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Instagram: Wie das Netzwerk mit sexuellem Content umgeht
Triggerwarnung: Im Text tauchen Inhalte auf, die beim Thema sexualisierende Gewalt traumatisierend sein können.
„Mit dir würde ich gern mal Dinge anstellen, die würde ich nicht mal mit Nutztieren tun“, „Wie gerne will ich meinen Schwanz zwischen diesen Titten sehen“ und „1000 Euro für eine Nacht?“. Das sind alles Sprüche, die junge Menschen in den Eingängen ihrer Messenger-Apps fanden. Übergriffigkeiten, Vergewaltigungsphantasien, auch Rassismus. Versendet auf Instagram, Tinder, Facebook, Ebay-Kleinanzeigen und sogar Quizduell. Auch die zwei Studentinnen Kim und Caro aus Wien bekamen solche sexuell übergriffigen Nachrichten.
„Wir haben gemerkt, dass wir unglaublich viele Menschen kennen, die Übergriffigkeiten im Internet erfahren“, erzählt Kim. „Das hat uns so wütend gemacht, dass wir was dagegen tun wollten.“ Kim und Caro erstellten daher einen Instagram-Account und nannten ihn „antiflirting“. Sie fingen an, Screenshots von übergriffigen Nachrichten zu posten, die Menschen ihnen schickten. Kim schätzt, dass 95 Prozent dieser übergriffigen Nachrichten von Männern kommen.
„antiflirting“ generierte in drei Monaten mehr als 13 000 FollowerInnen. Doch dann wurde der Account im Dezember 2019 von Instagram gesperrt. Caro und Kim konnten sich nicht mehr einloggen, die Seite war nicht mehr aufrufbar. Sie versuchten daraufhin, Instagram zu kontaktieren – vergeblich.
Erst nach zwei Monaten und nachdem jetzt Instagram nach einem Statement zu der Löschung von „antiflirting“ fragt, bekommen die beiden eine Antwort: Viele Postings enthielten Bilder von Geschlechtsteilen – die Screenshots von ungefragt versendeten Dickpics zum Beispiel. Das Teilen von Fotos mit sexuellem Inhalt verstößt aber gegen die allgemeinen Geschäftsbedingungen – denen alle NutzerInnen zustimmen, sobald sie sich bei Instagram anmelden.
Was aber, wenn sexuelle Belästigung nur wiedergegeben wird, um auf sie aufmerksam zu machen? Instagram macht da keinen Unterschied, sagt eine Sprecherin von Instagram auf die Anfrage von jetzt. Sie verweist auf die AGBs. Dort steht: „Wir wissen, dass manche Personen Bilder von Nacktheit als künstlerische oder kreative Darstellungsform teilen möchten. Aus verschiedenen Gründen ist die Darstellung von Nacktheit auf Instagram jedoch nicht zulässig.“
Dickpics und sexuelle Sprache werden auf dem neuen Account noch stärker zensiert
Instagram und dessen Mutterkonzern Facebook stehen immer wieder dafür in der Kritik, wie auf den jeweiligen Plattformen mit sexuellem Content umgegangen oder nicht umgegangen wird. Der Konzern macht meist nicht transparent, wie oder warum Inhalte oder Accounts gelöscht oder nicht gelöscht werden. Instagram zensiert außerdem freie Oberkörper von Frauen, während die von Männern kein Problem sind. Viele Menschen versuchen seit Jahren unter dem Hashtag #freethenipple Instagram dazu zu bewegen, umzudenken.
Weil sie zwei Monate nichts von Instagram gehört hatten, entschieden Kim und Caro Ende Januar 2020, eine neue Instagram-Seite zu gründen: „antiflirting2“. Sie fingen wieder an, Screenshots von sexuell übergriffigen Nachrichten zu posten. Diesmal vorsichtiger. Dickpics machen sie seitdem noch unkenntlicher, auf dem alten Account war nach der Zensur teilweise noch die Form der Penisse zu erkennen. Auch sexuelle Sprache wird noch stärker zensiert als vorher. Die FollowerInnen werden auch auf dem neuen Account vor sexualisierender Gewalt, Rassismus und Bodyshaming gewarnt. Innerhalb der ersten Woche hatten Caro und Kim wieder 4000 FollowerInnen. Bei „antiflirting2“ hätten die beiden keine Löschung mehr zu befürchten, versichert die Sprecherin von Instagram. Weil Kim und Caro jetzt richtig zensieren würden.
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Eine Frage bleibt: Warum muss erst die Presse bei Instagram vorstellig werden, wenn gesperrte UserInnen eine Frage haben? Was wäre passiert, wenn Kim und Caro nicht einfach weitergepostet hätten? Eine Sprecherin von Facebook will sich dazu offiziell nicht äußern. Sie sagt: „Die Sicherheit unserer Community und insbesondere die Sicherheit junger Menschen ist unsere oberste Priorität. Unsere Gemeinschaftsrichtlinien legen fest, dass unter anderem Nacktheit auf Instagram nicht erlaubt ist. Wir entfernen diese, wenn wir darauf aufmerksam gemacht werden.“
Warum sich Instagram erst so spät gemeldet hat, haben auch Kim und Caro im Gespräch mit einer Sprecherin des Netzwerkes nicht erfahren. Sie freuen sich aber, dass Instagram Kontakt aufgenommen hat: „Die waren sehr nett und haben sogar gesagt, dass sie Fans unserer Seite sind. Das gibt uns ein gutes Gefühl und ermutigt uns, weiterzumachen.“ Kim bleibt trotzdem skeptisch: „Wenn wir einfach aufgegeben hätten, gäbe es den Account jetzt nicht mehr. Wir wurden zwei Monate lang nicht darüber aufgeklärt, was wir falsch gemacht haben. Schade, dass Instagram da so wenig Transparenz gezeigt hat.“
Das funk-Format TRU Doku hat eine Dokumentation über Kim und Caro veröffentlicht. Hier könnt ihr sie euch anschauen:
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