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Die Elektro-Nische. Heute mit Simian Mobile Disco, Luciano und Fake Blood.

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Simian Mobile Disco - Temporary pleasure

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

In den letzten Wochen war es im popkulturellen Blätterwald zu verfolgen: Die putzigsten Nerds der Szene sind mit ihrem zweiten Longplayer endgültig zu den Lieblingen des Feuilletons geworden. Und dies völlig zu Recht. Denn ihr „Temporary Pleasure“ ist so sehr polyvalentes Elektro-Album mit Herz und Hirn, so modern und trotzdem verständlich, eingängig und an manchen Stellen nichts als genial, dass auch Popper, Rocker und andere Handwerker davon eingefangen werden können. Und diese Vielseitigkeit ist nur zeitgemäß; reine Genre-Alben werden immer seltener. SMD bestätigen den Trend zur Konvergenz, die sich durch die ganze Popkultur zieht. Und das auf höchstem Niveau. Zum Werk: „10000 horses can´t be wrong“ pries ich schon im Frühling überschwänglich, „Audacity of huge“ ist ein solider, eingängiger Popsong fürs Radio, der Rest zieht qualitativ noch einmal deutlich an. Zuerst macht Beth Ditto „Cruel Intentions“ zum All-Star-Track: Die Stimme des Jahres trifft auf die Produktion des Jahres, um einen der besten Songs des Jahres zu interpretieren. „Off the map“ ist dann manischer Speedpop, „Bad Blood“ elektrifizierter Samba, „Turn up the dial“ crunk und krank, „Ambulance“ dagegen mein Tanzhit des Monats. In der Vielfalt liegt hier die Kraft. Konsequenz: Wie zu erwarten ist „Temporary Pleasure“ die Veröffentlichung des Sommers. Nun werden SMD wohl mindestens zwei völlig überambitionierte Frickel-Platten brauchen, um ihren aktuellen Kredit zu verspielen. Oder aber sie bleiben bei ihren Leisten - und damit an der Spitze eines Genres, das längst keines mehr ist. „Synthesise“ visualisiert:

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Luciano - Tribute to the sun / La Ruta Del Sol - Diary of Luciano DVD

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Seit „A part of the weekend never dies“ von den Soulwax-Brüdern bin ich sensibilisiert für jede Art von audiovisueller Dokumentation des globalen Soziotops, in dem Techno, Elektro und alles Artverwandte schwimmen. Luciano, elektronischer Weltmusiker und Sympath, kündigt in Verbindung mit seinem neuen Album „Tribute to the sun“ eine DVD („La Ruta Del Sol - Diary of Luciano“) an, auf der seine (Südamerika-)Reisen als kosmopolitischer Künstler filmisch festgehalten sind. Den Trailer seht Ihr unten, ich werde definitiv einen lauschigen Sonntagabend für den Film reservieren. Das Album selbst ist die erwartet fulminante Mischung aus ethnisch stilisierten Vokal-Parts, südamerikanischen Rhythmen und schnörkellosen Beats. Um hier nicht zu viele Einflüsse, Stile und Klangfarben aufzurufen, sei einfach garantiert, dass es davon reichlich gibt. Verbunden durch klassisch-repetetive Techno-Songstrukturen säuseln brasilianische Goldkehlchen auf „Sun, Day and Night“, treiben improvisierende Sprechgesänge „Africa Sweat“ Richtung Steppe, schüttelt Luciano bei „Oenologue“ ganz locker einen Minimal-Kracher aus dem Ärmel. Ein Album mit eingebauter Horizonterweiterung, das sich nie in seiner Vielfalt verliert.

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Sebastién Léger - Bubbly/Discotechno Abgesehen davon, dass dieser Mensch eigentlich nichts mehr falsch machen kann, seit er mit „Planets“ Techhouse-Geschichte geschrieben hat: Hier läuft ein bisschen was verkehrt. Die vorliegenden zwei Tracks, Kategorie funky-minimaler Tech, klingen irgendwie nach Lützenkirchen in ideenlos; sind zwar ganz nett anzuhören, mangeln aber an der visionären Kraft, die man von Léger sonst gewöhnt ist. Damit setzt er solide einen Trend fort, den man schon seit geraumer Zeit beobachten konnte. Und der mir Angst macht, denn Helden sieht man ungern abbauen. Sebastién, bitte! Denk da nochmal drüber nach. Du kannst es besser.

