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Basishelden: Paula hat in Nairobi die "Global Young Greens" gegründet

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Ihr habt in der vergangenen Woche in Nairobi die „Global Young Greens“ gegründet. Wie kam es dazu? Einen konkreten Anlass zur Gründung gab es nicht. Die Idee schwebt schon einige Jahre im Raum und irgendwann haben einige Leute die Initiative ergriffen. Das Netzwerk bietet die Möglichkeit, Ideen für politische Aktionen und Kampagnen weltweit auszutauschen und Informationen aus erster Hand zu bekommen. Außerdem wollen wir durch Seminare und Praktika Menschen aus aller Welt zusammen bringen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Wie kann man sich „Global Greens“ vorstellen. Seid ihr eine Partei? Es gab viele Debatten darüber. Die einen wollten eine feste Organisation gründen, die anderen eher ein loseres Netzwerk. Wenn wir da abgestimmt hätten, hätte ein Lager eine knappe Mehrheit gehabt und die andere Hälfte wäre ziemlich unzufrieden gewesen und hätte sich überlegt, ob sie da überhaupt mitmachen will. Letztlich haben wir aber einen Kompromiss gefunden, mit dem alle zufrieden sind. Es gibt jetzt eine Gruppe von 14 Leuten, die alles koordiniert und hoffentlich den nächsten Kongress plant und wir haben einige dinge, die uns wichtig sind, in einer Satzung festgeschrieben. Auf welche Ziele habt ihr euch denn geeinigt? Wir haben zwölf Basisprinzipien beschlossen, denen alle Organisationen, die den „Global Young Greens“ beitreten wollen, zustimmen sollten. Da gehört natürlich Umweltschutz mit dazu, aber auch soziale Gerechtigkeit, Geschlechtergerechtigkeit oder Freiheit von Diskriminierung. Hat denn da weitgehend Einigkeit geherrscht oder gab’s auch Themen, bei denen Grüne aus un-terschiedlichen Ländern ganz unterschiedliche Ansichten hatten? Ich hätte vor dem Treffen gedacht, dass es da mehr Streit gibt. Klar: Umweltschutzthemen stehen an erster Stelle, denn die verbinden uns so gut wie alle. Aber ich hätte gedacht, dass gerade bei den umweltorientierten NGO’s, die am Gründungstreffen teilgenommen haben, der Vorbehalt gegenüber anderen Themen wie soziale Gerechtigkeit oder Geschlechtergerechtigkeit größer ist. Das war aber nicht so. Wir haben uns ziemlich schnell darauf ge-einigt, dass gerade auch diese Themen dazu gehören. Wo es im Vorfeld große Diskussionen gab, ist das Thema Homosexualität. Drüber wird in Afrika überhaupt nicht öffentlich diskutiert, weil es sehr verpönt ist. In westlichen grünen Bewegungen sind gleiche Rechte für Homosexuelle natürlich ein großes Thema. Da gab es im Vorfeld auf den Email-Listen großen Dissens. Aber das ist vielleicht auch die Chance von so einem Netzwerk, dass wir auch bei solchen Themen eine gleiche Basis finden. Wir wollen ja kein Netzwerk sein, in dem sich nur Leute zusammenfinden, die irgendwas mit Umwelt zu tun haben, aber nicht zu den Menschenrechten stehen. Deswegen haben wir ja die Basisprinzipien beschlossen. War es denn für euch als deutsche Grüne schwierig zu akzeptieren, dass ihr mit euren Maximalwünschen vielleicht keinen Erfolg hattet? Nein, überhaupt nicht. Man darf auch, gerade wenn man aus Europa kommt, nicht mit so einem Maßstab dahin fahren, dass alles, was wir in Europa sagen, das einzig Wahre und Richtige ist. Ich war generell überrascht, über wie viele Dinge wir uns einigen konnten. Ich hätte zum Beispiel nicht ge-dacht, dass für so viele afrikanische Gruppen