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Digital Natives werden komplett überschätzt

zettberlin / photocase.de

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Eine ganze Generation, die Multitasking beherrscht und durch den täglichen Umgang mit der Technologie auch noch IT-Profi ist – so wünschen es sich unsere zukünftigen Chefs und so denken auch unsere Eltern über uns. Dass manche von uns schon an Excel-Tabellen verzweifeln, will keiner, der älter als 35 ist, hören. Doch jetzt gibt es den Beweis: Wir sind weder technisch affiner als andere Generationen, noch beherrschen wir Multitasking. Das sagt zumindest eine neue Studie in dem internationalen Fachmagazin „Teaching and Teacher Education“ für Pädagogen.

Vielleicht empört das den ein oder anderen. Aber im Ernst: Wie viele Tabs, Browser-Fenster und Messenger sind gerade auf deinem Desktop geöffnet? Und wie viele davon schaust du dir gerade? Richtig, einen. Denn auch wenn wir denken, dass wir mehrere Sachen gleichzeitig machen, so stellten es die Autoren Paul Kirschner und Pedro De Bruyckere fest, konzentrieren wir uns aber nur auf eine Sache – und switchen mit unserer Aufmerksamkeit lediglich hin und her.

Deshalb werden Arbeitsaufgaben von uns auch nicht schneller bearbeitet als von älteren Kollegen. Denn wir arbeiten vielleicht an zwei Aufgaben, jedoch nicht gleichzeitig. Multitasking sorge für mehr Überforderung, als es dem Arbeitsprozess helfen würde, heißt es in der Studie von Kirschner und De Bruyckere. Kirschner, der als Professor für Bildungspsychologie in den Niederlanden arbeitet: „Wir haben nur ein Gehirn, das uns erlaubt, auch nur eine Sache gleichzeitig? zu bearbeiten.“ Leuchtet ein, oder?

 Demnach würden wir nicht so viele  Informationen zusammen suchen, um diese direkt zu verarbeiten. Viel mehr seien laut der Studie dutzende geöffnete Websites und Notizen eine Möglichkeit, um das ganze Wirrwarr erst einmal sicher zu stellen und dann später zu bearbeiten ­– ohne dass wir uns das auch noch merken müssen. Das habe aber nichts mit der Technologie und unserem Aufwachsen damit zu tun, sondern sei von uns genauso erlernt worden, wie von anderen Generationen vor uns auch.

 

Und unsere Technik-Affinität? Alles Humbug. Denn laut der Studie gehen wir mit der Technik weder öfter noch besser um als Nicht-Digital-Natives. Es wird nur einfach angenommen, dass wir mit technischen Vorgänge einfacher umgehen können, weil wir ja schon damit aufgewachsen sind. Und weil eben jeder annimmt, dass wir das je eh schon können, bringt keiner uns den Umgang mit Adobe, Excel und Co. bei, sondern setzt es einfach voraus. Gegenüber dem Discover Magazine sagte Kirschner, es würde mehr schaden als helfen, wenn man einfach annehmen würde, dass jemand besondere technische Fähigkeiten hätte.

 

Zur Verteidigung der Lehrer, Chefs und Eltern sei hier allerdings gesagt: Wir haben uns auch für Jahrtausend-Überflieger gehalten. Umso besser, dass die Ansprüche an die nicht-existierende Generation Digital Natives hiermit runtergeschraubt werden können.

 

 

 

mad   

 

 

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