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Grindr, Tinder oder OKCupid verkaufen sensible Daten ihrer Nutzer

Dein Tinder-Profil wird gerade verkauft.
Bild: Getty / Joe Raedle

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Wer sich eine Dating-App wie Grindr, Tinder oder OKCupid aufs Handy lädt, hofft in erster Linie auf eines: jemanden kennen zu lernen und eine gute Zeit mit dem- oder derjenigen zu verbringen. Damit die Trefferquote einigermaßen hoch ist, muss man in diesen Apps etwas über die eigenen Vorlieben verraten, um mit potentiellen passenden Partner*innen verbunden zu werden. Sexuell übertragbare Krankheiten zum Beispiel, die eigene sexuelle Orientierung und viele andere – sehr private – Informationen.

Wer so etwas von sich preisgibt, der geht vermutlich davon aus, dass diese Informationen so sensibel wie möglich gehandhabt werden – und vor allem nicht an Dritte weitergegeben. Leider, das hat eine Untersuchung von Daten-Analyst*innen des norwegischen Verbraucherschutz-Ministeriums ergeben, ist das Gegenteil wahr.

Laut dem Report (pdf) teilt ein durchschnittlicher User, der zwischen 40 und 80 Apps auf seinem Telefon hat, seine Daten mit „Hunderten, wenn nicht Tausenden“ Unternehmen. In dem Report wurden zehn Apps untersucht – darunter eben Grindr, Tinder und OKCupid. Dabei wurde herausgefunden, dass sie Daten an mindestens 135 verschiedene Unternehmen übertragen hatten. Neben den Dating-Apps wurden auch andere beliebte Anwendungen wie der Perioden-Tracker „MyDays“ untersucht. Hier wurden per GPS aufgezeichnete Aufenthaltsorte der Nutzerinnen an Dritte weitergegeben.

Die drei Dating-Apps verletzen somit Datenschutz-Gesetze diverser Länder. Vor allem die Datenschutzverordnung, die in der EU 2018 umgesetzt wurde, wird von fast allen im Report untersuchten Apps gebrochen. 

Das klingt vermutlich für die meisten Menschen nicht besonders aufregend. Doch die Daten, die von diesen Apps weitergegeben werden, sind alle hoch sensibel und berühren die intimsten Bereiche ihrer Nutzer*innen – und dennoch werden sie verscherbelt:  So verkaufte Grindr Informationen über die Location von Usern und Informationen über deren sexuelle Orientierung. Die Dating-Website OK Cupid wiederum verkaufte Informationen darüber, ob ihre Kunden schon mal Drogen genommen hatten, an mehr als 300 „Partner“ aus der Werbeindustrie.

Jedesmal wenn wir Apps nutzen, bekommen Hunderte uns unbekannte Unternehmen persönliche Daten übermittelt, die über unsere Interessen, Gewohnheiten und Verhalten Aufschluss geben. Diese Informationen werden von den Unternehmen genutzt, um uns als potentielle Konsumenten zu identifizieren und Werbung gezielt auf uns zuzuschneiden. Schon alleine das ist eine ziemliche Horrorvorstellung.

Doch es bedarf wirklich keiner großen Phantasie, sich vorzustellen, wofür solche private Informationen noch genutzt werden könnten: Um Menschen gezielt zu unterdrücken, zu manipulieren oder auszunutzen.

In ihrer Zusammenfassung schreiben die Autor*innen der Studie, dass der Verweis auf die Verantwortung des Einzelnen da nicht mehr funktioniert: „Diese Praxis ist komplett außer Kontrolle und verletzt die Europäische Datenschutz-Bestimmung. Das Ausmaß des Trackings macht es den Menschen zudem unmöglich, selbst informierte Entscheidungen zu treffen darüber, wie ihre Daten gesammelt, geteilt und genutzt werden.

Durch die schiere Menge an gesammelten Daten wird ein komplexes und extrem detailliertes Bild von uns gezeichnet. Die Datensammler haben dadurch eine sehr genaue Vorstellung davon, was wir den ganzen Tag so machen, was wir uns heimlich wünschen und wo wir besonders verletzlich sind. 

All das kommt nicht wirklich überraschend. Dass all die kostenlosen Apps nicht aus reiner Menschenfreundlichkeit entwickelt wurden, sondern um die Daten der Nutzer abzugreifen, dürfte den meisten Menschen inzwischen bekannt sein. Dass diese großen Unternehmen allerdings mutmaßlich gegen bestehende Gesetze verstoßen und sich keinen Deut um den Schutz der Privatsphäre ihrer Kunden  zu scheren scheinen, zeigt deutlich, wie lukrativ all diese persönlichen Daten offenbar sind.

chwae

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