Geschlechtergerechtigkeit ein wichtiges Thema ist. Es gab zum Beispiel nur wenig Diskussion darüber, dass wir diese Koordinierungsgruppe nach grüner Tradition zur Hälfte mit Frauen und zur Hälfte mit Männern besetzt haben. Wie war denn generell das Verhältnis zwischen den Teilnehmern aus der Dritten Welt und denen aus Industrieländern? Wart ihr die Meinungsführer, weil ihr ja auch mehr organisatorische und administrative Erfahrung habt? Es war natürlich nicht hundertprozentig ausgewogen, aber schon ganz gut. Es gab keine Gruppe, die total dominiert hat. Natürlich hatten die europäischen Organisationen mehr Erfahrung, was Kongresse, Diskussionen oder Abstimmungen angeht, einfach weil es bei uns schon lange ein super organisiertes Netzwerk von jungen Grünen gibt. Wir haben aber auch immer versucht, die Afrikaner noch stärker mit einzubinden und das hat letztendlich auch geklappt. Gab es richtig konfrontative Situationen, bei denen sich Grüne aus den reicheren Ländern und Grüne aus den ärmeren Ländern gegenüber standen? Die einzige Konfrontation gab es innerhalb der afrikanischen Gruppe. Die afrikanischen Länder lernen gerade erst miteinander zu arbeiten. Es gibt ziemliche Reibereien, gerade zwischen den französisch- und den englischsprachigen Ländern. Da wird ganz genau geschaut, dass jede Gruppe gleich viel repräsentiert ist. Das braucht noch viel Arbeit, da so eine Verbindung herzustellen wie bei den europäischen Ländern. Das liegt aber auch daran, dass sie sich gar nicht verständigen können, weil sie die jeweils andere Sprache nicht sprechen. Hast du angesichts der Themen, mit denen sich die deutschen Grünen teilweise beschäftigen, manchmal das Gefühl gehabt, dass wir totale Luxusprobleme haben? Ich denke da zum Beispiel an eure Download-Initiative. Schwer zu sagen. Informationsfreiheit ist durchaus auch in Afrika ein Thema. Mich hat zum Beispiel überrascht, dass es auch in dem eher ärmeren Viertel in Nairobi, in dem unser Camp war, Internetcafés gab. Der Download von Musik ist da vielleicht kein Thema, aber Softwarelizenzen schon. Jetzt waren die Teilnehmer ja nicht alle Vertreter von grünen Parteien, sondern kamen auch von NGO’s. Wollt ihr, dass jetzt alle grüne Parteien gründen, wenn sie wieder zu Hause sind? Auch, aber nicht unbedingt. Gerade in vielen afrikanischen Staaten ist das Verhältnis von Gesellschaft und Parteien ganz anders als bei uns. Da sind Parteien noch viel suspekter als hier. Wenn es darum geht, Jugendliche zur Partizipation zu bewegen, ist es vielleicht hilfreicher, wenn man eine NGO hat oder eine andere unabhängige Gruppe, als eine Partei zu gründen. Es gibt auch andere Bestrebungen. Die Teilnehmer aus Pakistan wollen jetzt mit ihrer grünen Partei zum ersten Mal bei einer Wahl antreten. Und aus dem Kongo kamen auch Anfragen nach dem Motto. „Wir hätten jetzt Lust, eine Partei zu gründen, könnt ihr uns unterstützen, was Ideen oder Strukturen angeht.“ Was sind die nächsten Schritte? Ganz konkret hoffe ich, dass in den nächsten Monaten die Homepage aufgebaut wird und dass das ein Ort ist, an dem man sich gegenseitig austauschen kann, zum Beispiel über Ideen für Aktionen oder Kampagnen. Dass man erfährt, wenn die Gruppe aus Äthiopien eine gute Idee hat oder dass die in Kanada mit Internetvoting arbeiten. Der Klimawandel ist eines der Themen, das man in nächster Zeit angehen kann, wenn man überlegt, eine weltweite Kampagne zu machen.

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