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Geschmackssache: Lachen über Christian Ulmen

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Ich möchte mich verneigen. Es klingt pathetisch, wenn man aber nur fünf Minuten durchschnittliches Nachmittagsprogramm angeschaut hat, weiß man: es ist mehr als angebracht. Christian Ulmen ist eine der wenigen sehenswerten Gestalten im deutschen Fernsehen. Er ist der einzige, der eine Entwicklung vom damaligen Musikfernsehen zu etwas Besserem vollbracht hat. Hält man sich nur die Leistungen seiner Kollegen vor Augen, weiß man wie einzigartig das ist: - Heike Makatsch - Stefan Raab - Matthias Opdenhövel - Enie van de Meiklokjes - Kristiane Baker - Ray Cokes - Benjamin von Stuckrad-Barre - Tobias Schlegel - Oliver Pocher Christian Ulmens peinlichste Leistung war die Rolle des Herrn Lehmann in der Verfilmung von Sven Regeners gleichnamigen Buch. Dafür wurde er in allen Programmzeitschriften des Landes gelobt, aber er war auch nicht schlecht. Und selbst in dem eher langatmigen „Der Fischer und seine Frau“ rettet Ulmen als Fischforscher die träge Handlung. Ja, er ist ein guter Schauspieler, aber das sind andere auch (vielleicht sogar Heike Makatsch). Ich bin aber aus einem anderen, sehr sperrigen Grund, Fan von Christian Ulmen: Er hat dieses „Dazwischen“-Sein, das alle Moderatoren-Schauspieler-Fernsehgesichter der ersten und zweiten MTV-Generation verbindet, zur Etablierung eines eigenen Humors genutzt hat. Als er Anfang 2005 als „Mein neuer Freund“ ins Fernsehen kam, veschreckte er mehr Zuschauer als ProSieben das erwartet hatte. Und das liegt daran, dass die neuen Freunde, die er gibt, schmerzhaft sind. Aber gerade weil sie die Grenzen des vermeintlich guten Geschmacks mit Anlauf überspringen, wirken sie reinigend gegen den Fernsehmüll, den man davor und danach sehen muss.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

In neuer Rolle, mit neuem Partner: Ulmen als Polizeipsychologe mit Polizeihund, Foto: Pro7 Jetzt ist Ulmen nach zwei Jahren Pause endlich wieder da: Er spielt den Polizeipsychologen Max Munzl in der neuen ProSieben-Serie „Dr. Psycho - die Bösen, die Bullen, meine Frau und ich“, die am Montag abend startet. Bevor die erste Minute der Serie ausgestrahlt wurde, ist sie bereits für Goldenen Rose von Luzern nominiert worden. Für alle, die mir nicht glauben, ist vielleicht das ein Grund, am Montag abend ProSieben einzuschalten. Zu den Personen, die Dirk nicht glauben, gehört Max Scharnigg auf der nächsten Seite. Er hält Christian Ulmen für überschätzt.


Ach, Ulmen! An sich ist mir natürlich völlig egal wie und ob er sein Auskommen hat, ob er für MTV Leute erschreckt oder sich als Heavy-Metaller verkleidet und in der Fußgängerzone Gitarre spielt und ob er in echt ein ganz netter Kerl ist. Mich stört das Prinzip Ulmen, das geradezu mustergültig für diese ganze verrottete Kulturlandschaft steht, in der er so vortrefflich gedeiht – und als Chor deines spießigen „Der ist aber wirklich gut“-Gefindes wieder stapelweise anerkennendes Feuilleton-Geblubber hervorbringen wird. Es ist wie bei Herr Lehmann, aber auch wie bei Hape Kerkeling, Stromberg und Dittsche – sobald etwas nicht total grässlich und menschenverachtend und sondern aus Versehen mal „okay“ ist, ist dieses Land schon dermaßen dankbar, dass es Auszeichnungen hagelt und die Urheber auf Partys von verirrten Claqueuren wie dir als „echt gut“ - Heilsbringer gehandelt und auf’s Blut verteidigt werden. Dabei wissen wir gar nicht was „echt gut“ ist. Weil wir uns, gerade was TV-Humor angeht, stets unter Null-Niveau bewegen ist das Erreichen der Null-Linie schon wert, Kult und Kultur zu heißen. Das ist schön für Ulmen und Konsorten, denn ihnen wird auch die nächsten zehn Jahre nur Gutes widerfahren, ohne dass sie sich anstrengen müssten: Vom jugendlichen Quatschmoderator zum Charakterdarsteller, ich bin mir sicher, ich prüfe das gar nicht nach, dass Christian Ulmen auf dieser Welle auch schon ein Buch geschrieben, Jazz-Songs gesungen und den Grimme-Preis gewonnen hat und bei Sabine Christiansen eingeladen war. Er muss diesen Status jetzt nur noch verwalten, es ist ihm quasi unmöglich noch mal echter, unverzeihlicher Kritik ausgesetzt zu sein. Alle lieben Hape, alle lieben Ulmen, aber wofür zur Hölle? Weil Hape Kerkeling als verkleideter Hampelmann normale Menschen zum Stottern bringt und Dialekt spricht? Weil Christian Ulmen als verkleideter Hampelmann irgendwelche Eltern mit versteckter Kamera zum Stottern bringt und rülpst? Ja, das ist lustig, kultverdächtig und ich glaube, erst wenn ich Schauspielschüler wäre, würde ich mich richtig ärgern. Ich habe den Trailer der neue Serie gesehen, die bereits als Comedyhighlight angepriesen wird. Ulmen tritt, das machen die 90 Sekunden klar, als leicht vertrottelter Psychiater auf. Sehr schön. Wenn er Glück hat, gibt es ein erträgliches Drehbuch dazu und er wird deswegen (wie Otto und Jürgen von der Lippe) auch in zwanzig Jahren noch auf das „Wetten dass?“-Sofa eingeladen werden. Zusammen mit Oliver Pocher und Boxer Axel Schulz und Joe Kelly – die deutsche Fernsehlandschaft ist ein ziemlich kleines Karussell – wieder und wieder drehen sich die gleichen Gesichter vorbei, solange bis sie irgendwann auch mal etwas richtig machen. Das Richtige reizen sie dann für gewöhnlich so lange aus, bis auch der letzte überdrüssig wird und Horst Köhler sich als Fan outet. Von progressiven, mutigen Umgang mit Kultur, von rastlosem, innovativem Denken, von (eigenen!) neuen Ideen, von Zurückhaltung und Größe ist in diesem Land leider weder bei den Produzenten noch bei den Konsumenten von Unterhaltung etwas zu merken. max-scharnigg

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