Ende April gingen grausame Bilder durch das Internet: Zu sehen war die Steinigung eines kurdischen Mädchens durch einen Mob wütender Männer, aufgenommen mit einer Handykamera. Die 17-jährige Doa, Mitglied der jesidischen kurdischen Minderheit, hatte sich in einen Sunniten verliebt und wegen ihm zum Islam konvertiert. Dafür musste sie sterben.
Das Video löste weltweit Entsetzen aus. Während die Ermittlungen gegen die Täter im Irak nur schleppend voran kommen, hat die irakische Organisation for Women’s Freedom in Iraq im Irak eine internationale Kampagne gestartet, um auf die Situation der irakischen Frauen aufmerksam zu machen.
Houzan Mahmoud ist irakische Kurdin und Mitinitiatorin der Kampagne. Die 34-Jährige lebt seit zwölf Jahren in London, studiert dort Internationale Beziehungen und schreibt für die britischen Tageszeitungen Guardian und Independent.
caroline-vonlowtzow
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Worum geht es bei der Organisation of Women’s Freedom in Iraq?
Unsere Organisation hat sich 2003 gegründet, gleich nach der Besetzung. Unser Ziel ist es, für Frauenrechte zu kämpfen und misshandelte Frauen zu schützen. Außerdem machen wir aufmerksam auf Gewalt gegen Frauen, die von den Besatzungsmächten, der irakischen Regierung und islamischen Milizen ausgeht.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Illustration: Julia Schubert
Der Gipfel des Frauenhasses: Die Steinigung von Frauen, hier nachgestellt auf einer Demonstration für die Rechte iranischer Frauen
Foto: reuters
Im April habt ihr die Internationale Kampagne gegen Tötungen und Steinigungen von Frauen in Kurdistan gegründet. Was sind eure Ziele?
Zum einen müssen Doas Mörder vor Gericht kommen. Steinigungen und alle anderen Formen der Gewalt gegen Frauen müssen endlich kriminalisiert werden: Die irakische Regierung legt bisher keinen Wert auf Frauenrechte. Die Nachlässigkeit ermöglicht Unterdrückung und Morde an Frauen in der Region.
Und wie wollt ihr das erreichen?
Wir haben eine Petition gestartet, die sich an die kurdische Verwaltung und an die irakische Regierung richtet. Bisher haben 6500 Menschen online unterzeichnet, und weltweit haben wir etwa 1000 Unterschriften gesammelt. Die Regierungen hier müssen mit internationalem Druck gezwungen werden, das Leben und die Rechte von Frauen zu schützen.
Wie ist die Lage für Frauen im Irak?
Nach aktuellen Erhebungen gab es im kurdischen Gebiet allein in den letzten drei Monaten 40 so genannte Ehrenmorde.
Das zeigt, dass Gewalt gegen Frauen im Irak an der Tagesordnung steht. Sie werden entführt, vergewaltigt, angegriffen und ermordet. Man muss auch einsehen, dass das Land ja auf Grund der Besatzung vollkommen im Chaos versunken ist. Das macht die Situation für Frauen noch gefährlicher.
Hat sich die Situation denn in den letzten Jahren deutlich verschlechtert?
Die Lage ist generell nicht gerade großartig heutzutage. Es gibt viel Terrorismus und die islamistischen Gruppen sind mächtiger als je zuvor, da sie von Iran und anderen Ländern unterstützt werden. Sie verüben alle möglichen terroristischen Anschläge – eben auch gegen die Unabhängigkeit der Frauen.
Meiner Meinung ist die Unterdrückung der Frauen in jeder Gesellschaft tief verwurzelt. Aber die politische Situation im Irak und in Kurdistan verstärkt ihren Opferstatus natürlich. Krieg, Mangel an Sicherheit, reaktionäre Regimes: All das wirkt zusammen gegen Frauen.