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Serie über den Mythos Medellín-Kartell
Die Serie:
Steve Murphy sitzt im Flugzeug nach Medellin. Der Polizist arbeitet für die Drug Enforcement Administration (DEA). Es sind die 70er-Jahre. Eigentlich jagt Murphy in Miami im Namen von US-Präsident Ronald Reagan Hippies mit Hasch-Bröseln in den Strümpfen. Aus Naivität und Clint-Eastwood’schem Patriotismus reist Murphy nun aber mit seiner Frau nach Kolumbien. Sein Ziel: Der Kopf von Pablo Emilio Escobar Gaviria. Der mausert sich nämlich gerade vom Farbfernsehschmuggler zum Drogenbaron. Und flutet vor allem Miami mit dem weißen Pulver. Sein Netzwerk aus korrupten Polizisten, loyalen Kopfgeldjägern und eingeschüchterten Politikern ist die Voraussetzung für ein gutlaufendes Imperium.
Escobar lässt im lateinamerikanischen Urwald hunderte Kilo an Koks produzieren und exportiert auf allen See- und Luftwegen Kokain in die USA: Schwangere schlucken mit dem Rauschgift befüllte Luftballons und steigen in Linienmaschinen. Oder El Patrón verschickt die Päckchen direkt per ausgeschlachtetem Privatflieger. Schnell stapelt Escobar so viele Bündel Banknoten, dass er bald nicht mehr weiß, wo er die ganzen Scheine unterbringen soll. Irgendwann vergräbt oder verbrennt er sie einfach.
Die Konkurrenten und Polizisten räumt Escobar dabei mit einer verwirrenden Mischung aus Onkel- und Boshaftigkeit aus dem Weg. Unangenehm entspannt wirkt er, wenn er seine Widersacher mit spöttischem Grinsen unter seinem Schnurbart hervor mustert. Man entwickelt eine unbehagliche Sympathie für ihn.
Währenddessen driftet der eigentliche Held Murphy immer weiter weg von seinem eigentlichen moralischen Standpunkt. Die Jagd auf den Anführer des Medellin-Kartells wird für den DEA-Agent zur Obsession.
Wo findest du die Serie?
Bei Netflix.
Der Zeitaufwand:
Zehn Folgen à 50 Minuten. Macht eine Marge von achteinhalb Stunden.
Wo du Zeit sparen kannst:
„Plata o Plomo.“ Silber oder Blei. Es gibt keine Zwischenlösung. Entweder du bist loyal zum Kartell oder nicht. Und sorry, aber der Intro-Song von Rodrigo Amarante ist unskipbar.
Der heimliche Held:
Steve Murphys Stimme aus dem Off in der Originalvertonung. Seine retrospektive Erzählung ist noch eine ganze Schippe badassiger, als sein eigentlicher Charakter. Ja ja, klar:, „Das musst du in OV gucken“, ist das Pendant zum Soja-Chai-Latte unter den Kaffeebestellungen. Aber hier stimmt es leider wirklich: „Das musst du in OV gucken!“ Die Hälfte von „Narcos“ keifen und zischen die Protagonisten einander eh auf Spanisch an. Und: Wagner Moura hat für seine Rolle als Pablo Escobar extra Spanisch gelernt – dann kriegst du das bisschen Englisch auch noch hin.
Womit kannst du das vor deinem Gewissen rechtfertigen?
Roberto Escobar, Pablos Bruder, hat Netflix einen bitterbösen Brief geschrieben. Es sei „alles gelogen“. Einen Anteil von einer Milliarde Dollar verlangte er trotzdem. Zumindest in puncto Geschäftstüchtigkeit steht Roberto seinem toten hermano in nichts nach. Aber auch wenn Roberto nicht einverstanden ist mit der Darstellung des Medellin Kartells in der Serie: zumindest die historischen Grundpfeiler stimmen.
So fühlst du dich danach:
Größenwahnsinnig. Du lässt dir vielleicht einen schönen Schnäuzer stehen, legst dir ein paar Polohemden zu und ein paar alte Feinde um.
Und jetzt?
Wer fasziniert ist vom Kartell-Kosmos kann sich auf der Seite Cocainenimics durch die Geschichte von Pablo Escobar und Kolumbien klicken. Videoschnipsel aus der Serie, Artikel und Interviews mit den Originalcharakteren – die Seite bietet einen hübsch aufbereiteten Rundumschlag. Wer noch nicht genug hat von Sicarios, Syndikaten und Schusswechseln, sollte „Escobar: Lost Paradies“ gucken. Benicio del Toro spielt den Drogenboss mit so schön bedrohlicher Schmatzigkeit, dass man fast vergisst, wie gut Moura El Patrón verkörpert hat.