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Die neue Arctic Monkeys: ein Albtraum oder wunderbar?

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Alles wieder super, sagt stefan-winter Gleich den zweiten Song ihres zweiten Albums beenden sie mit der schönen, weil wunderbar rhetorischen Frage: „Who’d want to be men of the people / When there's people like you“. Und spätestens hier – nach vier Minuten in ihrem liebsten schlimmsten Traum – sind die Arctic Monkeys sowas von zurück, dass ihr Debüt „Whatever People Say I Am, That's What I'm Not“ (übrigens ein Zitat auch dem 60er Jahre Film Saturday Night and Sunday Morning) nicht wie die schönste Geschichte des Pop der vergangen Jahre, sondern wie eine bloße Vorlage für „Favourite Worst Nightmare“ erscheint. Dieser Titel wurde übrigens wohl in kluger Vorausschau gewählt für das, was bis zum Überdruss allüberall als „das Phänomen des schlimmen zweiten Albums“ nieder- und beschrieben wurde: Es muss der liebste schlimmste Traum sein für Alex Turner und seine Jungs, Berichte wie jenen bei spiegel.de lesen zu müssen, in dem Thomas Winkler doch tatsächlich Sätze schreibt wie diesen hier: „Man kann nicht immer Siebzehn bleiben“ - um das vermeintliche Altern der Band zu beschreiben. Glücklicherweise lesen die arktischen Affen keine deutschen Plattenbesprechungen, sondern spielen einfach ihre kurzen, aber wunderbaren Songs runter. Diese haben nichts von ihre Stärke verloren – und dass es ihnen angeblich an Mitsing-Refrains fehlen würde, ist ebenso falsch wie kein Kriterium. Die Texte von Alex Turner sind so großartig, dass sich hier auch eine Strophe zum Refrain eignet: „Who’d want to be men of the people / When there's people like you“ beweist es.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Alles längst vorbei, sagt max-scharnigg Das interessiert mich gar nicht so. Ob sich Alex Turner wieder ein paar markige Textzeilen ausdenken konnte oder ob der Spiegel (!) Unrecht hatte bei der amtlichen Einschätzung einer Rock’n'Roll-Band. Markige Textzeilen werden seit jeher überschätzt (und immer dann von langweiligen Leuten herangezogen, wenn zum Musikalischen nicht mehr allzu viel zu sagen ist). Und ich entscheide immer noch lieber nach Hörgefühl als nach Feuilleton. Das heißt: Die Musik muss eben irgendwas zwischen Ohr, Herz und Tanzbein erreichen, immer wieder, immer neu. Das macht das zweite Arctic-Monkeys-Album nicht. Freilich ist es nicht schlecht. Warum auch, die Musiker haben ja nicht plötzlich Digeridoos in der Hand. Aber es fehlt eben etwas, das beim ersten Album da war: ja das, äh, Wooha! Um das zu erklären, vielleicht mal ein Vergleich: Einen Sommer lang ist es das Höchste, bei dem alten Baum mit Sprungast am See zu liegen, man schürft sich die Füße beim Hochklettern und muss aufpassen, dass man nicht zu tief eintaucht, denn das Wasser ist eigentlich zu seicht– trotzdem ist es perfekt. Im nächsten Sommer geht es wieder zum Sprungbaum und Überraschung: die Gemeinde hat die Stelle ausbaggern lassen, damit das Wasser tiefer ist und am Ast hängt jetzt ein GS-geprüftes Seil. Das ist sehr nett von der Gemeinde. Aber irgendwie ist es nicht mehr perfekt. Die Stimmung ist anders, vielleicht regnet es auch öfter, vielleicht ist man doch ein bisschen älter - und geht woanders hin. In der Musik ist das auch so. Die Zeit zieht vorbei, was letzten Sommer noch wahnsinnig funktioniert hat, wirkt heute nur noch nett. Und was nur so lala ist, überrennen in meinem Ohr leider gleich die Newcomer (gerade: The View, The Blood Arm, Dungen), die eben den Novizen-Bonus haben und mich neugierig, gierig und gut gelaunt machen. Ich will es aber nicht bei der „zweites Album immer schwer“-Feststellung belassen. Ich werfe den Arctic Monkeys vor, dass sie schlicht keine Ideen hatten für mehr als, sagen wir, fünf Songs. Und dass dann um eine Albumlänge zu füllen, in alle möglichen Richtungen gestochert wird. Es wird balladiert („Only Ones Who Know“) und gedehnter Psychrock („If You Were There, Beware“) komponiert oder einfach nur der bewundernswerte Schlagzeuger zum Anlass für ein weiteres Lied ( „Fluoresecent Adolescent“) gemacht. Warum nicht eine EP? Fünf Knaller und dann wieder ein Jahr weiterdenken? Warum nicht mal nur eine Single alle paar Monate machen, das war früher ein sehr schöner Brauch, der die Bands ein ganzes Jahr lang in den Schlagzeilen und die Fans mit konzentrierten Happen bei der Stange hielt. Die Arctic Monkeys dürften bei ihrem Label schon genug Steine im Brett haben, um das durchzusetzen. So aber schneidet man sich lieber selber ein Loch in die Bühne, im Glauben daran, dass die Menge blind weiterhypen wird. Siehe auch Strokes, Hives, White Stripes, oder aktueller Art Brut und Kaiser Chiefs – keine dieser Bands konnte mir nach ihrem Hypesommer das Gefühl vermitteln, auch weiterhin gebraucht zu werden. Manche Bands können das schon: Blur, Muse, Grandaddy, Pet Shop Boys, Modest Mouse. Es geht, man muss sich eben ein bisschen anstrengen und nicht nur auf den BritAwards ausruhen.

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