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Mit Opa durch den Juli

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Opa: Oma ist heute bei unserem Telefonat nicht dabei – sie turnt gerade.

Charlotte: Und da wolltest du nicht mitmachen?
Nein, das ist ja nicht vorgesehen – und so sehr reiße ich mich auch nicht darum.

So richtig sportlich sind wir in der Familie ja eh nicht.
Ich habe mich auch immer davor bewahrt, mich durch Sport zu verletzen, in dem ich ihn gleich lasse. Dafür denke ich in letzter Zeit viel darüber nach, was ich in meiner Umgebung erlebe. Beim Einkaufen ist mir zum Beispiel aufgefallen, dass wir alles immer ökonomischer gestalten. Der Mensch wird als Faktor gesehen, der die Dinge unnötig verteuert. Manchmal habe ich dabei das Gefühl, wir leben immer mehr nach dem Grundsatz „Ich bin doch nicht blöd“ und merken gar nicht, was das mit uns macht. In großen Kaufhäusern gibt es zum Beispiel nur noch auf einer Etage Kundentoiletten und die sind dann nicht mal ausgeschildert, um das Toilettenpersonal zu sparen. In Elektromärkten gibt es keine Fachleute mehr, die einem mit einem spezifischen Problem helfen können. Wir wollten für Oma, weil sie doch so schlecht sieht, einen sehr großen Fernseher kaufen. Aber damit kannte sich niemand richtig aus, das war ärgerlich.

Ich habe passend dazu gerade gelesen, dass es in manchen Orten in Deutschland keine Bankfilialen mehr gibt, weil alles über Online-Banking geregelt wird. Machst du das auch?
Nein, ich gehe immer zur Bank. Die Automaten dort bediene ich aber selbst, wenn es geht. Die sind nämlich oft sehr empfindlich und fallen aus. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass die meisten Kunden in Banken mittlerweile sehr alt sind? Wenn die sich dann einmal richtig an so einem Automaten auslassen, sind sie danach beschädigt (lacht).  

Würdest du Online-Banking denn gerne mal ausprobieren?
Nein, das ist mir zu gefährlich, nach all dem, was ich darüber so gelesen habe. Andererseits – indirekt mache ich das ja schon, in dem ich mir übers Internet Sachen bestelle und die Beträge dann automatisch von meinem Konto abgebucht werden.  

Das ist natürlich auch nicht ganz ohne...
Ja, andererseits: Wer will sich denn schon an einem alten Mann bereichern? Das tut doch keiner!  

Ich bezweifle, dass Betrüger bei so etwas Moral haben.
Opa: Ich hoffe es!  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Charlotte wohnt in München, ihr Opa in Oldenburg. Einmal im Monat unterhalten sie sich darüber, was sie die vergangenen Wochen beide beschäftigt hat.

Im Zuge des Krieges im Nahen Osten und der Demonstrationen dazu gibt es in Deutschland wieder eine Antisemitismus-Debatte. Du hast ja als Kind den Krieg erlebt und auch die Zeit danach. Dachtest du, dass Antisemitismus in Deutschland noch ein Thema ist?
Ja. Allerdings sitzt er vielleicht doch immer noch tiefer, als ich gedacht hätte. Er tritt nur selten ungeniert hervor. Oft hört man ja „Ich habe nichts gegen Juden, aber was der jüdische Staat tut, kritisiere ich scharf“ – das ist eine hauchdünne Grenze zum Antisemitismus.  

Du hast auch den Entnazifizierungsprozess in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg erlebt. Hattest du damals das Gefühl, das hat etwas gebracht?
Viele haben natürlich gesagt „Nie wieder!“. Aber im Schutze einer aufgeheizten Grundstimmung ist so etwas ja immer wieder hervorgetreten. Sprüche wie: „Man wird ja wohl noch sagen dürfen!“ Inwiefern die Menschen nach dem Krieg wirklich verstanden haben, was da eigentlich passiert ist, kann nur jeder für sich selbst beantworten. Ich war und bin zumindest glücklich, dass ich zu jung war, um mich gegenüber Juden schuldig zu machen.  

Hältst du die momentan geführte Antisemitismus-Debatte denn trotzdem für wichtig?
Ja, so etwas muss zum Vorschein kommen und man muss darüber sprechen, um diese Positionen aufbrechen zu können. Wehret den Anfängen! Ich denke auch manchmal darüber nach, ob ich persönlich für die Juden auf die Straße gehen sollte. Allerdings sehe ich hier in Oldenburg nie Demonstrationen.  

Würdest du sonst demonstrieren gehen?
Ich habe das zwar noch nie gemacht, aber dafür würde ich das wohl tun. 
 
Du hast noch nie demonstriert?
Nein. Es hat sich einfach nicht ergeben. Damit sollte man sich nicht rühmen, aber ich bin auch ein bisschen scheu und gehe nicht gern auf die Straße und rufe laut Dinge. Dann hätte ich direkt das Gefühl, mein Nebenmann schreit vielleicht mit mir mit, meint aber was anderes - etwas, mit dem ich mich nicht gemein machen will. Ich kann Vereinfachungen einfach nicht so gut mittragen.  

In den USA gab es noch im Juli noch Gerichtsurteil, das der Witwe eines an Lungenkrebs verstorbenen Kettenrauchers Schadenersatz vom Tabakkonzern zugesprochen hat. Du warst ja auch großer Pfeifenraucher, bis du einen Herzinfarkt hattest. Dann hast du von einem auf den anderen Tag aufgehört.
Solche Urteile finde ich absurd. Es wird so viel Aufklärung betrieben, das keiner sagen kann er habe das nicht gewusst. Man nimmt den Leuten die Eigenverantwortung durch so was.  

Also willst du es nicht nachträglich mit einer Klage versuchen?
Nein. Ich habe das gewusst und das Rauchen genossen. Deine Oma vermisst es übrigens immer noch. Sie mochte den Geruch und hat bei Autofahrten immer meine Pfeifen mit Begeisterung gestopft. Das war eine schöne Arbeitsteilung.  

Vermisst du das Rauchen?
Nein, davon habe ich mich grundsätzlich verabschiedet. Es kam mir unmöglich vor, mich darüber zu beschweren, dass ich keine Luft bekomme und gleichzeitig meine Lungen mit Rauch vollzustopfen. Ich habe dann auch nie wieder geraucht nach dem Infarkt.  

Nie wieder?
Nie wieder!

Text: charlotte-haunhorst - Illustration: Katharina Bitzl

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