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S. Deluxe oder Chicks on Speed: Was diese 5 Songs über Ausverkauf erzählen

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BÖSE WITWE "AWFUL" von Hole

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ähnlich wie ihre Labelkollegen von Nirvana sah sich die Grungeband Hole seit den wachsenden Verkaufszahlen und spätestens seit ihrem Labelwechsel zum bösen Major ständig mit penetranten Ausverkauf-Vorwürfen aus der Indie-Ecke konfrontiert. Auf ihrem dritten Studioalbum vollzog Sängerin Courtney Love dennoch den endgültigen Wandel vom ungekämmten Grungeact zum Mainstreamtauglichen Rock-Glamour-Girl und klang so poppig wie noch nie. Dass sie immer noch eine große Klappe hat und sich zu behaupten weiß, zeigen die Lyrics auf Awful. In diesen nimmt sie auf ihre Vergangenheit als ehemaliges Riot Girl lakonisch Bezug – „I was punk / Now I’m just stupid / I’m so awful“, nur um ihren Widersachern und Kritikern in der nächsten Zeile ein schnoddriges "Oh, just shut up, you’re only 16“ entgegenzuschleudern – und zeigt: Celebrity Skin schützt vor freier Meinungsäußerung nicht. +++ KLEINE PREISE "SELL-OUT" von Chicks On Speed Auf ihrem dritten Album setzen sich die Konzeptkünstlerinnen kritisch mit den Auswirkungen des Kapitalismus auf die Popwelt im Allgemeinen und der Kommerzialisierung von Popmusik im Speziellen auseinander. Logisch, dass auf dem programmatisch mit 99 Cents betitelten Album des Trios auch der klassische Ausverkauf ein unumgängliches Thema ist. „Exploit yourself, just sellout / Cash cards, just sellout / Do it to yourself before it’s done to you “ Nutze dich selber aus, bevor es andere tun!“ – lautet die Devise. Ausgerechnet auf ihrem Majordebüt klingen die Chicks so gesellschaftskritisch wie nie zuvor („Kommerz sucks. Marketing isn’t cool.“) und zeigen: Selbstausbeutung ist okay – just do it yourself! Das alte Prinzip Subversion durch Affirmation ging jedoch nur zur Hälfte auf: Der Tiefpreis des zunächst für nur 9,99 Euro auf den Markt gebrachten Tonträgers wurde bald darauf von der Plattenfirma nach oben korrigiert. +++ ALLES SCHLAMPEN "CAPITALISM STOLE MY VIRGINITY" von The (International) Noise Conspiracy

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Auf ihrem zweiten Album verkünden die politisch ambitionierten Schweden den Ausverkauf der Menschheit und verpacken ihre marxistischen Thesen in elf Protestsongs. Einer davon ist Capitalism Stole My Virginity und handelt eben von, nun ja, dem Ausverkauf der gesamten Menschheit: „We are all sluts, cheap products, in someone else’s notebook“, singt Dennis Lyxzén, und dass die Tage unserer Unschuld gezählt sind. Auch von „corrupted dreams“ und „smashed illusions“ ist da die Rede, bevor Rädelsführer Lyxzén optimistisch zur finalen Revolution aufruft („But now we are unsentimental and unafraid to destroy this culture that we hate“), weil er so „tired of being nothing“ ist. Selten klingt Kapitalismuskritik so beschwingt. Und dann noch: Massive Töne und Samy Deluxe und was sie mit Ausverlauf zu schaffen haben.


GROSSE TÖNE "CHARTBREAKER (EINMAL STAR UND ZURÜCK)" von Massive Töne Wenn Popstars sich um den Verfall der Musik sorgen, kommt selten Gutes dabei raus. Vor allem, wenn sie ihre Gedanken zu Papier bringen oder – schlimmer noch – auf Vinyl pressen. Das Stuttgarter Hip-Hop-Gespann Massive Töne beschäftigt sich in seiner Singleauskopplung Chartbreaker mit der "DSDSierung" unserer Gesellschaft. Die Story ist schnell erzählt. Ein Mädchen (natürlich!) greift nach den Sternen und wird schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeworfen ("einmal Star und zurück"). Zuvor macht "die Kleine" noch Bekanntschaft mit dem berüchtigten Dreigestirn der Popindustrie (Casting, Besetzungscouch, Ghostwriter), "kam brutal rum, kennt jede Kleinstadt samt Solarium", landet mit ihrem ersten Album einen waschechten Chartbreaker, floppt mit dem Nachfolger und tingelt dann mit "beschissenen Auftritten" durch "deutsche Großraumdissen". Von zerplatzten Seifenblasenträumen ist da die Rede, die sonst höchstens noch in albernen Bravo-Fotoromanen auftauchen. Abgestraft für solche Phrasendrescherei wurde das Trio spätestens mit dem darauf folgenden Album: Auf diesem klangen die Massiven dann selbst so kommerziell, dass sie sich damit jeglichen Respect bei ihren alteingesessenen Fans verspielt hatten und in der Versenkung verschwanden. +++ NUR KLOPAPIER "SELL OUT SAMY" von Samy Deluxe

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Der zu Beginn der Nullerjahre extrem erfolgreiche Rapper Samy Deluxe verkaufte irgendwann zu viele Platten, um noch als credible gelten zu können. Durch diesen Umstand – gepaart mit seinem großmäuligen Auftreten – waren Streitereien vorprogrammiert. Es hagelte Negativkritik, besonders von Seiten der ernsthaften Musikpresse. Vor allem das renommierte Hip-Hop-Magazin Juice hatte es auf den egomanischen MC abgesehen und widmete Samy einen langen Artikel mit der Überschrift S.O.S. – Sell Out Samy. Doch Sellout-Samy schlug zurück. Und zwar in Form des gleichnamigen Diss-Tracks, in dem er mit dem Blatt kurzen Prozess macht und sich wenig schmeichelhaft über die Schreiberlinge äußerte: "Kids, ihr könnt bei fast jedem Rapper in Deutschland nachfragen / alles Loser, die's in der Szene zu nix gebracht haben." Und weiter: "Ich hab ein Juice-Abo, nur falls mir das Klopapier ausgeht, du hast schon kapiert, ich scheiß darauf, was da drin- oder draufsteht."

Text: katja-peglow - Fotos: dpa, Glen Friedman (oh)

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