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Bloggen aus der Banlieue: Idir über das Leben in der Banlieue und den Wahlkampf in Frankreich

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Warum bist du zum Blogger geworden? Ich schreibe einfach gerne. Und ich will den Leuten ein anderes Bild vom Leben in der Banlieue vermitteln. Viele Medien beschreiben es zu oft nur in schwarz oder weiß, meistens aber ausschließlich in schwarz. Wer liest denn den Blog? Die meisten Leser kommen aus Paris oder der Provinz, ich würde sagen, ungefähr zwei Drittel von ihnen. Ich denke, dass ein Drittel meiner Leser in der Banlieue lebt. Wie reagieren die Leser auf deine Texte? Einige Reaktionen sind sehr interessant und tragen zur Debatte bei. Die Kommentare sind ein essenzieller Bestandteil eines lebendigen Blogs, auch wenn sie manchmal gehässig sind. Es ist leicht, so etwas zu schreiben, wenn man sich hinter seinem Bildschirm verstecken kann. Aber das ist wohl einfach Teil des Spiels.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Wie wirkt der Wahlkampf bisher auf dich? Nun, es passiert nichts Neues, es ist einfach ein klassischer Wahlkampf, ein Duell der Sozialisten und der Konservativen. Ich fände es toll, wenn es irgendwelche Überraschungen geben würde, wenn auch natürlich keine bösen. Was könnten das denn für Überraschungen sein? Ich habe keine konkreten Ideen. Ich weiß auch noch gar nicht, für wen ich stimmen soll. Aber die Menschen haben den Eindruck, nicht wirklich eine Wahl zu haben, dass es egal ist, ob es Sego wird oder Sarko. Wenn es jedoch Bayrou oder ein anderer wird, wäre das Ausdruck eines Erdrutsches, auch wenn sich nicht zwangsläufig etwas verändern wird. Hast du den Eindruck, dass die Kampagnen von Nicolas Sarkozy und Ségolène Royal die Probleme der Banlieue ansprechen? Ich hatte eigentlich gedacht, dass die Banlieue bei dieser Wahl eine größere Rolle spielt, aber das ist leider nicht der Fall. Ich warte immer noch auf eine Art Marshall-Plan, der die Banlieue aus ihrem Loch herausholt. Interessieren sich die jungen Franzosen denn für den Wahlkampf? Ein wenig schon. Aber ich muss zugeben, dass sich das bei mir und meinen Freunden auf nicht besonders ernsthafte Diskussionen auf der Straße beschränkt. Wenn man sich ansieht, wie wenig Raum man den jungen Menschen in der Politik gibt, verstehe ich aber, dass es viel Desinteresse gibt. Erwecken die Kandidaten den Eindruck, dass sie etwas aus den Vorstadtunruhen oder den Studentendemonstrationen gelernt haben? Ob sie ehrlich etwas gelernt haben? Nein. Mittlerweile versuchen sie sich ein bisschen Mühe zu geben, was die Zusammenstellung ihrer Teams angeht. Sie achten darauf, dass sie Menschen mit unterschiedlicher Hautfarbe in die Verantwortung holen. Aber insgesamt bleiben die politischen Eliten dieselben, die Probleme ebenso. Die Banlieue gilt in der allgemeinen Wahrnehmung als Problemzone. Kannst du das bestätigen? Ich wohne noch im Haus meiner Eltern, von daher könnte man sagen, dass für mich alles ziemlich gut läuft. Ansonsten würde ich sagen, dass das größte Problem für mich der Arbeitsmarkt ist. Diejenigen, die wie ich einen so genannten Bac+5-Abschluss gemacht haben, sind sehr enttäuscht, weil ein geisteswissenschaftliches Studium in Frankreich nichts mehr wert ist. Die französischen Unis haben sich nicht an die Arbeitswelt angepasst. Die Berufsberatung in den Schulen der Banlieue ist sehr mittelmäßig. Die so genannten „filieres professionelles“, das sind Ausbildungen an der Berufsoberschule, sind mittlerweile total wertlos. Nur die renommierten Grandes Ecoles zählen wirklich was. Man sagt hier oft, dass Berufsausbildungen in Deutschland mehr geschätzt werden, dass ein Kind gefördert wird, wenn es Klempner werden will. In Frankreich muss man sich dagegen dafür schämen und gilt als Schulversager, wenn man so einen Beruf machen möchte. Man sagt uns, dass wir Abitur machen sollen, aber danach zeigen uns die Lehrer und Berufsberater keine anderen Perspektiven auf, als in der Banlieue auf die Uni zu gehen. Warum sagt man den Leuten hier nicht, dass auch ein Bäcker genug für seinen Lebensunterhalt verdient? Warum lässt man die Leute sich in Soziologie einschreiben, obwohl sich niemand über vierzig davon ernähren kann? Hast du die Erfahrung gemacht, dass man, wenn man aus der Banlieue stammt, weniger Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat? Ich persönlich bisher nicht, aber manche Leute, die ein Ingenieurdiplom in der Tasche haben, sind einfach aus dem Grund arbeitslos, dass sie schwarz sind oder einen arabischen Namen haben. Ich denke mir das nicht aus: Mein Bruder wurde zum Beispiel gefragt, ob er nicht seinen Namen ändern möchte, um Arbeit zu finden. Wer hat das denn gefragt? Sein Forschungsleiter an der Uni. Mein Bruder war der einzige seiner Studenten, der keinen Praktikumsplatz gefunden hat. Der Typ meinte, dass wir den Menschen seit dem 11. September Angst machen und dass er uns deshalb nicht vermitteln kann. Ändert eure Vornamen, hat er danach gesagt. Was hältst du vom Internetwahlkampf der Kandidaten, der ja mittlerweile so weit vorangeschritten ist, dass sie als Avatare in „Second Life“ auftreten und sich ihre Anhänger virtuell bekämpfen? Ich muss beschämt gestehen, dass ich „Second Life“ bisher ignoriert habe, ich habe bisher noch keinen Ausflug in dieser Welt unternommen. Aber es gibt eine Reihe von sehr aktiven Bloggern. Für mich sind sie eine Art fünfte Gewalt.

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