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Gleiche Hobbys machen Beziehungen nicht glücklicher

Fotos: ohneski / photocase.de, alex / unsplash; Grafik: jetzt

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Sie schluchzt so sehr, dass man fast gar nichts versteht. Hannah drückt den Hörer fester an ihr Ohr. Sarah stammelt etwas von „SMS“ und „versehentlich an ihn geschickt“. Hannah hat bereits eine Ahnung, um wen es sich handeln könnte. Seit einigen Wochen war ihre Freundin mit einem Typen zusammen, der – eigentlich BWL-Student – Sänger in einer Band und riesiger Fußballfan war. Er war zudem attraktiv und lustig. Wenn Sarah über „ihn“ redete, war meistens ihr neuer Freund gemeint. 

Anfangs dominierte noch die Euphorie: Sarah, eine ruhige und zurückhaltende Frau, hatte selbst noch nie in einer Band gespielt und genoss die Einblicke in das Möchtegern-Künstlerdasein. Ihr Freund war außerdem sehr gesellig: Wenn Fußball im Fernsehen lief, lud er regelmäßig seine Kumpels ein, um bei sich im Wohnzimmer auf der Leinwand Spiele zu verfolgen. Es gefiel Sarah, dass ihr Freund so beliebt war. Dass er immer Action um sich herum brauchte, überforderte sie zwar ab und zu, aber sie redete sich ein, sie würde sich schon an diesen Lifestyle gewöhnen.

Eine Weile lief alles glatt, bis die Hobbys ihres Freunds anfingen, sie zu nerven. Für ihre Interessen, klassische Literatur und Wandern, hatte er nicht so viel übrig. Sarah schluckte ihren Frust herunter, wenn ihr Freund Dates absagte, um Fußball zu gucken oder einen Gig zu spielen. Unterschiedliche Hobbys wollte sie als Streitgrund nicht gelten lassen. Bis er ein lange geplantes Date zu ihrem Jahrestag wegen eines Auftritts absagte. Sarah platzte der Kragen – in einer SMS an Hannah beteuerte sie, ihren Freund zu verlassen, wenn er seine Hobbys nicht für sie einschränken würde. In ihrem Ärger schickte sie die SMS versehentlich an ihn. Nie zuvor hatte sie in der Deutlichkeit mit ihm über ihren Kummer gesprochen. Die Konsequenz: In einem hitzigen Telefonat beendete ihr Freund die Beziehung. Wenn sie mit seinen Hobbys nicht klarkomme, sagte er, habe das alles keinen Sinn. 

Hobbys, das sind verwirklichte Interessen, die jeder von uns hat. Und für alle, die jetzt Nein sagen: Seriengucken und Telefonieren sind auch Hobbys. Wenn wir unseren Hobbys nachgehen, entspannen wir, außerdem machen Hobbys uns glücklich. Forscher schlagen bereits Alarm, dass unsere Hochleistungsgesellschaft nur noch wenig für Platz für Hobbys lässt.

Datingwebseiten zwingen uns dazu, einen ganzen Fragenkatalog zu Interessen und Hobbys zu beantworten

Wenn wir einen Menschen kennen- und dann lieben lernen, kommen wir also nicht drum herum, uns mit seinen Hobbys zu beschäftigen. Weil viele Menschen Angst davor haben, genauso wie Sarah zu enden, streben sie bei der Partnerwahl Menschen mit ähnlichen Interessen an. 

Datingwebseiten, die virtuellen Abbilder unseres Balzverhaltens, haben das schon längst erkannt und zwingen uns dazu, vor der Anmeldung einen ganzen Fragenkatalog zu beantworten. Erst wenn  der Algorithmus weiß, ob wir lieber in Paris oder einem Zelt im Wald knutschen würden und ob wir lieber Tennis oder Frisbee-Golf spielen, dürfen wir auf die Singlewelt losgelassen werden. So läuft das jedenfalls bei OkCupid, einem Urgestein der Datingwebseiten. 

Aber geht das wirklich so einfach? Garantieren viele Gemeinsamkeiten wirklich, dass man glücklich bis in alle Ewigkeit wird?

