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"Wer spielt, darf kein Mitleid haben!"

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Opa, wir müssen dieses Mal ein bisschen früher sprechen, weil es ein Thema gibt, zu dem mich schon mehrere Menschen nach deiner Meinung gefragt haben: Die Krim-Krise. Bekommst du da Assoziationen zum Kalten Krieg?  
Opa: Ja, denn das ist natürlich schrecklich. Wir lesen gerade zum zweiten Mal „Krieg und Frieden“ von Tolstoi und da wird psychologisch ja auch viel beschrieben, was momentan passiert. Diesen englischen Satz „Right or wrong – my country“ teile ich nicht. Man muss sein eigenes Verhalten überdenken. Und meiner Meinung nach macht sich jetzt bemerkbar, dass die Russen ihre Vergangenheit nicht aufgearbeitet haben. Sie versuchen, die alte Glorie wieder auferstehen zu lassen und begehen dabei Verbrechen an anderen Völkern. Eigentlich wird es höchste Zeit, dass alle führenden Staatsmänner zusammenkommen und aussprechen, wer sich wie in der Nachkriegszeit vergangen hat. Sich entschuldigen. Das wäre notwendig, um unter die Vergangenheit mal einen Strich zu ziehen.  

Und inwiefern erinnert euch das jetzt an die von euch erlebten Kriege?
Opa: Putin denkt, die Macht gäbe ihm das Recht, sich so zu verhalten. Sich einfach Dinge zu nehmen. So hat man bereits in der Sowjetunion gedacht. Die betroffenen Länder werden nicht gefragt. Außerdem erinnert mich das Verhalten auch an Hitler. Der hat auch immer einen Vorwand gefunden, um irgendwo einzumarschieren. Zum Beispiel hat er behauptet, die Polen hätten uns angegriffen. Nachträglich hat sich das als Lüge herausgestellt. Putin benutzt für die Übernahme der Krim jetzt die Argumentation, er müsse seine Volksgenossen schützen. Das ist fürchterlich.
Oma: Für mich ist gerade auch sehr stark der Eindruck da, dass Putin wie damals Hitler sich ein Land nach dem anderen holt. Er redet zumindest so ähnlich wie er und das macht mir Angst. Zuerst nahm Hitler Österreich und die haben sich ja totgejubelt vor Freude. Dann kam die Tschechei. Mein Vater, der bei der Post war, wurde ein halbes Jahr vorher bereits aus Schlesien in die Tschechei versetzt, weil dort ein neues Telegrafenamt gebaut wurde. Da sagte er: „Es ist nicht mehr zu ändern, der Hitler will den Krieg.“ Genau so kam es dann auch. Erst noch das Sudetenland, dann Polen und dann – Schluss! Scheußlich ist das!  

Viele schreiben und sprechen jetzt von härteren Sanktionen gegen Russland. Findest du das richtig?
Opa: Das ist wie Pokern. Es kommt darauf an, glaubhaft zu machen, dass man vielleicht doch Trümpfe in der Hand hat und der andere das nicht riskieren sollte. Wenn allzu viel Sympathie für Putin wächst oder viele denken „Ach, das ist viel zu gefährlich, da können wir jetzt nichts machen“ – dann ist das nicht gut.  Also sollte man Dinge androhen, aber gleichzeitig offen bleiben für Verhandlungen. Putin muss noch die Möglichkeit haben, sein Gesicht zu wahren. Ich verstehe, dass man keinen Krieg riskieren möchte. Vor allem keinen, an dem mehrere Parteien beteiligt wären. Dann kommt der eine dem anderen zur Hilfe und das wäre dann wie im ersten oder zweiten Weltkrieg.  

Hattet ihr diese Sorgen vor einer Eskalation bereits, als die Demonstrationen in der Ukraine anfingen?
Oma: Ich hab immer gehofft, dass es nicht eskaliert. Aber ich habe auch immer gesagt, dass Putin sich das auf der Krim nicht bieten lassen wird. Dort sind seine Schiffe und es ist der einzige eisfreie Hafen. Wobei – das mit dem Eis wird sich ja auch an anderen Häfen bald ändern. Ach Charlottchen, wir wollen hoffen, dass alles gut geht. Für mich ist es gerade arg beängstigend.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Ein anderes sehr aktuelles Thema ist ja noch das verschwundene Flugzeug. Habt ihr das verfolgt?
Opa: Ja, intensivstens. Ich kann es auch immer noch nicht verstehen. Zu welchem Zweck sollte es entführt worden sein? Oder die Theorie des erweiterten Selbstmordes – das finde ich schon sehr weit hergeholt. Es ist doch unwahrscheinlich, dass jemand so viele Vorbereitungen trifft, um sich dann umzubringen. Da muss irgendetwas ganz aus dem Ruder gelaufen sein. Vielleicht hat die Maschine gestreikt, vielleicht hat sich jemand was davon versprochen...  

Man konnte sich im Internet ja auch an der Suche nach den Wrackteilen beteiligen, indem man hilft die Satellitenbilder auszuwerten...
Opa: Das habe ich nicht mitbekommen. Das ist ja eine Spielerei. Hast du da mitgemacht?  

