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Hunderte Australier*innen beschweren sich über blutige Binden-Werbung

Bild: screenshot Youtube

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Jedes Mädchen weiß spätestens mit Beginn der Pubertät, dass die Periode ein sehr peinliches und beschämendes Thema ist: Man sollte dringend vermeiden, in Gegenwart anderer Menschen (gar Männer!) darüber zu sprechen. Wenn man einen Tampon braucht, hat man gefälligst im Flüsterton danach zu fragen und ihn gut versteckt in der Faust zur Toilette zu transportieren. Das Thema scheint so unfassbar peinlich zu sein, dass in Werbespots für Monatshygieneprodukte am liebsten gar nicht über die Menstruation gesprochen wird, sondern stattdessen die supersportlichen Sportaktivitäten gezeigt werden, die du während deiner Periode betreiben kannst, wenn du nur den Tampon der Marke XYZ trägst. Und wenn dann doch einmal ein Werbespot über Saugfähigkeit von Binden und Tampons gedreht wird, dann war es bisher ein ungeschriebenes Gesetz, dass die verwendete Flüssigkeit unbedingt hellblau zu sein hatte.

Warum genau es den Fernsehzuschauern nicht zuzumuten ist, eine rote Flüssigkeit zu sehen? Weil die Menstruation seit Jahrhunderten tabuisiert wird und Frauen während der Menstruation auch in unserer aufgeklärten Gesellschaft immer noch irgendwie unrein erscheinen. Zwar glaubt niemand mehr, dass menstruierende Frauen die Milch sauer werden lassen. Aber ein roter Fleck auf der Jeans gilt dennoch weiterhin als größte anzunehmende Peinlichkeit, die eine Frau in ihrem menstruierenden Leben so erleiden kann.

Der Spot einer australischen Firma, die Monatshygiene-Artikel herstellt, zeigt, wie verklemmt unsere Gesellschaft offenbar immer noch mit dem Thema umgeht. Die Firma „Libra“ hat es tatsächlich gewagt, in einer kurzen Sequenz ihres Werbespots keine blaue Flüssigkeit auf die Binde zu träufeln, sondern rote. Zudem wird in einer Einstellung gezeigt, wie ein Blutstropfen ein Bein hinunter läuft. Der Werbespot ist Teil ihrer Kampagne #bloodnormal, die unter dem Motto „Periods are normal. Showing them should be too“ das Thema Menstruation normalisieren will.  

Und auch wenn wir uns im Jahr 2019 befinden und es inzwischen wirklich jedem Menschen bewusst sein sollte, dass Frauen tatsächlich während ihrer Menstruation Blut ausscheiden und keinen Glasreiniger, scheinen nicht wenige so schockiert von dieser Tatsache gewesen zu sein, dass sie auf der Stelle ein Beschwerdeschreiben verfassten. Mehr als 600 Beschwerden erreichten den australischen Werberat. Ihr Inhalt: Der Spot sei geschmacklos, beschämend für Frauen und unangemessen für zuschauende Kinder. Im Übrigen sei es zu keiner Tageszeit angemessen, blutende Mädchen im Fernsehen zu zeigen.

Glücklicherweise kam der Werberat zu dem Schluss, dass es zwar nicht angenehm sei, Körperflüssigkeiten im Fernsehen zu sehen, andererseits handle es sich in dem Fall um eine akkurate Darstellung der Verhältnisse und sei deshalb in dem Zusammenhang nicht unangemessen.

Die Tabuisierung der Periode hat auf Frauen und Mädchen natürlich die größten Auswirkungen. Nach einer Umfrage, die von „Libra“ in Auftrag gegeben wurde, empfinden drei Viertel aller Australierinnen ihre Menstruation als Stigma und empfinden sie als ein größeres Tabu als Drogen, Geschlechtskrankheiten oder psychische Probleme. Acht von zehn Frauen versuchen nach Möglichkeit zu verstecken, wenn sie ihre Tage haben. Ein absolut tragisches Ergebnis, wenn man bedenkt, dass die Hälfte der Menschheit irgendwann in ihrem Leben menstruieren wird. Und dass die Periode für den Fortbestand der Menschheit unabdingbar ist.  

chwae

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