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„Sie haben gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen“
„Google geht nicht mehr!“ - wir sitzen zu fünft am Küchentisch in meiner WG - drei MacBooks, zwei Laptops - und arbeiten vor uns hin, als dieser grauenvolle Satz das erste Mal ertönt. Nicht abgestürzt sei der Server, sondern er verweigere den Zugriff. Die Startseite aufrufen funktioniert problemlos. Dann geben wir eine Suche ein und müssen uns verifizieren bevor Ergebnisse erscheinen. Wir müssen dieses Wasserzeichen, in der Fachsprache Captcha genannt, eingeben. Mit einer gewissen Grundskepsis sitzen wir vor den Rechnern.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Meine Mitbewohner weisen jede Schuld von sich, haben nur unspektakuläre Suchanfragen gestellt. Wir werfen einen Blick in die Nutzungsbedingungen und wissen noch immer nicht, wogegen wir da eigentlich verstoßen haben. Am nächsten Tag wage ich eine erneute Suche. „Gänseblümchen“ wurde mir gestern verweigert, heute spuckt Google nach eigenen Angaben ungefähr 2.180.000 Ergebnisse in knapp 0,18 Sekunden aus.
Was war los?
Eine Mail an Google soll Klarheit bringen, aber auf meine Frage folgt eine automatische aber immerhin ausführliche Antwort: „Bitte beachten Sie, dass aufgrund der Vielzahl von Anfragen E-Mails, die unter dieser E-Mail-Adresse support-de@google.com eingehen, nicht gelesen und zur Kenntnis genommen werden koennen,“ steht dort unter anderem. Die Hilfeseite versteht mein Problem nicht, ich werde ungeduldig. Eine halbe Stunde später rufe ich eine Hamburger Nummer an, das deutsche Betriebsbüro. Eine Ansage meldet sich mit der Frage, ob ich Hilfe auf Deutsch bräuchte. Voller Vorfreude drücke ich die 1, eine Antwort scheint greifbar. Dann die Ansage: „Google bietet keinen telefonischen Support in Deutschland an.“
Dann suche ich im hauseigenen Forum Hilfe, in dem es angeblich „User-Support“ gibt. Ich poste meine Frage, Google verspricht, mich per Mail zu benachrichtigen, sobald es eine Antwort gibt.
In meiner Verzweiflung ziehe ich schließlich den Journalistenjoker und maile die Pressestelle an. Stefan Keuchel ruft mich zurück, er ist Pressesprecher für Google in Deutschland. Er erklärt mir, es habe nicht an meinen Suchanfrage gelegen: „IP-Adressen sind in Gruppen eingeteilt, zum Beispiel nach Wohnort. Wenn dann eine IP aus dieser Gruppe einen Roboter benutzt um automatisierte Suchanfragen zu stellen, schaltet Google die Capture-Seite dazwischen.“
Aha, denke ich mir, gehackt wurde ich also. „Nein, das heißt nicht, dass jemand sich an ihrem WLAN vergriffen hat. Google reagiert hier auf die IP, nicht auf das explizite Netzwerk.“ So etwas sei sehr selten, fügte Keuchel hinzu und es diene der Sicherheit der Nutzer, so sei man besser geschützt vor Spyware und ähnlichem. Es sei mir ja jetzt wahrscheinlich zum ersten Mal passiert und ich nutze Google nicht erst seit gestern. Und warum ich sonst nirgendwo Hilfe fand, erklärt Herr Keuchel mir auch gleich. Früher habe es eine Telefonhotline gegeben, besonders für Werbekunden sei sie gedacht gewesen. „Die Hotline wurde aber vor einigen Jahren abgeschafft, weil wirklich Nutzer anriefen und darum baten, dass wir ihnen ein Kuchenrezept raussuchen, oder eine Telefonnummer.“ Und das Forum? „Das wird auch von Mitarbeitern betreut, da werden Sie wahrscheinlich bald eine Antwort bekommen.“ Ich frage noch mal nach, ob es wirklich nicht die Suche gewesen sein kann: „Nein, im Prinzip können Sie googlen was Sie wollen. Ihnen werden nur nicht alle Ergebnisse angezeigt. Seiten, die gegen deutsches Recht verstoßen, kinderpornografische Inhalte haben, oder stark rechtsradikal sind, den Holocaust leugnen, solche Seiten zeigt Google Ihnen nicht. Dann erscheint ein Hinweis, dass manche Suchergebnisse gesperrt sind.“ Das sei von Land zu Land unterschiedlich, je nach geltendem Recht.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Der Text erscheint im Rahmen einer Kooperation mit der Deutschen Journalistenschule. Deren 50ste Lehrredaktion hat unter dem Titel Franz Josef ein junges politisches Magazin erstellt, das im September erscheint. Bis dahin kann man ihm auf Twitter, Tumblr und Pinterest folgen.