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Junge Briten stimmten seltener ab

Foto: Dan Kitwood/Getty

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Eine der großen, emotionalen Geschichten des Brexit-Referendums war am Freitag schnell geschrieben: Die Alten, die einen immer größeren Anteil an der britischen Bevölkerung ausmachen, haben über die Zukunft der Jungen entschieden – beziehungsweise: Haben ihnen diese verbaut. Denn, das zeigen etwa die Daten des Umfrageinstituts Lord Ashcroft deutlich, die unter 35-Jährigen stimmten ganz eindeutig für einen Verbleib ihres Landes in der EU. 

Wütende Kommentare wurden geschrieben und - wie der von Guardian-Autorin Rhiannon Lucy Cosslett oder dieser hier aus der Financial Times  - zigtausendfach in den sozialen Medien geteilt. 

Jetzt, an Tag drei nach dem Referendum, da die Wut womöglich langsam abklingt und der Schock der Analyse Platz macht, schauen viele genauer hin und stellen fest: Auch die Beteiligung an der Abstimmung war über die Altersgruppen ungleich verteilt. Die ersten rufen: Von den Jungen sind ja viel weniger hingegangen! Was regen die sich jetzt eigentlich so auf? Sie hätten es ja in der Hand gehabt!  

Was ist dran an diesem Vorwurf?

Wie viele Menschen aus welcher Altersgruppe zur Abstimmung gegangen sind, darüber gibt es keine genauen Daten. Exakte Ergebnisse – Wahlbeteiligung, Remain- und Leave-Stimmen – gibt es nur nach Wahlkreisen gegliedert. Vergleicht man diese allerdings mit der Altersstruktur in den Stimmbezirken, wie es diverse britische Medien getan haben, sieht man: Die Wahlbeteiligung steigt tatsächlich mit zunehmendem Alter. Der Zusammenhang ist nicht sehr heftig, aber er ist vorhanden. Und sieht in der Grafik der Financial Times zum Beispiel so aus:

Ja, es gebe Belege dafür, dass Gegenden mit vielen jüngeren Wählern zu niedrigeren Beteiligungszahlen tendierten, sagte der Politologe Rob Ford der BBC. Diesen Effekt habe es auch schon bei der Parlamentswahl 2015 gegeben. Tatsächlich ist der Zusammenhang zwischen Alter und Wahlbeteiligung weder neu noch eine britische Eigenheit. Das belegt zum Beispiel diese Grafik der Bundeszentrale für politische Bildung: Bei der Bundestagswahl 2013 lag die Wahlbeteiligung bei den 25- bis unter 30-Jährigen bei 62,4 Prozent – und damit deutlich unter dem Durchschnitt von 72,5 Prozent.

Warum beteiligen sich junge Menschen tendenziell weniger an Wahlen und Abstimmungen? Ist am Ende was dran an den Stereotypen über die egoistische, verantwortungslose „Jugend von heute“?

 

Sozialwissenschaftler führen als Ursache ganz allgemein an, dass junge Menschen noch nicht so fest im Leben stehen, weniger an einen Ort gebunden und – ja, so ist das leider - schlicht weniger politikinteressiert sind. Beim britischen Referendum kam neben dem ungünstigen Abstimmungstermin in den Semesterferien nach Einschätzung des Politologen James Slom dazu, dass sich seit 2014 jeder Wähler einzeln registrieren muss – eine zusätzliche Hürde. Beide Lager hätten es versäumt, sich um die jungen Stimmen zu bemühen, sagte Slom dem Guardian. „Wenn man bedenkt, dass seit Jahrzehnten bei jungen Leuten der Trend zu geringer Beteiligung geht, war das ebenso zu erwarten wie verstörend.“

 

Hätten mehr junge Menschen abgestimmt – womöglich wäre das Referendum tatsächlich anders ausgegangen. Zu sagen: selber schuld ist allerdings genauso zu kurz gegriffen wie den Alten den Schwarzen Peter zuzuschieben. Die etwa 200 000 (jungen) Menschen, die vermeintlich politikvergessen seit Mittwoch auf dem Festival in Glastonbury tanzen, hatten jedenfalls keine größeren Auswirkungen auf die Statistik: Bei einer Umfrage im Auftrag der Times gaben 78 Prozent an, dass sie ihre Stimme schon vor Beginn des Festival abgegeben hatten.  

 

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