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Die unangenehmsten Momente auf Instagram & Co

Foto: Samuel Zeller/unsplash; Bearbeitung: jetzt

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Ach Internet. Du bietest uns so viele Möglichkeiten, Freunde zu finden, klüger zu werden, uns zu entfalten. Und natürlich uns zu blamieren, bloßzustellen und saudumm zu verhalten. Vor allem in den sozialen Netzwerken, in denen wir mit anderen in (mehr oder weniger) direkten Kontakt treten, entstehen für uns immer wieder höchst unangenehme und peinliche Momente, in denen wir ganz deutlich spüren: Digitale Zwischenmenschlichkeit ist mindestens genauso komplex wie die im echten Leben – wenn nicht sogar komplexer! Wir haben die schlimmsten Momente als Follower und mit Followern gesammelt. 

Die Deep-Like-Misere

Das Hinterherspionieren in Netzwerken wie Facebook oder Instagram ist eine Passion von mir. Ich verbringe ganze Abende damit, die vergangenen fünf Jahre meiner ehemaligen Mitschülerin zurückzuverfolgen. Oder damit, sämtliche Exfreundinnen meines aktuellen Gespielens auszuchecken. Dieses Hobby lässt mich (un)heimlich viele Dinge erfahren – ist aber auch gefährlich. Denn gelegentlich werde ich unvorsichtig und enttarne mich so. Da versuche ich beispielsweise, bei einem Instagram-Post heranzuzoomen – und like mit dem Doppeltipper plötzlich das Foto eines Menschen, dem ich natürlich NICHT offiziell folge. Oder mein Daumen verselbstständigt sich auf dem Facebook-Profil einer neuen Bekanntschaft – unter einem Post aus dem Jahr 2011. Dieser eine Like stülpt dem Empfänger des Likes mein Innerstes nach Außen: Er weiß nun, wie sehr ich mich für sein Leben interessiere. Und das ist mir wahnsinnig peinlich. Was meist zur Schockreaktion führt, das Ganze wieder rückgängig machen zu wollen. Das Blöde: Die Benachrichtung bleibt meistens sichtbar für den anderen. Und damit das Wissen, dass ich wohl nichts lieber recherchiere, als das Leben einer Person, die mir nicht wichtig zu sein hat.

Die ignorierte Freundschaftsanfrage 

Manchmal schickt man Menschen Freundschaftseinladungen, die man zwar nur flüchtig kennt, aber irgendwie gut findet. Und von denen man denkt, dass sie einen auch irgendwie gut finden. Zumindest so okay, dass sie sich dazu herablassen würden, eine Freundschaftsanfrage auf Facebook anzunehmen. Wenn die aber dann über Wochen und Monate unbeantwortet bleibt, ist das nicht nur peinlich, sondern tut richtig weh.

Das Guilty-Pleasure-Problem

Es gibt Accounts, die offensichtlicher Schrott sind. Ich folge ihnen unter anderem aus denselben Antrieben, aus denen ich manchmal auch bei RTL 2 hängenbleibe: Voyeurismus, Faszination des Gruseligen oder weil da ein Arsch zu sehen ist, der mir gefällt. Nur: Wenn man RTL 2 schaut, bekommt das keiner mit. Bei Instagram kann jeder sehen, wenn ich irgendeinem Influencer-Dummchen folge, weil ich die Postings und ihr Gehabe doch irgendwie faszinierend und sie halt einfach hübsch finde. Oder, noch schlimmer: Man sieht, dass ich einem rechten Posterboy wie Martin Sellner folge, weil ich als Journalist glaube, verstehen zu müssen, wie sich so jemand bei Instagram präsentiert. Wer das aber sieht und die Hintergründe nicht kennt, denkt, ich bin ein Idiot mit rechtsextremen Neigungen. Und ich muss hoffen, dass der Rest der Accounts, die man bei mir sieht, ein anderes Bild zeichnen.

Der Du-bist-mir-nicht-zurückgefolgt-Rückzug

Ich überlege mir sehr genau, wem ich auf Instagram folge oder nicht. Denn damit kommuniziere ich schließlich: Hey, ich will dein Leben kennenlernen. Und mit dieser Botschaft kann man ganz schön auf die Fresse fliegen. Wenn der andere zwar akzeptiert, dass man ihm folgen darf – er mir aber nicht zurückfolgt. Dieser Move negiert, dass ich spannend bin. Alles, was ich mir jemals an interessanten Attributen zugeschrieben habe, scheint mir dann für andere nicht mehr sichtbar. Weil ich so dermaßen beleidigt bin, entscheide ich mich, dem anderen aus Trotz mitzuteilen, dass auch er mir nicht genügend Show geboten hat. Ich entfolge ihm wieder. 

