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Facebook-Post gegen Horst Seehofer
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Jörg Brühmann begann seinen Facebook-Post mit den Worten „Wir müssen reden“. Und dann ging es los: gegen die Panikmache des alten bayrischen Ministerpräsidenten und neuen Bundesinnenministers Horst Seehofer. Gegen dessen Strategie, die AfD-Wähler mit seinen Äußerungen gegen den Islam wieder einzufangen. Und gegen die Strategien der in Bayern verbliebenen CSU-Politiker, die auf dieser Panik aufbauend die innere Sicherheit mit Maßnahmen stärken will, die laut manchen Experten stark in Richtung Überwachungsstaat gehen. Gegen all das kotzte sich Jörg in seinem Rant aus – und sprach damit offenbar einer großen Menge Bayern aus dem tiefsten Herzen. Seit diesem Mittwoch ist der Post online und wurde schon mehr als 3000 Mal geteilt und hat viele hundert Kommentare. Wir haben mit ihm gesprochen.
Jörg, du hast mit einem Facebook-Post gegen Horst Seehofer eine ziemliche Welle verursacht. Was war deine Motivation, dir deinen Frust von der Seele zu schreiben?
Um einen Film zu zitieren: Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden. Der Islam-Spruch von Horst Seehofer war zwar ein willkommener Anlass, aber ganz bestimmt nicht der Hauptgrund für meine Unzufriedenheit. Ich habe den Eindruck, dass bei uns in Bayern immer dieselben Ängste geschürt und hinterrücks Dinge durchgedrückt werden, die dann mit eben diesen Ängsten begründet werden. Siehe das neu überarbeitete Polizeiaufgabengesetz oder die Ankündigung, eine bayerische Grenzpolizei aufzubauen. Dabei gibt es schon seit sehr langer Zeit bei uns Menschen verschiedenster Herkunft und religiöser Überzeugungen. Und damit meine ich jetzt ausdrücklich nicht Flüchtlinge.
Hattest du mit der Reaktion gerechnet?
Ich dachte schon, dass sich das Posting innerhalb meines Netzwerks verbreiten würde bis zum Rand meiner Filterblase. Aber dann ist es quasi mit einem Überschallknall durch den Rand dieser Blase geknallt – damit hätte ich nie gerechnet!
Welche Reaktionen kamen?
Leider stechen die negativen Reaktionen immer ein bisschen raus. Und die gehen von lächerlich bis zu richtig hartem Tobak. Mir wurde unter anderem vorgeworfen, dass ich gar keine richtige Tracht tragen würde, dass ich nicht bairisch geschrieben habe, dass ich wegen meines Vornamens unmöglich ein „echter“ Bayer sein könne... Aber es kam auch der Kommentar: „Du Linke Ratte, sei ganz still!“. Ich bin weder eine Ratte, noch werde ich mir den Mund verbieten lassen ob meiner vermeintlichen politischen Einordnung.
Aber tatsächlich kamen auch wahnsinnig viele positive Reaktionen. Fast alle, die mein Posting geteilt haben, schrieben „recht hat er!“ oder Ähnliches dazu. Und die positiven Reaktionen überwiegen die negativen schon deutlich.
Warum hast du deine Aussagen in einem zweiten Post konkretisiert?
Zum einen wollte ich den Leuten die ganzen humoristischen Vorwürfe nicht vorenthalten. Aber tatsächlich war es mir wichtiger, noch einmal zu betonen, dass es mir eben nicht um die angeblich drohende Islamisierung geht, sondern darum, wie unsere Ängste geschürt werden. Und auf welche Werte wir freiwillig verzichten, wenn wir uns von diesen Ängsten leiten lassen. Ich persönlich habe zum Beispiel keine Lust darauf, mich bespitzeln zu lassen, nur um ein subjektives Sicherheitsgefühl zu erhöhen.
Glaubst du, Bayern fühlen sich ganz besonders so oft veranlasst, sich voneinander distanzieren zu müssen?
Ehrlich gesagt: Wir Bayern sind schon manchmal ein bisschen eigen und sehr stark verwurzelt. Und das wird manchmal als Unwillen missverstanden, Teil einer größeren Gruppe zu werden. Und wenn dann wieder die Reaktion kommt: „Die Bayern schon wieder...“, dann denke ich oft: Ich will nicht in einen Topf geworfen werden mit den ganzen anderen. Ich will nicht ausschließlich aufgrund meiner Herkunft beurteilt werden. Und ich finde auch: man darf sich unbedingt mit seiner Heimat verbunden fühlen – aber man muss auch kritisch beobachten, was in dieser Heimat vor sich geht: Ich kann mich trotz meiner Heimatliebe sehr wohl dagegen wehren, dass die Naturschutzgebiete zubetoniert werden oder Leute ausgegrenzt, nur weil sie von woanders herkommen. Das war übrigens auch für mich bezeichnend: Viele Leute haben sich gemeldet und erzählt, dass sie aus irgendeiner Ecke Deutschlands stammen und teilweise seit Jahrzehnten in Bayern leben – und nie mehr waren als „der Preiß“ und ausgegrenzt wurden.
chwa