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Die Blogstipendiaten im Porträt: rose

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Name, Alter, Beruf Alle rufen mich Rose, dabei heiße ich eigentlich Rosanne. Das hebe ich mir dann immer für den Überraschungsmoment auf. Ich bin 26, denke aber immer ich sei 27. Irgendwann als Kind habe ich angefangen, mich immer ein Jahr älter zu machen. Ich arbeite momentan bei einer kleinen Produktionsfirma als Redaktions bzw. Produktionsassistentin in Sachen Film und so. Aber meine Freunde sagen immer, ich sei eine Schriftstellerin. Oder Rave Poetin.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Seit wann bloggst du? Seit 2001. Schreiben ist zwar seit meinem dreizehnten Lebensjahr meine Passion – ich kann nichts anderes, aber was solls. 2001 gab es noch das alte jetzt Magazin. Es lag in den letzten Zügen. Am meisten liebte ich das Tagebuch Heft. Darum fing ich an, bei jetzt.de selber Tagebuch zu schreiben. Ich schrieb drei Bewerbungstexte und wurde dann freigeschaltet. Worüber? Über den Moment in dem das Licht in der Disco angeht. Über Ängste und verpasste Chancen auf und neben der Tanzfläche. Die Zeit vor und nach Disco. Mein Blog ist die Stenographie der Rastlosen, der Ungeliebten und der Unausgeschlafenen, all jener, die wissen, dass eine verdammt gute Party auch immer eine verdammt unglückliche ist. Denn das, was in den Augen der Nichtfeiernden purer Spaß zu sein scheint, ist mehr und zugleich weniger als das. Denn jede gute Party hat ein dunkles Herz, um dass sich eine eigenartige Wortlosigkeit rankt, eine Wortlosgkeit, die vom menschlichen Miteinander handelt. Ich kann nicht anders als das mitzuschreiben; in dem Wissen, nur die Lücken auszufüllen, welche die Menschen hinterlassen auf ihrem Weg zurück in den unerträglichen Alltag. Deshalb ist es eigentlich nicht mein Blog. Es ist der Blog von vielen und die einzige Realtime-Soap-Opera, die es gibt. Oft saukomisch und viel öfter irrsinnig traurig. Und manchmal einfach nur stupide. Das nenne ich direkte Literatur, unmittelbar wie die Musik die wir hören, so vorurteilsbeladen wie die Entscheidungen, die wir treffen, und irgendwie auch so relevant nutzlos wie das Leben, das nicht nur wir führen. Willkommen. Macht es euch gemütlich. Sonst mach ich das für euch. Warum? Weil ich schon immer gerne die Geschichten aufgeschrieben habe, die mir passiert sind. Um nicht zu vergessen. Um den Moment fest zu halten. Wie ein Bild nur in Wörtern. Wie gemalt, aber mit Buchstaben. Ein typsicher/aussagekräftiger Auszug aus deinem Blog Es sind die Momente in denen der noch eben empfundene Spaß in der Erinnerung ganz fürchterlich bitter nachschmeckt. Bitter und sinnlos. Ohne Liebe. Dunkel und kalt. Der Moment in dem man sich so fühlt, wie kalter Kneipenrauch riecht. Abscheulich. Es sind die Momente in denen man sich fragt, wann in meinem Leben kam eigentlich der Moment, wo ich falsch abgebogen bin?. Man stellt alles in Frage, man denkt über das annehmen einer neuen Identität nach. Man nimmt sich vor am nächsten Tag endlich das Zimmer aufzuräumen und dann endgültig Solide zu werden. Ich habe fertig. Ich bin raus. Es sind Momente die einen erdrücken, so einsam wie man da liegt. Auf dem Sofa. Eben noch unter Menschen die einem für einen Moment etwas gegeben haben, was jetzt nicht mehr ist. Alle waren da und haben es wieder gesucht. Das Glück Den Moment. Doch Glück kann man ja nicht so einfach finden. Ich glaube manchmal, es ist einfacher einen Koffer voll Geld zu finden, als das Glück seines Lebens. Wir sind müde von der Suche, doch wir suchen immer weiter. Dabei machen wir allerhand Unsinn. Verlieren uns selber und auch manchmal den Verstand. Oder wir glauben zumindest oft „Oh, mein Gott, jetzt habe ich endgültig den Verstand verloren“. Meistens ist es gar nicht mehr so schlimm, wenn man geduscht hat, die Zähne geputzt hat und saubere Sachen anhat. Aber bis dahin ist es ein schlimmer, steiniger Weg. Noch eben fühlte man sich wie ein König der Nacht und dann erreicht man den Punkt. Den Punkt der Sollbruchstelle. Da bricht man einfach durch. Für den Moment. Hat man die Sollbruchstelle erreicht, muss man inne halten. Luft holen. Dann ernährt man sich drei Wochen gut, fährt in den Urlaub, oder zu Muttern. Man liest ein paar Bücher, renoviert das Bad oder streicht den Balkon. Sollbruchstellen sind Momente zum weinen und verzweifeln Sollbruchstellen sind die Momente in denen der Tag uns ruft, die Vögel singen, uns das Leben gegen die Wand knallen lässt. Die Verantwortung gegenüber uns selbst und dem was draus wird. Was man draus macht. Welche Blogs liest du selber? Spreeblick Wer sollte dein Blog lesen? Raver und ihre Freunde, meine Freunde, Köln und alle die wissen wollen was am Samstag wieder auf der Tanzfläche passiert ist. Oder wer die längste Platte der Welt gespielt hat. Oder wer wissen will, ob ich mich wieder selbst verloren haben. Menschen die Disco und Rave lieben. Menschen die Momente und deren Geschichten lieben. Und sonst? Nachdem es von mir und einem Freund zur c/o pop das wunderbare Shirt „Köln ist kein Kurort“ und die dazugehörige Legende gab, habe ich beschlossen unter diesem Motto auf Lesereise zu gehen. Ich und zwei Kölner DJ’s werden das Prinzip von Köln ist kein Kurort in den Clubs dieser Republik zum Besten geben. Ich in Wörtern. Sie in Musik. Und dazu werden wir wunderbare Fotos mitbringen. Wörter für die Seele, Bilder für den Kopf und Musik für die Beine. Zusammen mit Jan-Eric Kaiser und Marc Lansley werde ich meine Geschichten erzählen. Wir sind schon ganz gespannt, wie es so werden wird. Wir mit uns auf Tour. Und meinen Geschichten. >>>Ungekürzt und ungeschnitten gibt es hier die Antworten aller Blogstipendiaten. Und zwar von: - Rose Jakobs, die ihre Texte auf rose.jetzt.de veröffentlicht. - Markus Beckedahl, der auf netzpolitik.org schreibt - Nilz Bokelberg, der unter dem Motto bloggen fuer den weltfrieden schreibt. - Guido, Nico und Piwi, die das Fanzine Jackpot Baby! herausgeben. - Walter Wacht, der auf yet another indie disco schreibt.

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