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Dieses Video aus Beirut bewegt die Menschen

Fotos: Mahmoud Nakib

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Mindestens 149 Tote, Tausende Verletzte, rund 300 000 Menschen auf einen Schlag obdachlos: Die Zerstörungskraft der Explosion von 2750 Tonnen Ammoniumnitrat in Beirut war brutal. In den sozialen Medien wurden viele Videos und Fotos geteilt, die die erschreckenden Ausmaße der Detonation zeigen: die riesige Rauchsäule, die Explosion, die Schockwelle, die Stadt, die von einer Sekunde zur nächsten eine andere war.

Der mutmaßliche Unfall hat die Menschen in der libanesischen Hauptstadt unvermittelt getroffen: beim Abspülen, Hausaufgaben machen, Fernsehen – und auch beim Heiraten. Israa Seblani und Ahmad Sbeih sind eines der Paare, die geplant hatten, am 4. August ihre Hochzeit zu feiern. Doch während des Foto- und Video-Shootings, bei dem die Braut in ihrer weißen Pracht festgehalten werden sollte, kam es zur Explosion. Der Fotograf Mahmoud Nakib hielt den Moment in einem Video fest.

Gerade ist man als Zuschauer*in noch ganz nahe an der jungen Frau, sieht sie lächeln und posieren, sie ist offenbar ganz auf diesen Moment konzentriert. Dann ist plötzlich ein berstender Lärm zu hören, die Kamera wandert scheinbar orientierungslos durch die Gegend, es regnet Staub, wie aus dem Augenwinkel sieht man die Braut in Richtung einer Tür eilen.

Einen Tag nach der Katastrophe hat die Nachrichtenagentur Reuters mit Seblani und ihrem Partner über diesen Moment gesprochen. Sie habe sich zwei Wochen lang auf ihren großen Tag vorbereitet: „Ich war wie alle jungen Frauen so, so glücklich, weil ich heirate.“ In dem Moment der Detonation habe sie gedacht: „Werde ich sterben? Wie werde ich sterben?“ Nach der Detonation habe das Paar versucht, die Feier fortzuführen: „Mein Gesicht lächelte, meine Augen lächelten, aber das war’s.“ Die 29-jährige Frau arbeitet eigentlich in den USA als Ärztin, aber liebt ihre Heimat. Nach der Katastrophe könne sie sich aber nicht mehr vorstellen dort zu leben. „Ich bin so traurig“, sagte Seblani.

Auch der Fotograf Mahmoud Nakib, der die Aufnahme gemacht hatte, blieb unverletzt. Später erzählte er der CNN, dass er in diesem Moment zuerst an seine Frau und seine Tochter gedacht habe. Sein Video von Israa Seblani gehört inzwischen zu den Dokumentationen der Katastrophe, die in den sozialen Medien am häufigsten geteilt wurden. Das Bild der glücklichen Braut, die sich in einem Albtraum wiederfindet, bewegt die Menschen: „Das ist so herzzerreißend. Einer der schönsten Tage deines Lebens und das passiert“, schrieb beispielsweise eine Twitter-Userin. „Eine unfassbare Tragödie.“

Derweil suchen drei Tage nach der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut Rettungskräfte und Soldat*innen weiter nach Opfern. Kräne und Bulldozer versuchten am Freitagmorgen, große Trümmerteile zu räumen. Das libanesische Rote Kreuz geht davon aus, dass noch immer rund 100 Menschen vermisst werden. Dabei soll es sich vor allem um Hafenarbeiter*innen handeln. In der Nacht zum Freitag kam es in der Stadt außerdem zu Zusammenstößen zwischen Demonstrierenden und Sicherheitskräften, als Menschen versuchten, Absperrungen zum Parlament zu durchbrechen. Die internen Konflikte, etwa die Anti-Korruptions-Demonstrationen, die Ende 2019 stattfanden, könnten sich durch die Katastrophe weiter verstärken.

mpu mit Material der dpa

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