Menschen mit Nebenjob kennen die besseren Geschichten. Hier erzählt Callcenter-Agent Jan-Peter von hitzigen Auseinandersetzungen zwischen heißen Drähten.
daniel-schieferdecker
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Das Callcenter, in dem ich gerade arbeite, ist ein ziemlich durchgeknallter Laden und böte genügend Stoff sowie eine perfekte Kulisse für eine Seifenoper. Eigentlich machen wir dort Markt- und Meinungsforschung, aber die vielen kleinen Geschichten, die dort tagtäglich vonstatten gehen, sind im Grunde genommen viel spannender als das Tagesgeschäft.
Schön war zum Beispiel, als einer unserer freien Interviewer mal mit einer Festangestellten aneinandergeraten ist. Der hat sich von ihr gemobbt gefühlt, und als ihm irgendwann der Kragen geplatzt ist, fingen die Beiden an, sich bis aufs Mark zu beleidigen. Die haben sich die schlimmsten Schimpfworte an den Kopf geworfen, die man sich nur vorstellen kann – ein anderes Wort für weibliches Geschlechtsmerkmal mit „F“ am Anfang und „tz“ in der Mitte war noch der netteste Begriff, der da gefallen ist.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Illustration: Julia Schubert
Dieser Disput ist irgendwann dermaßen ausgeartet, dass der Typ sich echt einen Monitor gegriffen und ihn nach der Frau geworfen hat. Er hat sie nur ganz knapp verfehlt. Man muss sich allerdings vor Augen halten, dass das alles in einem Großraumbüro passiert ist, in dem einige Mitarbeiter parallel noch Leute am Telefon hatten. Inmitten dieses Geschreis und des Lärms des zerschellenden Monitors wurden tatsächlich noch Interviews geführt. Eine vollkommen skurrile Situation. Auch die Kollegin neben mir war noch in ein Gespräch verwickelt – eine sonnenbankgebräunte Blondine Mitte 50, die ungemein schlagfertig und wortgewandt ist. Als sie im Zuge des ohrenbetäubenden Lärms von ihrem Gesprächspartner gefragt wurde, was denn da im Hintergrund bei ihr los sei, hat sie ganz trocken, souverän und cool geantwortet: „Entschuldigen Sie den Krawall. Das ist unsere Betriebstheatergruppe. Die proben gerade.“ Ich bin vor Lachen fast umgekippt.
Text: daniel-schieferdecker - Foto: mathias the dread / photocase.com