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„Digital und kostenfrei sozial benachteiligte Kinder unterstützen“

„Als Mitte März Corona hier in Deutschland so richtig zum Thema wurde, haben wir uns gefragt, was wir mit unseren Fähigkeiten machen können“
Foto: Privat

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Christopher, 22 Jahre alt, Mathematik-Student, wollte dieses Jahr eigentlich ein Praktikum machen, doch dann kam alles anders. Jetzt ist Mitgründer der „Corona School“. Im März hat er mit Freunden ein Konzept zur Hilfe für alle Schüler*innen entwickelt, die durch Schulausfall mit ihrem Lernstoff nicht mehr zurechtkommen.  Die Online-Nachhilfe-Plattform, auf der Studierende ehrenamtlich Schüler*innen ihre Hilfe anbieten, zählt inzwischen über 12 500 Schüler, die von 9500 engagierten Studierenden unterrichtet werden.

Experten gehen davon aus, dass vor allem Kinder aus sogenannten „bildungsfernen Schichten“ durch die Krise benachteiligt sind. Eine kürzlich veröffentlichte Statistik der Bertelsmann Stiftung zeigt auf, dass 24 Prozent der Kinder keinen internetfähigen PC im Haushalt haben und 13 Prozent keinen ruhigen Platz zum Lernen. Zum „Homeschooling“ ist beides  aber dringend notwendig. Wir haben mit Christopher über seine Arbeit gesprochen.

jetzt: Viele Leute versuchen gerade, sich in ihrer Freizeit vom Thema Corona zu lösen und wieder mehr Normalität in ihr Leben zu bekommen - ihr nicht. Woher kommt eure Motivation, diese Plattform zu führen?

Christopher: Als Mitte März Corona hier in Deutschland so richtig zum Thema wurde, haben wir uns gefragt, was wir mit unseren Fähigkeiten machen können.Wir sahen zum Beispiel, wie Medizinstudenten im Krankenhaus geholfen und sich eingesetzt haben. Wir Mathematikstudierende haben uns dann an einem Abend zusammengesetzt und ein erstes Konzept für eine digitale Online-Nachhilfeplattform erstellt. Da hatten wir ziemlich schnell das System vor Augen, dass Studierende, die wegen Corona nun mehr Zeit haben, ehrenamtlich Schülern ihre Hilfe anbieten.

Wie habt ihr das dann zum Laufen bekommen?

Wir haben mit unserer Idee viele Fachschaften von anderen Unis angeschrieben. Dort wurde unsere Idee extrem positiv aufgenommen und es haben sich sehr schnell viele Studierende freiwillig gemeldet. Zusätzlich hat Social Media eine große Rolle gespielt. Die Kindernachrichten Logo haben dann auch über uns berichtet, wodurch wir viele Kinder im Grundschulalter auf uns aufmerksam gemacht haben.

Schüler*innen mit einkommensschwachen Eltern sind stärker benachteiligt durch die Krise, als andere Kinder und Jugendliche. Habt ihr ein Konzept, wie ihr besonders die erreichen und motivieren könnt?

Das ist eine sehr wichtige Frage, die wir intern viel diskutiert haben.

Natürlich ist es erstmal so, dass wir auch nach der Pandemie alles ehrenamtlich und kostenfrei zur Verfügung stellen wollen. Jeder kann unser Angebot nutzen und sich mit wenigen Klicks anmelden. Um Kinder, die eine kostenfreie Nachhilfe mehr nötig haben, zu erreichen, möchten wir in Zukunft direkter auf lokaler Ebene mit Schulen zusammenarbeiten und vor Ort nachfragen, wer Nachhilfebedarf hat und wer unsere kostenlose Hilfe in Anspruch nehmen sollte.

Zurzeit sind noch Ferien, auch da habt ihr euch mit dem Konzept der „Sommer AGs“ etwas einfallen lassen. Wie funktionieren die?

Wir haben in den Gesprächen mit den Nachhilfekindern erfahren, dass viele diesen Sommer zuhause bleiben. Urlaub fällt für viele Familien dieses Jahr aus.  Damit keine Langeweile aufkommt, bieten Expert*innen kostenfreie AGs zu den verschiedensten Themen an. Diese Expert*innen sind nicht nur Studierende, sondern auch ältere Erwachsene die ihre Interessen und Hobbies teilen möchten. Auch die laufen sehr gut, es haben bereits über 650 Kinder teilgenommen. Von Knobelrunden bis hin zu Tanzkursen ist alles dabei.

Wie macht man denn einen Online-Tanzkurs?

Eigentlich ist das ganz einfach. Einer tanzt etwas vor, die anderen machen es nach. So kann der Trainer sogar genauer auf die Bewegungen eingehen und Tipps geben.

Machst du selber bei etwas mit?

Ja. Anfangs habe ich Mathenachhilfe gegeben. Jetzt in den Ferien biete ich eine AG „Hollywood zum Selbermachen“ an. Ich bin filminteressiert und drehe meine eigenen Kurzfilme. Mit sechs Jugendlichen arbeiten wir an Storyboards und einem Konzept, digital einen Film zusammen zu basteln. 

Wenn der Schul- und Unibetrieb wieder aufgenommen wird, haben viele Studierende weniger Zeit als während des Lockdowns. Wie wollt ihr nach Corona die ehrenamtliche Nachhilfe attraktiv gestalten, damit weiterhin so viele mitmachen?

Wir suchen zwar immer nach motivierten Studierenden und Helfern, aber eigentlich mache ich mir da keine Sorgen. Wir sind an über 60 Unis in Deutschland vertreten. Sogenannte „campus representatives“ setzen sich in den jeweiligen Regionen für uns ein. Zusätzlich bekommt jeder Helfer ein Zertifikat, wie viel Zeit er oder sie in die Teilnahme an unserer Sache gesteckt hat. Als Referenz für die Jobsuche gibt es Schlimmeres. Zusätzlich wollen wir das ganze auf politischer Ebene weiter ausbauen.

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