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„Manly“-App: Ohne Sit-ups zum Waschbrettbauch
Aufgepasst, Männer! Du bekommst kein Tinder-Date, weil sich auf Selfies immer dein Doppelkinn mit ins Bild schleicht? Dein „Kinderspeck“ (wie deine Mutter es liebevoll schimpft) ist inzwischen 30 Jahre alt? Beim Wein kaufen wirst du noch nach dem Ausweis gefragt, weil dir partout kein Bart wachsen will?
Mit „Manly“ hat der App-Entwickler Alpha Mobile seit einiger Zeit eine App auf dem Markt, die sich genau diesen Problemen annimmt. Kein Scherz. „Manly“ ist ein Fotoeditor, der es dem (meist wohl männlichen) Nutzer ermöglicht, seinen digitalen Körper mit ausgefeilter Technik um die nötigen Muskeln, Bärte und Tattoos zu bereichern. Alles, damit Mann sich als Mann auch männlich fühlt.
Darüber hinaus bietet die App allerlei Features. Du kannst deine Haut klarer, deine Frisur schicker und deine Augen blauer machen. Sogar die eigene Hautfarbe ist variierbar. Viele Optionen sind allerdings nur mit der Pro-Version zugänglich. Aber was sind 17,99 Dollar im Jahr, wenn man sein Instagram-Profil damit wundervoll auffrischen kann und auf Tinder besser ankommt?
Auf der anderen Seite.... Wir probieren erst einmal die Test-Version aus.
Die Bedienung ist wahnsinnig frickelig. Mit genug Mühe könnte man es schaffen, dass das Ergebnis am Ende wirklich recht realistisch aussieht. In der Zeit, die das braucht, könnte man sich das Sixpack aber wahrscheinlich auch tatsäch antrainieren. Aber, wenn man nicht ganz so genau hinschaut, dann zaubert man auch mit etwas weniger Muße aus dem Wohlstandsbäuchlein schon einen recht ansehnlichen Waschbrettbauch.
Auch der Bizeps lässt sich mit etwas Geschick manipulieren. Und wenn man dann schon so eine gestählte Brust und Wahsinnsarme hat, dann kann man sie auch gleich noch mit ein paar Tattoos verzieren.
Wer schon immer mal einen Bart haben wollte, dem sei auch das nicht verwehrt. Egal, ob Schnauzer, Stoppeln oder Vollbart. Und Haare für oben gibt's auch.
Gut, es sei jetzt mal dahingestellt, ob das immer direkt auch eine Verbesserung ist. Aber so ein paar langweilige Vorlesungen oder Zugfahrten, könnte man sich mit dieser Spielerei wahrscheinlich schon versüßen.
So amüsant die App ist, so skeptisch muss man sie aber auch betrachten. Die zur Verfügung stehenden Bearbeitungsoptionen transportieren ein offensichtliches, und sehr einseitiges Ideal von Männlichkeit. Gerade bei jungen Menschen können so Assoziationen mit ihrem Geschlecht entstehen, die ungesund und gesellschaftlich rückläufig sind. Das stereotype Versorgerbild des großen, muskulösen Mann mit Vollbart ist überholt. Jeder sollte sich kleiden und geben dürfen wie ihm beliebt. Auch wenn man nicht muskelbepackt ist.
In einem Interview mit dem Independent erklärt Denise Hatton, Mitgründer von der Body Positivity Bewegung „Be Real“ : „Gerade als wir endlich ein wenig Fortschritt verzeichnen und Marken verantwortungsbewusster Werbung machen kommt eine App wie Manly daher. Diese App, wie viele andere, ist ein riesiger Rückschritt auf dem Weg, eine Gesellschaft zu formen die sich weniger auf Äußerlichkeiten konzentriert und mehr Wert darauf legt, wer wir tatsächlich sind.“
schja