Nein, habe ich nicht. Es gab deshalb natürlich auch viele Fehlmeldungen, weil Leute behaupteten, auf den Bildern Wrackteile gefunden zu haben, die sich dann als etwas anderes herausstellten.
Opa: Durch die vielen Möglichkeiten mit dem Internet ist so was jetzt natürlich möglich, was auch gut ist. Aber wie ist das andererseits mit dem Datenschutz? Da liest man ja mittlerweile so viel, was das Internet ein bisschen in Verruf bringt. Ich habe ja auch schon oft gesagt, dass die vielen Meinungsäußerungen aus unbekannter Quelle schwierig sind. Andererseits fände ich es auch sehr schade, wenn Staaten sich vorbehalten, die Inhalte aus dem Internet zu filtrieren. Was bliebe denn dann von unserem schönen Internet?  

In der Türkei ist das ja gerade passiert, dort wurde jetzt Twitter abgeschaltet.
Opa: Jaja, das ist fürchterlich. Das finde ich so bezeichnend für unsere Zeit: Wir schwanken von einem Extrem ins andere. Natürlich kann über die entsprechende Form im Internet schnell eine Putschstimmung erzeugt werden und Menschen fangen an, sich zu solidarisieren. Dadurch kann ein ganzer Staat in Unordnung geraten. Aber es abzustellen ist falsch.  

Kommen wir zum letzten großen Thema dieses Monats: Uli Hoeneß!
Opa: Ach! Mir ist jetzt erst bewusst geworden, dass der ja auch mal ein toller Spieler war.  

Dachtest du, er war immer nur Würstchenfabrikant?
Oma lacht sich im Hintergrund kaputt.
Opa: Jajaa! Aber mir ist jetzt auch klargeworden: Für ihn ist es tatsächlich schwer geworden festzustellen, wie viele Millionen er jetzt eigentlich hinterzogen hat. Der Aktienmarkt schwankt ja andauernd, wenn er da tatsächlich so groß eingestiegen ist, macht das ja viel Geld aus. Da tut er mir auch ein bisschen leid.
Oma lacht im Hintergrund erneut.  

Oma, was kicherst du denn so? Tut er dir nicht leid?
Oma: Ich fände es wunderschön, wenn das Fernsehen übertragen wird, wie er im Gefängnis denn so lebt. Das interessiert mich.
Opa: Na, die erste Zeit werden sie ihn ja vermutlich kurz halten. Aber langfristig hat sein Block sicher das große Los gezogen, wenn der Hoeneß da einzieht.
Oma: Die bekommen dann sicher einen neuen Trainingsplatz oder so was!
Opa: Dann ist mal jemand da, der das Geld hat um sich für die Häftlinge einzusetzen. Da wird sich ein ganz neues Leben entfalten!
Oma: Ich habe mich schon gefragt, ob er da vielleicht in Hitlers Zelle kommt? Nicht, dass er da auch auf die Idee kommt, ein Buch zu schreiben!  

Hast du Mitleid mit ihm, Oma?
Oma: Doch. Ich habe Mitleid mit allen Leuten, die traurig sind. Sogar mit schlecht predigenden Priestern.
Opa: Das ist doch mal ein Grund.  

Opa, hast du denn auch mal Aktien gekauft?
Opa: Einmal im Leben!
Oma: Ja, einmal und nie wieder! (lacht)  

Und, wie war das?
Opa: Das war in Borgentreich (Anm. also schätzungsweise vor mindestens 30 Jahren). Ein junger Mann kam da auf mich zu und sagte: „Mensch, geben Sie mir die Möglichkeit Ihr Geld schnell zu vermehren.“ Ich hatte nicht viel Geld, vielleicht ein paar tausend Mark, und habe ihm das dann gegeben. Tatsächlich wurde auch Geld vermehrt, allerdings eher seins als meins. Seine Frau bekam einen Pelzmantel und so weiter. Irgendwann kam er dann auf mich zu und sagte: „Es tut mir Leid, aber das wurde alles nichts.“ Von dem Geld war dann vielleicht noch ein Drittel übrig.
Oma: Das hat uns geheilt!
Opa: Wenn wir danach Geld hatten und die Sparkasse uns höhere Zinsen mit mehr Risiko angeboten hat, habe ich das immer abgelehnt. Spielen wollen wir nicht!  

Hat Oma mit dir geschimpft, als du das Geld verloren hast?
Opa: Nö!
Oma: Geschimpft haben nur unsere Kinder! Die haben gesagt: „Mensch, die Frau von diesem Mann hat schon wieder einen neuen Hut, ein neues Kostüm... und das alles von unserem Geld!“
Opa: Das habe ich aber nicht so mitbekommen. Kleine Fische waren wir. Aber in gewisser Weise kann ich verstehen, dass Menschen mit einer Spielernatur so was mögen. Das ist wie Monopoly. Das habe ich aber auch nie gerne gespielt. Denn wer richtig spielen will, darf kein Mitleid haben. Das fiel mir immer schwer.

Text: charlotte-haunhorst - Illustration: Katharina Bitzl

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