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Fake Blood - Fix your accent EP

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Spätestens seit seinem Superhit „Mars“, für mich persönlich aber vor allem wegen des elektrisierenden Remix von

(Little Boots´ Durchbruch), ist der DJ, Remixer und Produzent Fake Blood einer der denkwürdigeren Typen im britischen Electro-House-Kuddelmuddel. Seine aktuelle EP baut diesen Ruf weiter aus, denn es versammeln sich hier drei absolut Partytaugliche, dabei aber keineswegs nervige Tracks. Eine Seltenheit in diesem Genre. Das Titelstück ist schon praktikabel, „The Dozen“ dann ein absoluter Hammer mit Half-Beat-Bridge und chromatischen Terror-Sequenzen. „I Think I like it“ sampelt Justices „Stress“ fulminant. Eigentlich nicht mein Style, aber einfach sehr gut. Hier ein Video mit Häppchen von allen drei Tracks:

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Zomby - One step ahead of the other

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Nochmal England: Zomby ist ein Held der mir gänzlich unbekannten UK Rave/Dubsteb/Grime-Szene, dessen neue Veröffentlichung von den einschlägigen Experten der Insel sehnsüchtiger erwartet wurde, als das Ende der Finanzkrise. Also höre ich mir das Ganze mal an; eine psychoparanoide Störung in Kauf nehmend, immer den Mute-Button in Fingerreichweite. Denn Zomby bleept und fizzelt dermaßen offensiv, dass man unwillkürlich an eine völlig entgrenzte Gameboy-Orgie in den frühen Neunzigern denkt. Und ich frage mich: Tanzen zu dieser Musik wirklich tausende englischer Kids? Sind die auf bestimmten Frequenzen taub oder doch einfach nur betäubt? Werde ich alt? Zwar geht der Titel für den besten Tracktitel mit „Mesculine Cola“ klar an Zomby. Ansonsten aber nichts für mich, diese Hektik, diese hohen Töne, dieser 8-Bit-Quatsch. Klingt wie das Cover aussieht: Bunt, aber langweilig. Immerhin: Ein sehenswertes kurzes Video, aus einem alten Godzilla-Film zusammengeschnitten, für einen seltsamen, aber relativ erträglichen Track von Zomby namens, genau, „Godzilla“:

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Ellen Allien - Lover Labelchefin und Modedesignerin Ellen A. ist in den letzten Jahren präsent wie keine Zweite. Manchmal ist das fast schon etwas zu präsent, und gerne schreibe ich mal wieder über ausschließlich musikalische Manifestationen ihres Schaffensdranges: „Lover“ ist eine kleine, feine, sehr gute E.P. und macht mit besagtem Stück und „You are“ einfach mal wieder simplen Spaß an Techno nach deutscher Machart. Schnörkellos, treibend, stark produziert.

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Eli Escobar - Glass House Schönes Retro-Video zu noch schönerem Song von Eli Escobar, auf dessen Webvertretung es ein bisschen eklezistische, von Funk und Soul getriebene elektronische Musik gibt, die man sich mal anhören kann. Erfrischend, finde ich.

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Marsheaux - Lumineux Noir

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Und jetzt mal etwas anderes: Weiblicher Elektro-Pop aus Griechenland, genauer: Athen. Marianthi und Sophie heißen die Damen, womit sich auch der Bandname erklärt, und „Lumineaux Noir“ ist ihr dritter Longplayer. Und wieder führen die Mädels keine geringeren als Human League und Depeche Mode als Referenzen an. So verwundert auch kaum, dass hier eine voluminöse Synthie-Produktion auf sphärisch hingehauchte Vocals trifft, die Songs emotional aus dem Vollen schöpfen und man sich am liebsten mit den zwei Helleninnen auf den Kopfhörern (und einer Flasche Rotwein am Mund) ins Bett legen möchte - mal schwelgend, mal kopfnickend, mal seufzend. Wären da nicht einige richtig knackige Beats, die „Lumineaux Noir“ zu einem Zwitterwesen aus Pop und Elektro machen. Die ersten Tracks „Exit“ und „Breakthrough“ drücken schon ordentlich auf die Tube, „So far“ hat einen treibenderen Beat und schreit nach hartem Remix, „Ghost“ klingt fst schon nach Kitsuné. Nur kurz wird es dann gefühliger: „Destroy me“ und „Sorrow“ sind eigentlich die einzigen Balladen, alle anderen, absolut tauglichen Songs sind auf keinen Fall Kuschelpop. Die Veröffentlichung des Albums im Spätsommer ist bestes Timing, denn wahrlich, so darf mein Herbst klingen. Siehe Player unten. ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ M.A.N.D.Y - Get Physical 7th Anniversary Compilation

