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Brite sticht sich für jeden Tag im Lockdown ein neues Tattoo

Screenshot: Instagram @adverse.camber

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Es ist mit Sicherheit nicht das Verrückteste, das 2020 passiert ist – aber ganz ohne ist es auch nicht: Chris Woodhead verpasst sich seit Beginn seines persönlichen Lockdowns in seiner Heimatstadt London jeden Tag selbst ein Isolations-Tattoo, um den „scheinbar ziellosen Tagen eine Art Struktur“ zu geben, wie der 33-Jährige gegenüber BBC erzählte.

Die Ergebnisse postet Chris auf Instagram. Am Mittwoch war der professionelle Tätowierer bereits bei Isolations-Tattoo Nr. 43 angekommen: ein Cowboy-Hütchen. Die Tattoos vorher waren nicht weniger merkwürdig. Nr. 41: in brennenden Lettern das Wort „Romance“ auf dem unteren Bauch. Tags zuvor: ein Clownskopf. Nr. 12: der Schriftzug „Joe Exotic“ und ein Tiger. Dabei fing alles so einfach an – mit der Nr. 1, gestochen am 15. März: ein Stern.

Chris' Tattoo-Style ist schwarz-weiß und linear. Er gibt allerdings zumindest auf Instagram keine Erklärung, weshalb er sich genau welches Tattoo sticht. Gegenüber der BBC sagte er, dass Tätowieren für ihn „therapeutisch“ sei und: „Gerade jetzt male ich einfach, was mir in den Kopf kommt.“ Gegenüber jetzt erzählt er, welches sein liebstes bisheriges Corona-Tattoo ist: Der Schriftzug NHS, zwischen Brustkorb und Bauchnabel. NHS steht für National Health Service und „der hält unser Land gerade über Wasser“. 

Jeden Tag um 14 Uhr setzt er sich also hin, um sein Werk zu vollbringen; Gemacht sind die Tattoos mit einer speziellen Technik, die sich „Hand Poking“ nennt und bei der mit einer langen Nadel ohne zusätzliche Elektrizität gestochen wird. Klingt schmerzhaft, der Technik wird jedoch nachgesagt, weniger weh zu tun, als wenn eine herkömmliche  Tätowiermaschine benutzt wird.

So oder so, Chris Woodhead ist es gewohnt. Der 33-Jährige hatte nämlich bereits vor dem Ausnahmezustand viel Farbe am Körper. Seit er 18 Jahre alt ist, sticht er sich selbst Bilder – er vermutet, inzwischen über 1000 Tattoos zu haben. Da machen die paar Dutzend Isolations-Tattoos wohl auch nicht mehr viel aus.

Schon zu Beginn der Aktion kommentierte ein Instagram-User gleich unter das erstes Bild: „Oh god you’re gonna run outta space“ – „Oh Gott, dir wird der Platz ausgehen.“ Und auch Chris denkt über diese Problematik nach, nimmt es aber mit Humor: „Wenn ich ganz ehrlich bin, sehe ich lächerlich aus – ich sehe wie ein Stück Blauschimmelkäse aus.“ Selbst seine Fingerspitzen und Fußsohlen sind für den Tätowierer nicht mehr tabu: „Es ist nur noch wenig Platz übrig, den ich selbst erreichen kann.“ Dabei waren die Fußsohlen die schmerzhafteste Erfahrung bisher für ihn.

Während andere also versuchen, sich jeden Tag zu einer halben Stunde Yoga zu zwingen, fügt sich Chris alle 24 Stunden ein bisschen Schmerzen zu. Am Donnerstag sticht er sich aber erst einmal eine Meerjungfrau, erzählt er jetzt, eine alte Zeichnung, die er für einen potentiellen Kunden angefertigt habe, der sie am Schluss aber nicht wollte. Chris gefiel sie sehr, und an diesem Donnerstag kommt sie ihm gerade recht. Eine Grenze setzte er sich allerdings selber. Ein wenig Platz müsse freibleiben, erzählte der 33-Jährige. Im Sommer wird er nämlich Vater werden – und dieses Ereignis wolle er auf jeden Fall noch auf seinem Körper verewigen können.

mpu

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