Das Following-Follower-Unverhältnis

Es gibt aber Menschen, die scheinen keinen solchen Reflex haben. Letztens stand ich in der Bahn hinter einem Mädchen, das sich auf Instagram herumtrieb. Ich konnte nicht anders, als ihm zuzusehen, denn was es tat, brach mir das Herz: Die junge Frau scrollte ihren Feed hinab und markierte ausnahmslos JEDEN Post mit einem Herz – teilweise ohne, dass die Bilder zu Ende geladen hatten. Ich ging davon aus, dass sie das in der Hoffnung tat, dass diese Leute ihr folgten beziehungsweise ihre eigenen Bilder zurückliken würden. Als sie auf ihr eigenes Profil ging, stand da Followers: 120, Following: 1,3K. 

Der Zurückfolgen-Zwang

Richtig kompliziert wird das Leben mit Social Media, wenn man Following- oder Freundschaftsanfragen von Menschen kriegt, die man eigentlich nicht mag – die das aber nicht wissen dürfen. Beispiel: der ungeliebte Chef. Der soll schließlich eigentlich nicht sehen, wenn ich am Tag vor der Arbeit noch auf einer Party war. Ablehnen kann man die Anfrage aber auch nicht. Ab sofort lebt man also mit einem Beobachter, für den man den eigenen Social-Media-Auftritt zensieren muss. 

Die Real-Life-Konfrontation

Es gibt Menschen, die ich sehr gut kenne. Die hübsche Stehlampe in ihrem Wohnzimmer, ihre Bettwäsche, ihr Baby. Ich weiß, wie sie aussehen, wenn sie gerade aufgestanden sind, und habe sie schon betrunken reden hören. Ich war sogar bei ihrem Urlaub dabei. Nur: Geredet habe ich noch nie mit ihnen. Denn es sind halt Menschen, denen ich auf Instagram folge und dort ihre Bilder und Stories anschaue, weil sie in meinem Feed auftauchen und ich mir das halt Smartphone-Zombie-mäßig alles reinziehe. An sich unproblematisch, schwierig wird es allerdings, wenn ein Mensch, dem ich folge, zum erweiterten Bekannten- oder Kollegen-Kreis gehört. Wenn ich ihm also hin und wieder begegne. Wir uns grüßen. Oder bei einer Party im gleichen Gesprächskreis landen. Dann entsteht dieser schreckliche “Ich weiß, dass du weißt, dass ich weiß”-Moment, weil ich so viel über ihn weiß und er das weiß, weil er ja weiß, dass ich ihm folge, und sieht, dass sich seine Stories anschaue. Und trotzdem tun wir beide so, als wüssten wir überhaupt gar nichts (vor allem ich). Während ich denke “ICH WEISS, WIE DEIN BETT AUSSIEHT”, denkt er womöglich “SIE WEISS, WIE MEIN BETT AUSSIEHT” oder – noch schlimmer – “WARUM INTERESSIERT SIE DAS EIGENTLICH?” Und so drucksen wir rum und ich frage, was er so macht, obwohl ich darüber im Detail informiert bin. Das einzig Gute an der Sache: Er weiß nicht, wie mein Bett aussieht.

Die vermeintliche Ich-bin-nicht-über-dich-hinweg-Beichte

Passiert einem bei Ex-Freunden und -Freundinnen. Man will ja immer derjenige sein, der am wenigsten noch an den anderen denkt, ihm nachtrauert geschweige denn hinterherstalkt. Aber natürlich ist man ja erwachsen und irgendwie zivilisiert auseinandergegangen und hat sich gegenseitig nicht auf sämtlichen Plattformen die Freund- und Followerschaft gekündigt. Aber das Profil anschauen? Nein, das macht man natürlich nicht, ich bin ja sowas von drüber weg. Aber manchmal passiert es doch und man landet zum Beispiel auf der Insta-Story des Ex-Partners, weil man wirklich einen Moment nicht aufgepasst oder die Neugier einen einfach übermannt hat. Und dann: Panikmodus! Die denkt jetzt bestimmt, ich sitze heulend zu Hause, rieche an ihrem alten Shirt, das sie vergessen hat, und schaue alle ihre Bilder und Videos durch. Oder (vielleicht sogar noch schlimm): Oh Fuck, jetzt denkt der sicher ich muss noch immer an ihn denken und will ihn zurückhaben. Oder der andere hält einen für einen verrückten Stalker und macht schon mal die Unterlassungsklage bereit. 

Die Kommunikations-Schieflage

Es gibt da diese Nachricht, die immer noch nicht beantwortet ist. Zwei blaue Häkchen auf Whatsapp oder die “gesehen”-Markierung auf Facebook, aber sonst nix. Und dann: Der gleiche Name taucht auf einmal bei denen auf, die meine Story angeschaut haben! Oder dieser Mensch besitzt sogar die Dreistigkeit, ein Bild zu liken! Hallo, was soll das bitte? Mich auf dem einen (in diesem Fall ungleich wichtigeren) Kanal ignorieren und mir eine Antwort schulden und auf dem anderen fröhlich glotzen? Wirkt wie eine ganze bewusste Entscheidung, eine Frage oder einen näheren Kontaktversuch zu ignorieren, ohne darauf verzichten zu wollen, ein bisschen zu stalken. Pfui!

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