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Zyklus-Kolumne, Folge 2: Das Bild des Zyklus in Filmen und Serien
Als ich in der Pubertät war, war die Periode in Filmen vor allem etwas, womit man Witze machen konnte. Zum Beispiel in „Dirty Love“ aus dem Jahr 2005: Eine Frau in weißem Minirock rennt darin durch den Supermarkt, um Tampons zu kaufen. Doch bevor sie es zur Kasse schafft, flutet sie den Boden mit Blut, und zwar in einem solchen Ausmaß, dass eine alte Frau darin ausrutscht. Zugegeben, das ist ein ziemlich trashiges Beispiel – aber eben doch ein aussagekräftiges für das Narrativ, das bis vor einigen Jahren in Serien und Filmen vorherrschte, wenn es um den Zyklus einer Frau ging.
Menstruieren im Film: Von Blutlachen und Blamagen
Die Sozialwissenschaftlerin Lauren Rosewarne stellte in ihrem 2012 erschienen Buch „Periods in Pop-Culture“ fest, dass die Blutung in Filmen oft übertrieben dargestellt wird und vor allem dazu dient, die Filmfigur zu blamieren. Kein Wunder, dass Viele bis heute denken, dass Menschen bei der Menstruation nahezu splattermäßig bluten würden. Dabei liegt der durchschnittliche Blutverlust bei etwa 60 Millilitern während der gesamten Periode, zwischen 30 und 80 Millilitern gelten als normal. Wenn es deutlich mehr oder deutlich weniger ist, sollte man die Ursache medizinisch abklären lassen. Es sollte sich aber keine Menstruierende dafür schämen müssen, wie stark sie blutet. Denkt mal darüber nach: Warum wird Blut als peinlich bzw. eklig dargestellt, wenn es im Zusammenhang mit der Menstruation fließt – Aber nicht bei Schnittwunden, Sportverletzungen oder waghalsigen Stunts in Actionfilmen?
In den vergangenen Jahren hat sich bei der Darstellung der Periode aber zum Glück einiges getan. Vermutlich auch dank mehr Frauen in Autor*innenteams werden die Periode und der Zyklus nicht nur häufiger, sondern auch realistischer thematisiert. In „Anne with an E“ ist die Hauptfigur Anne zunächst zwar alles anderes als begeistert von ihrer ersten Periode, erklärt dann aber ihren Schulfreundinnen selbstbewusst, dass man sich für den Zyklus nicht schämen muss. In „Orange Is The New Black” ist der mangelhafte Zugang zu Binden und Tampons im Gefängnis immer wieder Thema, auch Menstruationstassen werden kurz bei einer Produktmesse als mögliche Lösung aufgezeigt. Und in Black-Ish diskutieren weibliche Familienmitglieder mehrerer Generationen über ihre Gefühle bei der ersten Menstruation.
Darstellung des Zyklus in der Popkultur: Immer noch auf die Periode beschränkt
Was trotz dieser positiven Tendenz auffällt, ist, dass nach wie vor hauptsächlich zwei Dinge im Zusammenhang mit dem Zyklus gezeigt werden: Entweder haben die Frauen Probleme, weil sie ihre Tage haben, oder aber, weil die Periode ausbleibt. Von anderen Zyklusphasen kaum eine Spur, und wenn, dann werden sie meistens falsch dargestellt. Auf dem Instagram-Account „And I’m never late” werden TV-Szenen gesammelt, in denen es um eine ausbleibende Menstruation geht. Egal, ob Robin in „How I Met Your Mother” oder April in „Grey’s Anatomy”, fast immer fällt dabei der Satz: „Meine Periode ist sonst NIE überfällig!”, oft gefolgt von Hinweisen wie „Mein Zyklus ist wie eine Schweizer Uhr”.
Dass das wenig mit der Realität zu tun hat, kann man in wissenschaftlichen Publikationen nachlesen. Eine Analyse der Deutschen Langzeit-Zyklusdatenbank ergab beispielsweise, dass von insgesamt 9846 dokumentierten Zyklen nur 13 Prozent die angeblich „klassische“ Länge von 28 Tagen hatten.
Wenig zielführend ist meist auch die filmische Darstellung von Fruchtbarkeit und Planung einer Schwangerschaft. In der britischen Netflix-Serie „Lovesick” ruft Angus bei einem Campingtrip mit Freunden seine Ehefrau an, die sich ein Kind mit ihm wünscht – schließlich muss er rechtzeitig zu den fruchtbarsten Tagen zurück sein. „Helen, how’s your temperature?”, fragt Angus also, und ich würde ihm am liebsten zurufen: „Angus, frag nach ihrem Zervixschleim!” Denn wenn die Temperatur gestiegen ist, ist es manchmal schon zu spät für eine Befruchtung. Veränderungen in Konsistenz und Menge des Zervixschleims hingegen signalisieren die steigende Fruchtbarkeit vor dem Eisprung.
Besonders fruchtbar scheint Monica aus „Friends”, wenn sie sagt: „I’m going to be ovulating from tomorrow until the sixth.” Tagelang zu ovulieren und eine Eizelle nach der anderen springen zu lassen – das klingt nicht nur stressig, sondern ist auch unmöglich. In Wahrheit findet ein Eisprung pro Zyklus statt, in seltenen Ausnahmen mehrere (so entstehen beispielsweise zweieiige Zwillinge) - aber auch dann läuft der Prozess innerhalb weniger Stunden ab. Dass man an auseinanderliegenden Tagen des Zyklus Eisprünge haben kann, ist ein Mythos. Womöglich wollte Monica aber auch sagen, dass „from tomorrow until the sixth“ ihre fruchtbare Phase sei – diese dauert in der Tat einige Tage. Allerdings kann man weder den Eisprung noch den Zeitraum der potenziell fruchtbaren Phase vorhersagen, sondern nur anhand von Körperzeichen und medizinischen Regeln bestätigen.
Durch die fehlerhafte Repräsentation bestehen Zyklus-Mythen fort
Was den Zyklus und seine Darstellung angeht, befinden wir uns also in einer Art Teufelskreis: Die meisten Menschen wissen nicht genau, wie der Zyklus funktioniert – also sind sie auch nicht in der Lage, eine korrekte Szene über ihn zu schreiben. Durch die fehlerhafte Repräsentation wiederum bestehen Zyklus-Mythen fort. Deshalb ein paar Vorschläge, welche Aspekte des Zyklus man in zukünftigen Serien und Filmen zeigen könnte:
- Eine Frau erzählt ihrer besten Freundin, dass sie wider besserer Vorsätze mit ihrem Ex geschlafen hat, weil sie in der Eisprungphase extrem Bock auf Sex hatte
- Zwei Menschen planen ihre Co-Elternschaft und versuchen, mit Zyklusbeobachtung den perfekten Befruchtungszeitpunkt zu ermitteln
- Ein menstruierender trans Mann hat Probleme beim Bindenwechsel, weil auf dem Männerklo keine Mülleimer stehen
- Ein lesbisches Paar zofft sich, weil sich die eine in der aktiven Eisprungphase befindet und wandern gehen will, während die andere in PMS-Mood mit Eis vor der Glotze sitzt
Bis solche Szenen endlich auch real umgesetzt werden, könnte es zwar noch etwas dauern. Aber ich vertraue einfach mal darauf, dass Autor*innenteams weiterhin diverser werden – und damit auch die Darstellung des Zyklus.