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Eltern während der Corona-Krise: Homeoffice und Kinderbetreuung
Eltern, die Home-Office und Home-Schooling vereinbaren müssen; Kinder, die ihre Freund*innen vermissen; Alleinerziehende, die schon in normalen Alltag kaum über die Runden kommen; Väter, die nicht mit in den Kreißsaal dürfen, wenn ihr Kind geboren wird: Die Corona-Krise stellt Familien vor besondere Herausforderungen. In unserer Protokoll-Reihe erzählen Mütter und Väter, was sie erleben, wie es ihnen geht, was schwer ist, was gut läuft und was sie sich sich wünschen.
Anja*, 39, Redakteurin und ihr Freund Markus*, 35, Vertriebler im Außendienst, arbeiten beide in Vollzeit in Hamburg und sind nun mit ihren kleinen Kindern rund um die Uhr zu Hause. Die Doppelbelastung durch Homeoffice und Kinderbetreuung bringt beide regelmäßig ans Ende ihrer Kräfte. Hier berichtet Anja aus dem Familienalltag in der Corona-Zeit.
*Namen von der Redaktion geändert
„Mein Freund und ich arbeiten beide in Vollzeit und sind seit Mitte März im Homeoffice. Da die Kitas aktuell geschlossen sind, betreuen wir nun auch unseren dreijährigen Sohn und die einjährige Tochter zuhause. Die beiden können sich noch nicht alleine beschäftigen, was dazu führt, dass wir jetzt eine Doppelbelastung haben. Um das irgendwie hinzubekommen, haben wir uns aufgeteilt: Während der eine vormittags arbeitet, spielt der andere mit den Kindern, liest ihnen vor, baut mit ihnen Höhlen, malt oder bastelt. Nachmittags wechselt die „Schicht“ dann. Den Rest der Arbeitszeit holen wir abends nach. Unsere Tage sind dadurch noch länger geworden.
Ich stehe oft um 5 Uhr auf, damit ich um 5.30 Uhr am Schreibtisch sitze und schonmal ein bisschen arbeiten kann. Abends sitze ich wiederum manchmal bis Mitternacht oder sogar noch länger am PC – und manchmal auch noch zusätzlich am Wochenende. Meinem Freund geht es ähnlich, er hat aber zumindest den Vorteil, dass er vernünftig schlafen kann. Unsere Einjährige schläft leider noch nicht durch und ist nachts sehr auf mich fixiert, daher bin ich vier bis fünf Mal pro Nacht wach. In meinem normalen Alltag bin ich das zwar gewöhnt, doch aktuell kommt eben noch so viel an Mehrbelastung hinzu. Trotz aller Anstrengung muss ich aber auch sagen, dass es schön ist, mehr Zeit mit den Kindern verbringen zu können. Das ist das Positive an dem ganzen Dilemma. Ohne diesen tollen Bonus würden wir die Zeit auch nicht aushalten.
Es wird erwartet, dass wir das irgendwie hinkriegen – das ist eine Zumutung
Für uns ist es tatsächlich eine große Umstellung, dass die Kinder nun rund um die Uhr zuhause sind. Sonst waren sie täglich sieben Stunden in der KitTa. Das fällt nun weg. Als schon absehbar war, dass die KitTas schließen würden, hatten wir ursprünglich geplant, uns mit anderen Eltern in der Betreuung unserer Kinder abzuwechseln. Das geht aufgrund der Abstandsregelung jetzt natürlich nicht. Zudem können auch Oma und Opa als Betreuungspersonen momentan nicht einspringen. Meine Kinder vermissen ihre Oma sehr, aber wir können sie derzeit leider nicht zu uns holen. Sie hat uns sonst immer enorm entlastet. Ich finde es eine Zumutung, dass von den Eltern aktuell einfach erwartet wird, dass wir das alles trotzdem irgendwie hinbekommen. Wir müssen den Spagat zwischen unserem Job und der Kinderbetreuung schaffen, denn man will weder seinen Arbeitgeber in der Krise hängen lassen, noch seine Kinder vernachlässigen. Und dann liest man unter Artikeln in den Sozialen Medien noch Kommentare – häufig von Älteren – die sagen, wir sollen uns nicht so anstellen, früher habe das ja auch alles gut geklappt mit Arbeit und Familie. Das mag stimmen, aber damals haben auch nicht beide Elternteile Vollzeit gearbeitet, sondern die Mütter sich meist um die Kinder gekümmert, während der Mann arbeiten gegangen ist. Heute ist die Realität eben eine andere.
Ich höre auch von anderen Eltern, dass diese sich genauso wie wir im Stich gelassen fühlen. Vor allem auch von der Politik und den Experten, die die KitTa-Schließungen empfohlen haben. Natürlich kann ich auch nachvollziehen, dass Kinder eben nicht die Abstandsregeln einhalten können, doch wir Eltern waren auch vor der Krise schon am Limit und nun pfeifen viele aus dem letzten Loch. Es ist extrem schade, dass scheinbar noch nicht mal über andere Möglichkeiten nachgedacht wurde. So hätte man beispielsweise die KitTas im Schichtbetrieb mit Kleingruppen weiterlaufen lassen können – eine Gruppe vormittags, eine nachmittags. Selbst, wenn es nur ein paar Stunden wären, wäre das bereits eine große Entlastung für die Eltern.
Für viele Kinder kann die Situation zuhause aktuell sehr gefährlich werden
Auch ich merke mittlerweile, dass meine Geduld in der Corona-Zeit definitiv weniger wird. Da muss ich manchmal schon tief durchatmen, um nicht mit meinem Sohn zu schimpfen, wenn er in der Eisdiele die Krise bekommt, nur weil er einen blauen statt eines grünen Löffels für sein Eis bekommen hat. Und wenn ich dann an Familien denke, in denen die Eltern aktuell noch mehr Stress und Sorgen haben, dann sehe ich da auch eine große Gefahr für kleine Kinder. Diese sind den Emotionen der Eltern schutzlos ausgeliefert. An dieser Stelle kommt der KitTa ja auch eine wichtige Rolle zu, denn die Erzieher und Erzieherinneninnen bemerken häufig, wenn etwas im familiären Umfeld nicht stimmt und könnten sonst eingreifen. Das ist aktuell nun nicht mehr möglich. Unsere KitTa hat aber beispielsweise schon in einer Mail betont, dass überlastete Eltern, denen alles zuviel wird, sich gerne melden können und sie dann nach einer Lösung suchen werden. Das finde ich ein wichtiges Angebot in dieser Zeit.
Mein Sohn hat geweint, weil er nicht mit seinem besten Freund spielen kann
Man muss aber auch klar sagen, dass nicht nur die Eltern, sondern auch die Kinder unter der Situation leiden. Unser Sohn hat noch das Glück, sich mit seiner Schwester beschäftigen zu können, doch Einzelkinder haben das nicht. Für unseren Großen ist es dennoch schwer, nicht mit seinen Freunden spielen zu dürfen. Ab und zu zeige ich ihm Fotos und Videos seines besten Freundes, die wir in unserer Eltern-Whatsapp-Gruppe austauschen. Einmal war er ganz komisch danach. Er konnte seine Gefühle noch nicht richtig einordnen, aber ich glaube, er hat geweint und meinte dann auch, dass er total gerne mit seinem besten Freund spielen möchte. Das bricht einem als Mutter dann natürlich das Herz, weil das aktuell einfach nicht möglich ist. Daher wünsche ich mir nicht nur für alle Eltern, sondern auch für die Kinder, dass bald Lösungen gefunden werden, die uns allen das Leben wieder ein bisschen leichter machen.“