„Meine Frau hat andere Hobbys als ich, die sie aber mit derselben Leidenschaft verfolgt wie ich“, sagt Christoph, 36, der seit zehn Jahren mit seiner Frau Christiane, 33, zusammen ist. Er ist Serien- und Filmnerd und kann genauso detailliert über Seriencharaktere sprechen wie über seine Freunde. Christiane ist leidenschaftliche Köchin und gibt „überdurchschnittlich viel Geld“ für Essen und Küchenutensilien aus. Christoph und Christiane haben sehr unterschiedliche Interessen, trotzdem sind beide glücklich: „Ich glaube, das Spannende an guten Beziehungen ist, dass zwei Weltsichten aufeinandertreffen, sich gegenseitig befruchten und den anderen jeweils herausfordern“, meint Christoph. Christiane findet, dass unterschiedliche Hobbys und Interessen, den eigenen Kosmus erweitern.  Als sie Christoph kennenlernte, schaute sie ihm zuliebe sechs Star-Wars-Filme auf einmal – und war danach angefixt. Was allerdings nicht angenähert hat und von Anfang an gleich war, ist ihre offene und tolerante Lebenseinstellung, die für Christiane „elementar“ in einer Beziehung ist. 

„Wir sind glücklich in einer Partnerschaft, wenn der andere gleiche Werte und Lebensanschauungen teilt“, sagt auch der Berliner Psychologe Dr. Wolfgang Krüger. Er kennt sich aus, Beziehungsschwierigkeiten sind sein Schwerpunkt. Gemeinsame Hobbys brauche man nicht unbedingt, wie man bei Christiane und Christoph gut erkennen kann. 

„Man muss mit dem Partner oder der Partnerin darüber reden, was das Hobby für einen bedeutet“

Allerdings gibt es viele Hobbys, die nicht so sozialkompatibel sind wie Kochen und Seriengucken. Stefan, 33, reist gerne und viel und braucht seine Trips, um glücklich zu sein: „Ich könnte keine Frau daten, die nicht gerne reist.“ In der Vergangenheit hatte er öfter mit seinen Partnerinnen Konflikte, weil er ständig unterwegs war. Was man vielleicht nachvollziehen kann, wenn der Partner lieber durch Burmas Wälder spazieren mag, als am Wochenende an den See zu fahren. Stefan hat aus inzwischen gelernt, dass Kommunikation in einer Beziehung wichtig ist, um Konflikte zu vermeiden. „Man muss mit dem Partner oder der Partnerin darüber reden, was das Hobby für einen bedeutet, damit er oder sie die Chance hat, nachzuvollziehen, warum man das macht“, sagt er. Das Reisen gehöre genau wie das Skaten zu seiner Person und habe ihn zu dem gemacht, der er heute ist. Allerdings wäre er bereit, sein Reisen für die Richtige ein bisschen einzuschränken. Zu einer guten Beziehung gehört schließlich auch Kompromissbereitschaft. 

Malte, 34 und Lotte, 31, haben zwar unterschiedliche Interessen, der Kern ihrer Hobbys ist aber gleich: Beide haben gerne ihre Freunde um sich herum. Malte ist ein absoluter Fußballfreak und verpasst kein Spiel seines Lieblingsvereins Borussia Mönchengladbach. Er geht mit seinen Kumpels ins Stadion oder in seine Stammkneipe. Wenn sein Verein gewinnt, kann bei ihm auch mal eine Freudenträne fließen. Lotte nimmt den Fußballtick ihres Freundes gelassen: „Man muss Verständnis für die Hobbys des anderen haben“, sagt sie. Außerdem macht sie genauso viel mit ihren Freundinnen wie Malte mit seinen Kumpels. Der regelmäßige Austausch mit ihnen ist Lotte sehr wichtig: „Ich könnte keinen Freund haben, der nicht versteht, dass ich oft mit meinen Freundinnen rausgehe.“ Wegen ihrer Hobbys, die viel Zeit in Anspruch nehmen, achten Malte und Lotte darauf, aktiv Zeit für Zweisamkeit freizuschaufeln. Sie blocken sich regelmäßig bestimmte Tage für „Date nights“, in  denen sie nur zu zweit unterwegs sind.  

Malte und Lotte verstehen sich so gut, weil sie sich Freiräume lassen. Das ist eine Form von Empathie, die in kaputten Partnerschaften oft fehlt. Dabei ist Empathie besonders wichtig in einer Beziehung, das gaben die Befragten in einer amerikanischen Studie zu Gleichheit in Beziehungen an.

Wenn zwei Menschen zusammen sind, bedeutet das nicht, dass sie automatisch zu einer homogenen Masse verschmelzen müssen. Unterschiedliche Hobbys sind keine Stolpersteine, sie sind die Repräsentanten individueller Vorlieben. Sie nicht ausleben zu dürfen, käme einer Absage an die Identität gleich. In einer Beziehung zählt die charakterliche und emotionale Verwandtschaft immer mehr als gemeinsame Interessen.

Sarah weiß heute: Ihre Beziehung ist nicht nur wegen der unterschiedlichen Interessen in die Brüche gegangen: Sie und ihr Freund haben charakterlich einfach nicht zusammengepasst.

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