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"Viele benehmen sich lümmelhaft"

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Charlotte: Facebook feiert am Dienstag zehnjähriges Jubiläum. Du bist bald zwei Jahre dabei – nutzt du es noch oft?
Opa: Ich gucke mittlerweile nur noch selten rein, diese kurzen Kommentare, die dort alle abgeben, finde ich einfach unbefriedigend.

Was wäre denn für dich ein geeignetes Internetformat, um Meinungen ausführlich zu diskutieren?
Ich finde E-Mails immer gut, wobei man dort ja auch oft keine Reaktion bekommt. Aber dort besteht eine Meinung zumindest aus mehr als einem „Gefällt mir“. Früher hat man noch Leserbriefe geschrieben, die dann abgedruckt wurden. Das ist heute eher zweitrangig, wobei man da oft kluge Gedanken lesen kann. Aber so eine richtig gute Lösung für den Meinungsaustausch im Internet habe ich auch noch nicht gefunden.

Aber Facebook muss doch verlockend für dich sein – so weiß du immer, was deine Enkel auf der Welt gerade treiben?
Das schon. Wobei man ja sagen muss, dass das Internet da auch nicht immer auf dem aktuellsten Stand ist. Neulich war ich auf dem Neujahrskonzert von deinem Cousin und hatte deshalb vorher auch auf seine Webseite geschaut. Da war das Konzert aber gar nicht angekündigt, darauf habe ich ihn dann auch hingewiesen. Waren aber trotzdem viele Leute da, so etwas scheint auf dem konventionellen Weg noch zu funktionieren.

Momentan wird recht aggressiv „Seniorbook“ beworben, eine Art Facebook für ältere Menschen... Mich haben die zum Glück noch nicht angesprochen. Aber mir scheint, die Begeisterung für Facebook hält weiter an? Oder, wie ist das bei dir? Nutzt du das noch viel?

Hauptsächlich für private Nachrichten oder um Veranstaltungen zu bewerben. Aber immer mehr Studien beschwören auch den baldigen Tod von Facebook.
Wenn man wie ich etwas älter ist, weiß man, dass so was alles nur Erscheinungen der Zeit sind. In ein paar Jahren wird es etwas anderes geben.

Ein Weg um seine Meinung kundzutun, der in den letzten Wochen viel diskutiert wurde, sind Online-Petitionen. Hast du dich damit schon mal beschäftigt?
Ich habe davon gehört, weiß aber nicht so richtig, wie es funktioniert. Um den Markus Lanz ging es dabei, richtig?

Charlotte lebt in München, ihr Opa in Oldenburg. Das Internet ist ihre Verbindung.

Genau, eine Zuschauerin forderte seine Absetzung wegen seines Umgangs mit Sahra Wagenknecht in seiner Talkshow. Mittlerweile haben über 200000 Menschen unterschrieben.
Die Sendung habe ich gesehen. Ich finde den Lanz ja gar nicht so schlecht wie er oft dargestellt wird. Aber es stimmt schon, dass viele Journalisten sich oft lümmelhaft gegenüber Politikern benehmen. Da vermisst man das gute Benehmen.

Eine weitere große Petition war die in Baden-Württemberg, bei der ein Lehrer forderte, man solle in der Schule nicht explizit homosexuelle Lebensformen besprechen.
Das ist ein schwieriges Thema, weil wir uns da gerade in einer Übergangsphase befinden. Vieles ist schon selbstverständlich geworden, beim Thema „dürfen homosexuelle Paare ein Kind adoptieren?“ ist man sich zum Beispiel aber immer noch nicht einig. Explizit Reklame für gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu machen, finde ich problematisch. Wenn Homosexuelle im Krankenhaus nicht erfahren, wie es ihrem Partner geht, ist das aber auch falsch.

Stört es dich denn, wenn jemand schwul oder lesbisch ist?
Nein. Wenn ein Mensch jemanden findet, mit dem er übereinstimmt, ist das doch in Ordnung. Ich finde eher, dass das eine Privatsache ist, die niemanden zu interessieren hat. Man muss ja auch in heterosexuellen Beziehungen nicht immer erzählen, wie genau es gerade mit der Ehefrau läuft.

Hattest du diese Einstellung zu dem Thema schon immer?
Nein. Ich muss zugeben, dass der Einfluss der öffentlichen Meinung da größer war, als ich zunächst registriert hatte. Früher hatte ich schon einen Widerwillen gegen Menschen, die sich geoutet haben. Der ist mir mittlerweile abhanden gekommen. Wenn jetzt beispielsweise jemand aus meiner Familie sich outen würde, könnte ich das schon verdauen.

Welche Themen haben dich sonst die letzten Wochen noch beschäftigt?
Die Rentenreform von Frau Nahles. Ich befürchte, die fördert eher die Männer als die Frauen und wird sehr teuer. In den 70ern und 80ern gab es diese Diskussionen ja schon mal, damals sind insbesondere Lehrer in Frührente gegangen. Das wurde dann als gute Tat gesehen, weil man Platz für Jüngere macht. Aber ich zweifle, ob das wirklich funktioniert.

Neulich gab es ja die Meldung, dass ein heute 13-Jähriger 77.000 Euro mehr in die Rentenkasse einzahlen wird, als er rausbekommt.
Das sind Milchmädchenrechnungen, die müssen nicht stimmen. Früher haben die Menschen in London auch Pferdeäpfel gezählt und gedacht, die Stadt würde zukünftig darin versinken, wenn es so weiterginge.

Na ja, aber in Anbetracht von so vielen alten und so wenig jungen Menschen finde ich es schon nicht unlogisch, dass da ein großes Ungleichgewicht entstehen wird.
Bei diesen Berechnungen sind viele Sachen ja nicht mitgedacht. Zum Beispiel, dass ihr sehr viele Immobilien erben werdet.

Also siehst du unsere Zukunft als Erbverwalter?
Natürlich nicht nur. Aber ich denke, in 20 bis 30 Jahren wird die Rentendiskussion wieder ganz anders aussehen und keiner erinnert sich mehr an die Sorgen von heute.

In welchem Alter bist du denn in Rente gegangen?
Mit 62, nach meinem Herzinfarkt.

Bald haben du und Oma dann ja auch Diamant-Hochzeit...
Oh, das Wort „Diamant“ nehme ich ja nur sehr ungerne in den Mund. Das zeigt direkt, wie alt man ist. Aber sag das nicht deiner Oma. Die benutzt dieses Wort nämlich sehr sehr gerne!

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