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Erste lesbische Teilnehmerin an der Wahl zur "Miss America"
Das ist...
…Erin O’Flaherty, 23 Jahre alt, und die erste homosexuelle Teilnehmerin an der Wahl zur "Miss America", deren Finale gestern Abend in Atlantic City stattfand (gewonnen hat Miss Arkansas, Savvy Shields). Nein, halt: Sie ist die erste offen homosexuelle Teilnehmerin.
Die kann...
…mit ihrer Teilnahme etwas für die gesellschaftliche Akzeptanz von Lesben und Schwulen erreichen! Oder sorgt sie mit ihren Auftritten, die dem weiblichen Stereotyp und altbackenen Männerfantasien entsprechenden, genau für das Gegenteil?
Auf der einen Seite werden Erins Sieg bei der Wahl zur "Miss Missouri" und ihre Teilnahme an der "Miss America"-Wahl als ein wichtiger Schritt gefeiert. Weil sie vor einem Mainstream-Publikum das Stereotyp der lesbischen Frau durchbricht und zeigt, dass auch Lesben sehr "weiblich" sein können. Und weil sie als ihre "Platform" (jede Teilnehmerin muss ein gesellschaftliches Thema angeben, für dass sie sich engagiert) Suizid-Prävention angibt – vor allem für LGBTQ-Jugendliche, die besonders gefährdet sind. Die Selbstmordrate in dieser Gruppe übersteigt die unter anderen Jugendlichen um ein Vielfaches. In den vielen Interviews, die Erin gerade gibt, erwähnt sie gerne, dass sie das "Trevor Project" unterstützt: Diese Organisation betreibt zum Beispiel eine Krisen-Hotline für homo-, bi- und transsexuelle Jugendliche, bietet Workshops an und generiert generell Aufmerksamkeit für das Thema.
Genauso gut kann man aber sagen, dass es der LGBTQ-Community überhaupt nichts bringt, wenn sie eine Erin O’Flaherty als Botschafterin hat. Weil die nämlich an der reaktionärsten Veranstaltung teilnimmt, die man sich im Zusammenhang mit Geschlechter-Identität vorstellen kann: Die „Miss America“-Wahl wurde in den Zwanziger Jahren von Männern in Atlantic City erfunden, um die Touristen auch nach der Labour-Day-Woche in der Stadt zu halten. Die erste Siegerin war eine 15-Jährige. Die Begründung der Juroren: Sie repräsentiere „the type of womanhood America needs. Able to shoulder the responsibilities of homemaking and motherhood.“ Und bis heute entsprechen die Frauen bei dieser Miss-Wahl (und bei vielen anderen) diesem antiquierten Rollenbild: Sie müssen in Badekleidung und Abendkleidern eine gute Figur machen, ein Talent vorführen (bei Erin ist es das Singen) und sich sozial engagieren. Sie sind also Frauen, die dem männlichen Blick schmeicheln, und dabei auch noch unterhaltsam, empathisch und sozial sind. Die perfekten Ehe- und Hausfrauen, Mütter und Begleiterinnen bei Geschäftsessen eben.
Die Soziologin Hillary Levey Friedman, die zur Geschichte der Schönheitswettbewerbe geforscht hat, sieht Erins Teilnahme eher pragmatisch: Der Washington Post sagte sie, dass die „Miss America“-Wahl die Gesellschaft vielmehr widerspiegele als dass sie sie beeinflusse. Das heißt: Wenn bei der Miss-Wahl die Vertreterin einer Minderheit auftritt oder gewinnt, zeigt das, dass diese Minderheit sich in der Vergangenheit schon selbst eine Stimme gegeben und für Aufmerksamkeit gekämpft hat. Gutes Beispiel dafür: Die erste afro-amerikanische Miss America wurde 1983 gekürt.
Die kommt...
…ursprünglich aus Florida und kämpfte dort als Jugendliche mit ihrer sexuellen Identität. In einem Interview mit der Cosmopolitan erzählt Erin, dass sie schon früh ahnte, lesbisch zu sein. „Aber gleichzeitig war ich sehr feminin und das war verwirrend für mich. Weil ich nicht in die stereotypen Kategorien für LGBTQ-Frauen passte, die ich kannte“, sagt sie. Sie habe lange gebraucht, um herauszufinden, was und wer sie sei. Ihr Coming-Out hatte sie mit 18. Heute fühlt sie sich als Mitglied der LGBTQ-Community und bezeichnet sich als „femme lesbian“ – als lesbische Frau, die sich selbst als weiblich identifiziert, im Gegensatz zu den maskulinen „butch lesbians“.
Die geht...
…sicher in die Geschichte der „Miss America“-Wahlen ein. Solche Wettbewerbe verkünden schließlich gerne ihre „ersten Male“: die erste afroamerikanische Miss, die erste mit Tattoos, die erste mit Autismus, die erste asiatisch-stämmige und so weiter...
Wir lernen daraus, dass...
…Miss-Wahlen anscheinend einfach nicht tot zu kriegen sind. Nicht mal nach „Little Miss Sunshine“. Aber dass es dann immerhin ganz gut ist, wenn man in dieser Bastion der Heterosexualität das Thema Homosexualität platziert.
Nur Google weiß...
…, dass Erin gemeinsam mit ihrer Tante, Mutter und Schwester einer Boutique namens „Rachel’s Grove“ in Chesterfield, Missouri führt