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Serienempfehlung: „Hit and Run“
Blutspuren beseitigt man am besten durch Tupfen und nicht durch Reiben. Solche Dinge lernt man, wenn man sich die fünfteilige Serie „Hit and Run“ ansieht. Aber zum Glück eben auch, dass das gar nicht so einfach ist. „Hit and Run“ ist die erste eigenproduzierte Webserie von FUNK, der Online-Plattform vom ARD und ZDF, und seit Freitagabend auf Youtube zu sehen.
Darin hat die minderjährige Protagonistin Zoë einen Autounfall – mit dem Wagen ihrer Eltern, ohne Fahrerlaubnis, zusammen mit vier Freunden. Mit denen wollte sie eigentlich nur zum Partymachen in die Disko fahren. Vereitelt hat das ein Reh mitten auf der Fahrbahn. Nun hat sie ein Wochenende Zeit, das Auto im Originalzustand wieder zurück in Papas Garage zu stellen und so zu tun, als wäre nichts gewesen. Das allerdings stellt sich als außerordentlich schwierig heraus.
Die Jugendserie mischt Coming-of-Age- mit Suspense- und Comedy-Elementen und richtet sich an 14- bis 18-Jährige – wohl ein Grund dafür, dass in der Serie auch einige Youtube-Stars auftreten.
Die einzelnen Folgen sind nur etwa zehn Minuten lang. Damit haben sie die perfekte Länge, um sie sich – vermeintlich typisch für die Zielgruppe – auf dem Smartphone reinzuziehen oder einfach gleich alle Folgen auf einmal anzuschauen. Und das sollte man auf jeden Fall tun. Denn die Serie ist cool, witzig und überzeugt vor allem durch Authentizität.
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Dieses Ergebnis hatten sich die Macher von „Hit and Run“, zum Großteil Filmstudenten der HFF München, auch vorgenommen: Die Welt der jungen Leute möglichst realistisch abzubilden. „Ohne die tatsächliche Lebenswirklichkeit der Jugendlichen mit Alkohol, Drogen oder Sex zu zeigen, braucht man eine solche Serie nicht zu machen“, meint Produzent Florian Schneider.
Für eine Serie mit öffentlich-rechtlichem Bildungsauftrag sprechen und handeln die Protagonisten tatsächlich erstaunlich ungeniert und unzensiert: Sie tauschen sich über Praktiken des „Zungenleckens“ aus oder fahren betrunken und ohne Führerschein Auto. Regisseurin Lea Becker und ihrem Team war von Anfang an klar, dass die Serie auf keinen Fall eine Anti-Drogen-Kampagne der Polizei werden sollte: „Wir wollten dicht an den Jugendlichen sein. Vom Drogenkonsum bis zu politisch unkorrekten Schimpfwörtern war alles erlaubt, so lange wir die Konsequenzen dessen zeigen“, so die Regisseurin.
Die Serie ist authentisch - trotz der Youtuber, die darin wenig talentiert Nebenrollen besetzen
Ihre Zielgruppe kennt sie ziemlich genau. Seit vielen Jahren leitet Becker ein Jugendkochprojekt an einer Förderschule. Zudem ließ die Regisseurin die Schauspieler bereits während des Castings zu „Hit and Run“ improvisieren und auch beim Dreh floss die persönliche Erfahrungswelt der jungen Darsteller in die Szenen mit ein. Für die Serie ist das ein totaler Gewinn: Niemals hört sich ein Satz aus dem Mund von Zoë und ihren besten Freunden Ben und Schorschi so an, als stamme hätte ihn ein Erwachsener aufgeschrieben, der Jugendsprache zu imitieren versucht.
Dass bekannte Youtuber und Influencer in Nebenrollen oder als Gast auftreten, ist zwar ein schlauer Marketinggag – funktioniert aber nur teilweise. Wenn Youtuber wie die 17- jährige Hannah oder Dr. Allwissend als sie selbst auftreten, dann mag das ein lustiger Effekt für all diejenigen sein, die sie erkennen. Man wundert sich allerdings trotzdem darüber, dass Youtube-Star Hannah unbedingt an der Grillparty teilnehmen muss und ist eher genervt, wenn Dr. Allwissend irgendwas vom idealen Abstand zwischen zwei Mahlzeiten predigt.
Weniger erträglich ist dann aber, wenn die Youtuber in echten Nebenrollen aufgrund ihrer mangelnden schauspielerischer Erfahrung und Professionalität aus dem Rahmen fallen. Die anderen Jungschauspieler leisten dagegen nämlich exzellente Arbeit. Wer dennoch Sonny Loops als neue Freundin von Zoës bestem Freund Ben knutschen und kotzen sehen möchte, der kann das in „Hit and Run“ eben auch tun. Und auch Transgender-Influencer Kim Nala hat dort eine Rolle: als schraege Retterin in der Not.
Der beste Grund die Serie zu sehen, ist die Protagonistin Zoë
Den besten Grund dafür, die Serie trotz deines eventuell vorhandenen Youtuber-Hasses anzuschauen, liefert die Protagonistin Zoë. Das liegt nicht nur an der tollen und wichtigen Frauenfigur, die die Serienmacher da erschaffen haben, sondern auch an der talentierten Schauspielerin Sophia Schober, die den rotzigen Tomboy spielt.
Zoë hat eine strähnige blonde Mähne und eine dreckige, mitreißende Lache. Sie masturbiert morgens mit ihrer elektrischen Zahnbürste und rülpst oft und gern beim Biertrinken. Ihr bester Freund Ben sagt über sie: „Manchmal denk ich, du bist ein Kerl“. Wer selbst nicht wie Zoë ist oder war, der möchte zumindest mit ihr befreundet sein. Sie wirkt ja auch so nahbar.
Denn Zoë und ihre Crew sind ganz normale, behütete Vorstadtkinder, die sich Sprachnachrichten schicken, am See abhängen und sich beim Waldfest einen ansaufen. Tatsächlich beschleicht einen in den Momenten, in denen die Jugendlichen zusammen am See abhängen und rumblödeln ein Gefühl, das einen zurück in die Welt von damals zieht. Plötzlich schmeckt man den Rausch vom Vortag und weiß genau, wie es sich anfühlt, wenn die erste Liebe zu Ende geht.