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Ganz viel Sex und eine Hommage an den Kompromiss

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Die Serie:

In „Easy“ wird viel gekifft, viel getrunken und sehr viel Sex gehabt. Heterosexueller Sex. Homosexueller Sex. Zu dritt. Nach einem „Sexy Hausfrau und starker Bauarbeiter“-Rollenspiel. Betrunken. Mit Vibrator. Mit großem Altersunterschied. Brav. Wild. Von vorne. Von hinten. Und das große Wunder bei alldem: Die Serie ist trotzdem niemals schlüpfrig oder schwitzig oder schmutzig. Sondern sehr, sehr ehrlich und lustig und ziemlich schön. 

 „Easy“, komplett geschrieben und produziert von dem Indie-Autor und -Regisseur Joe Swanberg, ist eine Episoden-Serie: Acht Folgen zeigen acht verschiedene Geschichten, die alle in Chicago spielen und sich alle rund um die Themen Liebe, Beziehungen und Sex drehen.

Den Auftakt macht ein Langzeit-Paar, dessen Sexleben eingeschlafen ist – und das plötzlich darüber nachdenkt, ob das vielleicht mit der Rollenverteilung in ihrer Ehe zu tun haben könnte: Sie die erfolgreiche Business-Frau mit Vollzeit-Job, er der Hausmann und Vater. Und gleich in der zweiten Folge ist das Setting komplett anders: Zwei junge Frauen lernen sich im Club kennen, aus einem One-Night-Stand wird eine Beziehung und die jüngere der Beiden hat das Gefühl, den Lebensstil der anderen (Aktivismus, Feminismus, Veganismus) übernehmen zu müssen.

So abwechslungsreich geht es weiter bis zum Schluss: Die verschiedenen Geschichten mit ihren unterschiedliche Protagonisten (deren Wege sich, wie es sich für eine gute Episoden-Geschichte gehört, hin und wieder kreuzen) greifen Themen auf wie Geheimnisse in der Beziehung, Privatsphäre, Online-Dating, Schluss machen, aber sich nicht loslassen können, oder Ex-Partner, die auf einmal in die Ehe reinfunken. Weil das nicht gerade Nischen-Themen sind, hat man manchmal Angst, dass jetzt gleich etwas sehr Erwartbares passiert. Aber dann passiert es nie! 

Swanberg schaffte es zum einen, dass der viele Sex immer sehr natürlich rüberkommt. Oft sogar so natürlich, dass es beinahe wehtut, wenn eine Hose umständlich ausgezogen wird oder die Leidenschaft zwischen zwei Menschen auf halbem Weg verlorengeht.

Zum anderen werden auch alle anderen fiesen Klischee-Klippen umschifft. Was in einer Serie über Beziehungen vor allem bedeutet: Egal, wie groß sich ein Konflikt aufbläht, am Ende macht kein einziges Mal ein Partner oder eine Partnerin dem jeweils anderen eine Szene. Es wird mal gestritten, ja. Aber es eskaliert nie. Und damit ist diese Serie vor allem: eine riesengroße, herzerwärmende Hommage an den Kompromiss! 

Wo findest du die Serie?

Auf Netflix.

Der Zeitaufwand:

Acht Folgen, jede dauert etwa 30 Minuten. Macht vier Stunden. Schaffst du an einem Abend.

Wo du Zeit sparen kannst:

Theoretisch: überall, weil ja jede Folge ohne alle anderen Folgen funktioniert. Praktisch: nirgends. Macht zu viel Spaß.

Wie kannst du das vor deinem Gewissen rechtfertigen?

Damit, dass du was fürs Leben lernst. Über Liebe und Beziehungen. Die Serie verzichtet auf unrealistische Romantik und und sagt dir einfach direkt ins Gesicht, dass du nicht alles haben kannst. Dass große Liebe manchmal kleinere Leidenschaft bedeutet. Oder andersrum. Und selbst, wenn du das schon längst weißt, kommt es hier so versöhnlich, so zärtlich, so undramatisch und wahnsinnig okay rüber, dass du ab sofort viel entspannter damit umgehen wirst. 

Wenn dir das zu meta-mäßig und schwerwiegend ist, gäbe es auch noch diesen Grund: Jeder, wirklich jeder, sollte den gealterten Orlando Bloom als Fitnesstrainer in Funktionskleidung, mit Handgelenk-Bandage und Smartwatch gesehen haben, wie er einen Dreier hat und sich dabei dauernd wünscht, dass alles „cozy“ und „comfy“ ist! Und Bloom ist eh nur einer von vielen super Schauspielern und Schauspielerinnen in „Easy“. Da wären zum Beispiel auch noch Dave Franco (kleiner Bruder von James Franco), Zazie Beetz (gerade sehr toll in „Atlanta“) und Kate Micucci (ist schon in diversen berühmten Sitcoms aufgetaucht und generell sehr, sehr toll und lustig, zum Beispiel im Comedy-Folk-Gesangsduo „Garfunkel and Oates“).

So fühlst du dich nach der Serie:

Du willst Zuckerwatte essen! In der Sonne! Völlig ironisch natürlich – aber sie schmeckt auch durch alle Ironie hindurch geil süß. Und danach umarmst du alle Menschen, die du magst, weil du dich so freust, dass es sie gibt.

Und jetzt?

Erstmal Hände waschen (wegen Zuckerwatte). Und dann „Love“ gucken, die tolle Judd-Apatow-Serie über Liebe in den 2010er Jahren. Passt thematisch und atmosphärisch gut – und außerdem hat Joe Swanberg bei einer der Folgen (Nummer 6, „Andy“) Regie geführt.

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