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Binge-Watching-Kolumne: "New Girl" mit Zooey Deschanel
Jess singt gerne. Darum macht sie das auch, als sie von einer Reise früher zurück nach Hause kommt und ihren Freund überraschen will: Sie zieht sich im Wohnzimmer nackt aus und singt „Who’s that Girl? It’s Jess!“ Leider kommen aus dem Schlafzimmer dann nicht nur ihr Freund, sondern auch die Frau, mit der er gerade Sex hatte.
Mit dieser Szene beginnt „New Girl“. Beziehungsweise mit einer Szene, wie Jess diese Szene erzählt, während sie sich einer WG vorstellt, die sich ein bemerkenswert großes Loft in San Francisco teilt.
Und so wird Jess, die tollpatschige, aber grundloyale Middle-School-Lehrerin Anfang 30 mit Hang zu Fettnäpfchen, zur neuen Mitbewohnerin von Nick (ewig mürrischer Slacker), dessen bestem Freund Schmidt (eitler Karrieretyp) und Coach (disziplinierter Personal Trainer) – der allerdings bald durch Winston ersetzt wird (ehemaliger Profi-Basketballer und späterer Polizist). Gemeinsam mit diesen Jungs und ihrer besten Freundin Cece (chaotisches Model) bekämpft Jess ihren Liebeskummer. Dabei sind natürlich alle auf ihre jeweils eigene Art total spleenig und liebenswert. Nebenher ergeben sich zwei typische „Kriegen sie sich oder kriegen sie sich nicht?“-Storylines, über die aus Spoiler-Gründen an dieser Stelle nicht mehr gesagt werden kann.
„New Girl“ ist sehenswert, weil es herrlich unanstrengend, dabei aber auf eine kluge Art lustig ist – wenig flache Witze, dafür umso mehr übertriebene Albernheiten. Der beste Running Gag der Serie ist vermutlich das WG-Trinkspiel „True American“, bei dem niemand den Boden berühren darf und alle sehr viel Dosenbier exen sowie dauernd die Namen von Präsidenten rufen – ohne, dass man als Zuschauer versteht, was eigentlich die Regeln sind (es gibt den Mythos, dass auch die Autoren und Darsteller der Serie sie nicht kennen und das Spiel von außen einfach nur „möglichst komplex“ aussehen soll). Auch toll: Jess und Cece sind keine glattgebügelten All-American-Girls, sondern dürfen auch mal genauso trottelig und nerdig agieren (und das sogar, ohne gleichzeitig „unattraktiv“ zu sein), wie sonst nur die Jungs in Comedy-Serien. Sehr angenehm.
Wo findest du die Serie?
Staffeln 1 bis 5 auf Netflix oder Amazon Video. Staffel 6 erscheint gerade nach und nach bei iTunes (darunter schon eine Wahlkampf-Folge – und eine Crossover-Folge mit "Brooklyn Nine-Nine"!).
Der Zeitaufwand
Bieher gibt es insgesamt 121 Folgen. Das sind ungefähr 50 Stunden Material. Drei Binge-Wochenenden solltest du also einplanen.
Wo du Zeit sparen kannst:
Staffel 5 ist die bisher schwächste. Was vor allem daran liegt, dass Zooey Deschanel, die Jess spielt, ab Folge vier pausiert und ein Baby bekommen hat. In der Serie wird ihre Abwesenheit damit erklärt, dass Jess vor Gericht als Jury-Mitglied fungieren und darum für einige Zeit ausziehen muss. Als Zwischenmieterin zieht Reagan (Megan Fox) bei den Jungs ein – und weil die so irre attraktiv ist, ist die Staffel klischeebeladener und langweiliger als die davor.
Wie kannst du das vor deinem Gewissen rechtfertigen?
Die Welt (und dein Kopf und dein Gemüt) braucht einfach gute WG-Sitcoms! Denn nichts hilft besser gegen schlechte Laune, Liebeskummer, Schlafstörungen wegen fieser Erkältung oder Angst vor der nächsten Prüfung als eine Serie mit vielen Folgen, in denen oft die Sonne scheint, man die Protagonisten sehr gut kennenlernt und sich alle Freunde immer aufeinander verlassen können. Die Rechtfertigung lautet also einfach: Gönn dir!
Wenn du unbedingt eine handfestere, popkulturell relevantere Rechtfertigung haben willst, dann zählt vielleicht die Schöpferin und Produzentin als eine: Elizabeth Meriwether, Mitte 30, Stand-up-Comedienne, Feministin. Und damit eine der Frauen, die im Humor-Business so dringend gebraucht werden.
Außerdem haben die Kritiker „New Girl“ sehr gelobt, als die Serie anlief. Nicht nur, weil sie wirklich, wirklich witzig ist, sondern auch, weil es eine Frauenfigur wie Jess im Mainstream-Fernsehen vorher selten gab: mehr süß als sexy, ziemlich durchgeknallt, wahnsinnig tollpatschig, und oft so peinlich, dass man sich trotz aller Liebe zu ihr fremdschämen muss (es gab allerdings auch Kritik an ihrer "girlishness"). Plus: Diversitätspunkte für den Freunde-Reigen aus afroamerikanisch, weiß, indisch und jüdisch (ohne, dass Herkunft und Hintergrund der Freunde oft eine Rolle spielen würden – außer, sie eignen sich für einen guten Witz).
So fühlst du dich nach der Serie:
Wenn du in einer WG wohnst, beschließt du, niemals auszuziehen. Wenn du nicht in einer WG wohnst, beschließt du, sofort in eine einzuziehen.
Und jetzt?
Wenn du Lust auf noch mehr WG- und/oder Freunde-Serien hast, gäbe es da natürlich den Klassiker „Friends“ und den Mittlerweile-auch-schon-Klassiker „How I Met Your Mother“. Ansonsten könnten dir jetzt auch „Community“ und „Scrubs“ Spaß machen.