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#AluhutBingo will Verschwörungstheorien mit Humor begegnen

Foto: dpa

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Der ehemalige Journalist Ken Jebsen, der Kochbuch-Autor Attila Hildmann, der Tanz-Coach Detlef Soost, der Musiker Xavier Naidoo – alle vier machen derzeit Schlagzeilen, weil sie Verschwörungstheorien zu den Hintergründen und dem Ausmaß der Corona-Pandemie teilen. In Youtube-Videos, Telegram-Gruppen und Instagram-Storys. Sie alle haben eine große Fan-Base. Ihre Inhalte erreichen jedoch Menschen weit über die eigene Anhänger*innenschaft hinaus. Sie werden in den sozialen Medien verbreitet und kommentiert, befürwortend und entsetzt. Ein Video von Sophie Passmann zum Thema wurde am Dienstag von vielen Menschen geteilt. Sie nimmt darin vor allem die Aussagen von Hildmann und Jebsen gezielt auseinander.

Doch nicht nur die Moderatorin äußert sich. Derzeit trendet in Deutschland auch der Hashtag #AluhutBingo. Die Idee ist simpel: Jede*r soll fünf prominente Menschen nominieren, von denen er*sie vermutet, dass diese Person in der kommenden Zeit mit einer kruden Verschwörungstheorie um die Ecke kommen könnte. Dahinter steht der Autor Jan Skudlarek. Jan, 1986 geboren, hält regelmäßig Vorträge über die gesellschaftlichen Gefahren von Verschwörungstheorien und hat 2019 auch ein Buch zum Thema veröffentlicht. Sein Bingo sieht er als humoristischen Beitrag zu dem, was in Deutschland gerade passiert: „Es kann jeden Tag eine neue Person aus dem Dickicht kommen, die sich als Spezialist inszeniert und sagt, dass man den Virologen nicht mehr glauben soll“, sagt er am Telefon gegenüber jetzt.

Er betont, dass die Theorien trotz des humoristischen Zugangs nicht lustig sind: „Das kann man lustig finden, aber es ist nicht lustig, wenn man gegen Menschen wie Bill Gates oder Angela Merkel hetzt. Das ist ernst. Man kennt diese Bürgerkriegsfantasien auch aus der neurechten Szene. Und wenn Naidoo in einem Video sagt, dass Schutzmasken nichts bringen würden, dann ist das gefährlich.“ Dass gerade jetzt Verschwörungstheorien so durch die Decke gehen, habe ihn nicht überrascht, sagt er: „In Krisenzeiten ist das sehr typisch. Menschen machen sich Sorgen und sind anfälliger für krude Theorien.“

Die Aktion fällt auf fruchtbaren Boden, viele Menschen posten die Namen von Prominenten, denen sie krude Verschwörungsvideos durchaus zutrauen würden.

Andere finden dieses Name-Dropping nicht besonders lustig und werfen Jan vor, zum Mobbing anzustiften und in Vorurteilen zu denken:

Jan sagt dazu. „Die Aktion ist augenzwinkernd gemeint und soll kein Mobbing sein. Ich distanziere mich von allen, die unter dem Hashtag mobben und beleidigen. Das ist ein satirischer Zugriff, mit dem Unterton, dass Verschwörungsdenken nicht nur harmlos ist.“ Denn er habe für den ernsten Kern der Theorien kein Verständnis: „Grundrechte werden gerade eingeschränkt, das stimmt. Aber um uns zu schützen, um Schaden zu minimieren. Es ist ein temporäres notwendiges Übel.“

Tatsache ist: Die Gesellschaft muss einen Weg finden, mit den Verschwörungstheorien während der Corona-Krise umzugehen. Mit dem nötigen Ernst – und wieso nicht auch mit Humor.

soas

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