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Das Koks, das in Wahrheit Zaubersalz ist

Collage: Daniela Rudolf

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"300 Euro? Zahle ich aus der Portokasse!", tönt eine 26-Jährige vor dem Amtsgericht. Sie ist gerade gemeinsam mit ihrem Freund und ihrem Bruder zu einem Bußgeld verurteilt worden. Weil das Trio immer wieder die Polizei- und Zollbeamten im deutsch-niederländischen Grenzgebiet verarscht hat.

Mehr als 40 Mal sollen sie von Beamten kontrolliert worden sein, berichtet die NRZ. Die "Täter" haben nämlich ein exotisches Hobby: Sie fahren regelmäßig abends über die Grenze. Mit einem Paket Salz, wasserfest mit Tapeband verpackt und an verdächtigen Plätzen wie der Reserveradmulde im Auto versteckt. 

Wenig überraschend, dass die Polizei im Kreis Kleve, im Kreis Wesel und auch in den Niederlanden mehr als nur ein Auge auf die drei geworfen hat. "Ich glaube, die betäubungsmittelartige Verpackung können Sie nicht leugnen. Es ist glaubhaft, dass sie provokativ auftreten. Der Tatbestand der vorgetäuschten Straftat ist gegeben. Es ist eine ziemlich dumme Aktion, eher ein jugendliches Verhalten", sagt die Staatsanwältin. 

"Sind Sie jetzt traurig, dass Sie keine Drogen gefunden haben?" soll einer der Angeklagten die Polizisten nach einer Kontrolle mal gefragt haben. Jugendlich und dumm finden die drei ihr Verhalten übrigens gar nicht. Das Salz in den Autos sei eine Frage ihres Aberglaubens. "In unserem Dorf", sagte ein Angeklagter mit italienischen Wurzeln, "gilt das Salz als Glücksbringer, der die bösen Augen und Geister vertreibt". Jedes Auto der Familie, auch das des Freundes, auch der Kinderwagen, sei vom italienischen Vater mit den Salz-Paketen versehen worden.

Die Polizisten hatten den Eindruck, dass sie abgestumpft werden sollten. Dass die drei immer wieder eine Straftat vortäuschen, um eine echte zu verbergen, wenn sie tatsächlich mit auf der anderen Grenzseite legalen Stoffen nach Deutschland einreisen.  

Spätabends in wechselnder Besetzung und in wechselnden Autos so häufig in die Niederlande zu fahren, sei aber natürlich pure Freizeitgestaltung. "Wir fahren meistens zur Tankstelle an der Autobahn hinter der Grenze, trinken einen Kaffee. Dann vielleicht noch zu McDonald’s", schildert die Angeklagte. Ihr Bruder habe zudem ein Faible für Gartenmöbel, die er sich dann gerne im Schaufenster ansehe: "So komisch sich das anhört, für uns ist es normal."

In den meisten Kontrollen kamen sie einfach so davon. Klar, sie hatten ja auch nichts verbrochen und keine Vorstrafen. Diesmal aber bekamen sie einen Strafbefehl. Das Trio war an einem Tag innerhalb von 45 Minuten mit verschiedenen Autos zwei Mal am Grenzübergang aufgefallen. Aber vielleicht war das ja auch nur bösen Augen und Geistern geschuldet, weil die Polizisten die schützende Zauber-Aura des Salzes gestört hatten.

max

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