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Schädliche Stoffe in Menstruationsunterwäsche in den USA gefunden

Illustration: Daniela Rudolf-Lübke / Foto: freepik

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Tampons und Binden machen Müll, Menstruationstassen sind nur mittelpraktisch. Wirklich angenehm zu tragen sind alle drei nicht. Seit einiger Zeit gibt es eine vermeintliche Lösung für dieses Dilemma: Menstruationsunterhosen, die das Blut von bis zu vier Tampons auffangen sollen. Der Stoff absorbiert die Flüssigkeit, sodass nichts ausläuft, so zumindest das Versprechen der Hersteller.

Zu schön, um wahr zu sein? Die Journalistin und Aktivistin Jessian Choy der US-amerikanischen Naturschutzorganisation Sierra Club hat die Menstruationsunterwäsche vom US-Start-up Thinx in ein Labor geschickt. Im Blog des Sierra Clubs schrieb sie: „Ich musste die Stimme in meinem Kopf ruhig stellen, die mir gesagt hat ‚Sicher kann das Leben nicht so einfach sein, dass du einfach sieben Tage im Monat bequem bluten kannst‘“. Das Ergebnis von Wissenschaftler Graham Peaslee (Universität Notre Dame, Indiana): Die „organic cotton brief“ Unterhose der Marke Thinx enthält einen Anteil von 3264 parts per million (ppm) an polyflourierten Chemikalien (PFC). Und das ist keine gute Nachricht. 

„Es gibt eben keine Wundermaterialien“

PFC steht für eine Gruppe von schätzungsweise 4700 synthetischen Chemikalien. Sie wirken wasser-, fett- und schmutzabweisend. Angewandt werden sie zum Beispiel bei Pfannen, die mit Teflon beschichtet sind, in wasserdichter Bekleidung (Gore-Tex) oder eben in Menstruationsunterwäsche, die auslaufsicher sein soll. Leider sind PFC aber nicht unbedenklich. Sie sind krebserregend, und es besteht unter anderem der Verdacht, dass sie die Fruchtbarkeit von Frauen beeinflussen.

„PFC sind hochproblematisch und leider weit verbreitet eingesetzte Stoffe. Sie sind in der Herstellung giftig und können in den Körper übergehen. Alles, was damit hergestellt wurde, sollte man vermeiden. Es gibt eben keine Wundermaterialien“, sagt Tristan Jorde von der Verbraucherzentrale Hamburg auf jetzt-Nachfrage über den Einsatz dieser Stoffe. Ein Teil der PFC sind im Zuge der EU-Chemikalienverordnung (REACH) auf der Liste der besorgniserregenden Stoffe gelandet, sie sind aber nicht verboten.

Die unabhängigen Laborberichte hatten noch nie ein derartiges Ergebnis

In Deutschland vertreibt unter anderem die Modekette „Kauf dich glücklich“ die Menstruationsunterhosen. Auf jetzt-Nachfrage gab der Vertreiber bekannt, dass er schon vergangenen Montag mit Thinx telefoniert hatte. „Kauf dich glücklich“ teilte unserer Redaktion schriftlich mit: „Da REACH (...) bei ihren Testungen kein PFAS (Anmerkung der Redaktion: PFA ist die englische Abkürzung für PFC) nachweisen konnten, gehen wir davon aus, dass Thinx seiner Verantwortung zum Schutz der Konsumenten nachkommt. Wir beziehen alle verfügbaren Informationen in unseren weiteren Umgang mit der Marke mit ein und erwarten das neueste unabhängige Testergebnis. Die sonst vom Umtausch ausgeschlossenen Produkte von Thinx können momentan von unseren Kunden retourniert werden.“

Ob die Unterhosen von Thinx tatsächlich willentlich PFC enthalten, oder ob es sich bei den Laborergebnissen um eine Verunreinigung handelt, ist noch offen. Laut Tristan Jorde ist der Anteil der Chemikalien mit rund 3000 ppm aber so hoch, dass kaum von einer Verunreinigung ausgegangen werden kann. Thinx hat mittlerweile auf den Vorfall in einer Pressemitteilung reagiert. Darin schreibt das Unternehmen, dass ihre Laborberichte noch nie ein derartiges Ergebnis gehabt hätten. „Wir wissen, dass die Vagina die sensibelste und absorptionsfähigste Stelle des Körpers ist. Darum ist es unsere Mission, Hygieneartikel herzustellen, die frei sind von giftigen Chemikalien. Labortests und Zertifizierungen sind ein Teil unseres Herstellungsprozesses“. Das Start-up hat nun die Testergebnisse öffentlich gemacht. Tatsächlich entsprechen die Textilien der EU-Chemikalienverordnung und haben auch das GOTS-Zertifikat, das von Bio-Baumwollproduzenten, Textilindustrie, Nichtregierungsorganisationen und Zertifizierern entwickelt wurde. Laut Nachhaltigkeitsplatform utopia garantiert es „ökologisch einwandfreie Kleidung“. Zusätzlich zu den veröffentlichten Laborergebnissen gibt Thinx an, dass sie im Gespräch mit Sierra Club seien und versuchen würden, die Ungereimtheiten aufzuklären.

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