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Sieben Jahre alt wird das Berliner Label namens Get Physical (Stichwort Booka Shade, DJ T., Tiger Stripes, Noze etc.), welches eine der prominentesten deutschen Quellen für elektronische Musik ist. Zu diesem erfreulichen Anlass haben sich die Label-Mitgründer M.A.N.D.Y. die Zeit genommen, eine veritable Geburtstags-Compilation zu mixen, mit einigen Knallern aus der Label-Geschichte und ziemlich attraktiven Remixen obendrauf. Wie z.B. „Neverending“ von Damian Lazarus, das M.A.N.D.Y. persönlich (zusammen mit Alexkid) superb aufgemodelt haben. Des Weiteren möchte ich aus der Masse an duften Tracks vor allem „Don´t just stop the dance“ im hinteren Drittel des Mixes wegen seiner dunkel-funky Aura herausheben. Auf der Label-Page kann man sich das ganze einmal durchhören. Nächste Seite: Tanzworkout und Acid Girls


V.A. - Full Body Workout 5

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ich möchte ich noch auf einen zweiten Sampler von Get Physical hinweisen, welcher explizit auf Körperertüchtigung ausgelegt ist. Tracks wie „Dreamland“ (von den Damen Desy, Heikki L und Katerina) klingen zwar fast zu schön, um tanzend auch nur eine Nuance zu verpassen. Wie jedoch im Titel versprochen, gehen alle Beats direkt in die Beine, also muss man sich fast entscheiden: lauschen oder schwofen. Folgerichtig freue mich schon scheckig, „You (Keine Musik Remix)“ von Steellord demnächst im Club um die Ohren gedroschen zu bekommen. Des Weiteren reüssieren Turmspringer mit „Sturm und Drang“, und Andrea Fiorito legt bei „It must be love“ Funk-Gitarre über U-Boot-Sounds - superb! Wie der Rest der Zusammenstellung. Der vielleicht beste Track im Standbild:

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Bodymovin´ - Bodymovin´

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Zwei Dinosaurier der deutschen DJ/Produzenten-Szene tun sich zusammen: Thomilla, erst HipHopper, dann eine Hälfte der Turntablerockers, und DJ Friction, seinerzeit Freundeskreis-Mastermind, veröffentlichen dieser Tage das selbstbetitelte Debutalbum ihres Projekts Bodymovin´. Und was hören wir darauf? Ihre Herkunft verleugnen die Jungs keineswegs - vor allem an Stücke der frühen Turntablerockers fühle ich mich erinnert. Das ist aber durchaus positiv zu verstehen und nimmt angesichts der modernen minimaleren Ansätze auch nicht überhand. So ist zum Beispiel „In&Out“ wunderbar motivierender Tanzsstoff, der in die Sets einiger guter DJs passen könnte. „Bodymovin´“ kann im Hintergrund wie im Vordergrund funktionieren, stilsicher und gefällig, manchmal etwas bemüht am grooven. Vielleicht wäre für das nächste Album etwas mehr Experiment und weniger Funk-Routine angebracht, um noch mehr in den Köpfen zu verfangen. Einen Vorgeschmack gibt es dort per Gratis-Download und hier per Foto-Video von „Good Times“:

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Shir Khan - Exploited

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Kurz vor knapp noch reingehüpft ist diese unrealistisch gute Veröffentlichung von Shir Khan, die den brillanten Backkatalog seines Labels „Exploited“ aussaugt und dabei einige Perlen zu Tage fördert. Mit von der Partie sind u.a. Siriusmo („Wow“), Lorenz Rhode, Adam Sky, Malente, Bonde do Role, SIS etc. pp., man hört folglich bekannte und unbekannte Versionen von Knallern und ein paar frische Sachen. Eine CD ist durchgemixt (recht appetitlich, würde ich meinen), eine nicht. Bei wem die genannten Akteure noch keine assoziativen Kerzen angezündet haben, dem sei versichert: Hier funkt und treibt und zuckt die Musik wie good old James Brown mit dem Finger in der Steckdose. Als Teaser gibt´s die „Testliebe“ von siriusmo für lau, unten kommt ein kurzes Video - und meine absolute Empfehlung hat das Ding sowieso.

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Acid Girls - The numbers song Und zum Abschluss noch etwas ganz anderes: Was das Big-Brother-Video soll, kann ich Euch nicht erklären. Das Lied ist aber gut, ne?

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