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„Die Kifferin“-Kolumne Teil 7: Cannabis als Einstiegsdroge
Zum Kiffen hat so ziemlich jede*r eine Meinung. In der öffentlichen Debatte darüber kommen die Konsument*innen aber am wenigsten zu Wort. Das sind in Deutschland rund 3,7 Millionen Menschen – und längst nicht alle kiffen aus medizinischen Gründen. Die Studentin Mia kifft seit sieben Jahren. Hier erzählt sie von ihrem Alltag mit Cannabis.
„Niemand probiert einen Joint, wenn er nicht davor schon mal an einer Zigarette gezogen hat. Genauso kenne ich keine Person, die Ecstasy ausprobiert hat, ohne zuvor einen Joint geraucht zu haben. Das liegt aber meiner Meinung nach nicht daran, dass er den Rausch beim Kiffen irgendwann nicht mehr so geil fand und deshalb auf einmal ‚mehr‘ wollte. So wird es ja in der Prävention oder von Politikern oft dargestellt. Es liegt daran, dass man als Kiffer mit Leuten abhängt, die einem auch andere Sachen anbieten.
Ich habe in meinem Leben schon härtere Drogen als Marihuana ausprobiert. Nämlich solche Drogen, die die Allgemeinheit als Partydrogen bezeichnet, Ecstasy und Speed zum Beispiel. Ich habe mir oft überlegt, ob das passiert wäre, wenn ich nie Gras geraucht hätte. Die Antwort ist: auf keinen Fall.
Für mich ist Gras eine Einstiegsdroge. Kiffen ist bei den allermeisten Menschen der erste Schritt in die Welt der Drogen. Natürlich haben nicht alle, die kiffen, schon mal härtere Drogen ausprobiert. Bei mir persönlich lagen zwischen meinem ersten Joint und meiner ersten Ecstasy Pille ungefähr vier Jahre. Das lag daran, dass eine Freundin von mir eine schlimme Erfahrung mit Ecstasy hatte. Sie hat viel zu viel genommen, lag dann im Krankenhaus und hatte über ein Jahr lang schlimme Depressionen. Auch aus Angst vor solchen Nebenwirkungen habe ich mich sehr lange mit Gras zufrieden gegeben und gesagt, dass ich nur natürliche Sachen nehmen will. Aber irgendwann wurde ich neugierig.
Es gibt nämlich bei Dealern, mit denen ich ja durchaus viel Zeit verbringe, oft nur ein Thema: Drogen. Da ist auch oft viel so protziges Männlichkeitsgelaber dabei: ‚Boah, ich war am Wochenende so druff, ich hab mir so viele Lines reingeknallt‘, und so weiter und so fort. Ich wurde immer öfter gefragt, ob ich nicht auch mal was anderes ausprobieren wollte. Ich sagte immer Nein. Aber mit den Jahren bröckelte dann mein Widerstand gegen härtere Drogen, weil ich mir dachte: Die nehmen das ja alle, die sind auch noch nicht tot. Ich dachte mir: Ich werde bestimmt nicht direkt abhängig, da kann ich sowas doch bestimmt mal probieren. Irgendwann nahm ich dann mit zwei Freundinnen, mit denen ich zu der Zeit oft rumhing und kiffte, zum ersten Mal MDMA.
Ziemlich schnell fühlte ich mich dann am Tag nach dem Feiern immer öfter scheiße
Ich will ehrlich sein: Ich fand es mega geil. Aber mit allen Drogen ist es das gleiche Problem: Es wird nie wieder so gut wie beim ersten Mal. Ich nahm dann öfters beim Feiern chemische Drogen. Ziemlich schnell fühlte ich mich dann am Tag nach dem Feiern immer öfter scheiße. Ich dachte mir: ‚So weit ist es also jetzt schon gekommen, ich verschwende mein Leben, was mach ich da eigentlich?‘ Heute weiß ich, dass das vor allem der psychische Kater war, den man zum Beispiel von MDMA bekommt. Diese Droge ballert dir alles an Glückshormonen in den Kopf, was dein Körper so aufbringen kann. Die müssen erstmal nachproduziert werden, deshalb geht es dir die Woche danach dann ziemlich beschissen. Ich wusste schon vom Gras, dass ich ein Mensch bin, der zur Sucht neigt. Da ich nicht wollte, dass ich jede Woche psychisch durchhänge, habe ich das mit den chemischen Drogen lieber sein lassen.
Ich bin mir auf jeden Fall sicher: Ohne Gras wäre ich nie in Kontakt mit härteren Drogen gekommen – einfach deshalb, weil ich mein Gras nicht in einem Laden kaufen könnte. Natürlich verkauft nicht jeder Grasdealer chemische Drogen, aber wenn ein Dealer eine Substanz nicht hat, dann kennt er garantiert jemanden, der sie hat. Für mich ist das das Gefährlichste an Cannabis, nicht die Langzeitauswirkungen oder die psychischen Risiken.
Deshalb bin ich auch für eine Legalisierung von Gras. Weil mein Konsum dann nicht mehr diese Brücke zu anderen Drogen schlagen würde. Ich habe so viele Leute kennengelernt, die abgestürzt sind, weil sie auf härteren Drogen wie MDMA oder Kokain hängen geblieben sind. Die waren alle irgendwann mal Menschen, die einfach nur nach der Uni oder nach der Arbeit einen durchziehen wollten, um zu chillen. Dann haben sie angefangen, sich jedes Wochenende wegzuknallen und konnten damit nicht mehr aufhören. Hätten die ihr Gras an einer legalen Abgabestelle kaufen können, wären sie nie mit dem Scheiß in Kontakt gekommen, der sie letztendlich zerstört hat.“
Mia heißt nicht wirklich Mia, möchte aber ihren richtigen Namen nicht im Internet lesen. Ihr wahrer Name ist der Redaktion bekannt. Für diese Kolumne treffen wir sie regelmäßig und sprechen mit ihr über ihr Leben als Kifferin.