etwas ist mir noch nie passiert. Ich mag Europa, es ist der beste und sicherste Ort zum Leben. Wenn du dich niederlassen willst, dann hier. Hier ist alles besser.
Also abgesehen von den Regeln und Gesetzen. Davon gibt es Tausende, das nervt manchmal. Und es ist hier ein bisschen Oldschool. Heutzutage läuft alles online, wir schreiben E-Mails. Und das Finanzamt verschickt Briefe …“
Meine neueste Entdeckung:
„Online-Steuererklärung. Ich musste nämlich eine machen, weil ich seit letztem Jahr arbeite. Meine Recherchen haben ergeben: Es gibt ein Onlineportal, Elster, wo man alles eingeben kann. Überraschend, weil sonst alles so oldschool ist. Das Ausfüllen habe ich alleine gemacht, nur mit der Hilfe von Youtube. Aber bloß nicht beeindruckt sein: Ich habe 15 Tage gebraucht … Aber ich habe auch immer nur ein paar Zeilen ausgefüllt, immer, wenn ich in meinem Alltag Zeit gefunden habe. Und ich musste übersetzen lassen, weil man sich die Webseite nicht auf Englisch anzeigen lassen kann.“
Mein aktuelles Lieblingswort und warum?
„Ermäßigung. Zuletzt gesehen bei meiner Steuererklärung, ich musste erst einmal googeln, was es meint. Das ist so ähnlich wie ‚gut und günstig‘, also ein Discount. Ein gutes Wort, weil es bedeutet, dass ich Geld spare. Ich nutze alle Vergünstigungen, die ich kriegen kann. In Indien gibt es das Wort: takkuva. Das bedeutet das gleiche, aber in Indien gibt es takkuva nicht so oft wie in Deutschland. Nur für Bustickets vielleicht, und für Menschen über 60. Hier kann man mit Ermäßigung auch ins Kino oder Museum gehen.“
Anm. d. Red.: In einer früheren Version hieß es, Manideeps Eltern würden den 25. Hochzeitstag feiern. Tatsächlich ist es aber der 30., wir haben den Text deshalb am 13. Mai um 12:42 Uhr korrigiert.