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Hausmann: Wie finden Frauen das Konzept Hausmann?
Liebe Frauen,
wird irgendwo über die Vereinbarkeit von Beruf und Haushalt und Familie gesprochen, habe ich manchmal die Melodie eines alten DDR-Kinderlieds in den Ohren. „Wenn Mutti früh zur Arbeit geht“, trällert ein kleines Kind darin, „dann bleibe ich zu Haus“. Ich bin in Ostdeutschland aufgewachsen, und in der DDR war es schlicht normal (und politisch gewollt), dass Mutti eben zur Arbeit geht, genauso wie Vati. So ist es bei vielen bis heute geblieben. Vergessen darf man aber nicht, dass es auch im Osten in der Realität oft nur eine Alternative zu diesem Modell der Gleichberechtigung gab: die Hausfrau. Den Hausmann eher nicht.
Wie aber wäre es, liebe Frauen, wenn man den DDR-Gedanken ein wenig weiterspinnt und man sagt: Mutti geht zur Arbeit. Vati bleibt daheim. Dort kümmert er sich dann in Vollzeit um alles andere, den Haushalt, die Kinder und das, was sonst noch so anfällt. Hättet ihr darauf Lust?
Frauen übernehmen immer noch mehr Hausarbeit als die Männer
Über die gerechte Aufteilung der Care-Arbeit wird derzeit wieder viel gesprochen und geschrieben. Laut einer aktuellen Studie, die unter anderem die Universität Bielefeld durchgeführt hat, kümmerten sich in der Corona-Zeit Männer im Schnitt 1,5 Stunden am Tag um den Haushalt, während Frauen 2,5 Stunden dafür aufwendeten. Mit der Betreuung der Kinder beschäftigten sich Männer gut vier Stunden und Frauen fast acht Stunden am Tag.
Momentan ist das Ideal unter vielen Jüngeren ja eher eines, das auf Gleichheit der Geschlechter aus ist: das Streben danach, die Arbeit möglichst fair aufzuteilen zwischen Mann und Frau. Du bringst den Müll raus, ich räum dafür die Spülmaschine ein. Ich putze in dieser Woche die Wohnung, du dafür in der nächsten. Die Männer in meinem Freundeskreis, die mit einer Partnerin zusammenleben, versuchen zumindest, die Lücke in der Care-Arbeit zu schließen, weil sie wissen, dass alles andere irgendwie von gestern ist. Und weil es einfach unfair wäre.
Aber wie schon in der DDR scheitert man auch heute oftmals an der Realität. Frauen übernehmen immer noch mehr Hausarbeit als die Männer, so wie es die oben genannte Studie ja zeigt. Wäre es dann ein nicht verlockender Gedanke für euch, liebe Frauen, wenn ihr sagen könntet: „Schluss damit!“ Wäre es nicht eine befreiende Vorstellung, würden euch die Männer all das vollständig abnehmen?
Schon klar, es gibt nicht viele Jobs, gerade für Jüngere, in denen man so viel verdient, dass man mit einem einzigen Einkommen eine ganze Familie versorgen könnte. Aber so wie der Sozialismus eine Utopie war, so könnte man auch dieses Gedankenexperiment zumindest in der Theorie einmal als eine Art Utopie zu Ende denken: Ist der 24/7-Hausmann für euch also eine Vorstellung, nach der ihr euch manchmal sehnt? Wir würden die Kinder wickeln, den Fußboden wischen. Auch auf einen nicht endenden Vorrat an Flüssigseife im Bad wäre durch uns Verlass. Oder findet ihr es schlicht altbacken, da die Geschlechter-Verhältnisse dann zwar auf den Kopf gestellt wären, aber ja immer noch schief sind – nur eben anders als davor?
Eure Männer
Die Antwort:
Liebe Männer,
ich tauche mal kurz ein in diese Utopie, in der ich Kinder habe, Vollzeit arbeite und der Partner sich um den Haushalt kümmert: Da gehe ich in der Früh aus dem Haus, bekomme vielleicht sogar einen Kaffee und eine Lunch-Box hingestellt (damit ich am Mittag nicht wieder Frittiert-mit-Frittiert in der Kantine essen muss). Fahre in die Redaktion, kriege den ganzen Tag keinen Anruf aus der Kita oder aus der Schule und radle dann gemütlich heim. In der Wohnung ist der Wäschestapel verschwunden, der Kühlschrank gefüllt, das Bad geputzt. Kann ich also Fahrradhelm und Tasche in die Ecke werfen und mich bei einem kalten Bier erstmal drüber auslassen, wie anstrengend mein Arbeitstag war.
Klingt erstmal ganz gut. Bis mir einfällt, dass ich von meinen (dann vorhandenen) Kindern an so einem Tag so ziemlich nichts mitbekomme.
Habt ihr schonmal eine Reportage über eine Hausfrau gelesen? Ich auch nicht
Tatsache ist: Ein solches Leben führen, wie von euch auch schon beschrieben, bisher vor allem Männer. Die 2017 veröffentlichte OECD-Studie „Dare to Share“ zeigt: Väter sind in Hetero-Beziehungen noch immer die Hauptverdiener in der Familie, 93,7 Prozent von ihnen arbeiten Vollzeit.
Fun Fact: Gibt man „Frauen Hausfrau“ in eine Suchmaschine ein, kommt zuerst ein Wikipedia-Artikel: „Als Hausfrau wird eine Frau bezeichnet, die sich vorrangig der Haus- und Familienarbeit widmet“, steht da. Googlet man „Männer Hausmann“ kommt – Überraschung – ein Text, der sich damit auseinandersetzt, ob und wieso Männer überhaupt Hausmänner sein könnten. Und wenn wir schon beim Googeln sind: Habt ihr schonmal eine Reportage über eine Hausfrau gelesen? Ich auch nicht. Über Hausmänner dagegen gibt es mehrere. Allein das sagt ja schon einiges.
Würden wir das umkehren wollen? Um eine Antwort zu finden, habe ich eine Umfrage in meinem Bekanntenkreis gestartet. „Ich fände das toll“, sagt eine Freundin. „Vor allem, weil ich mir viel Stress mache, wie ich Arbeit und Familie vereine – das würde bei mir total den Druck rausnehmen.“ So geht es tatsächlich vielen meiner Freundinnen, wobei ich sagen muss: Die wenigsten von ihnen haben schon ein Kind, die meisten leben in einer Stadt und sind noch recht frisch im Job. Das ist natürlich nicht repräsentativ.
Noch immer sind es vor allem die Frauen, für die ein Kind auch mit einem Knick in der Karriere einhergeht. Wenn man weiß, dass der Partner das abfängt – sehr entspannende Vorstellung. Eigentlich. Denn andere Frauen fürchten, in Vollzeit viel Zeit mit den zukünftigen Kindern zu verpassen. „Vielleicht bin ich auch ein bisschen egoistisch, wenn ich nicht will, dass mein Mann Hausmann ist, weil ich schon gerne Zeit mit meinen Kindern hätte“, erzählt eine Freundin. Sie ist nicht die einzige der befragten Frauen, die so etwas sagt. Außerdem erzählen einige, dass sie sich das Hausmann-Modell nur mit einem Partner vorstellen könnten, dem sie in punkto Erziehung komplett vertrauen. Und eine sagt nur trocken: „Wenn er dann auch wirklich den Haushalt macht – wieso nicht.“
Viele von ihnen wollen die klassische Rollenverteilung aufbrechen. „Ich glaube prinzipiell, dass es nie gut ist, wenn einer voll Hausfrau oder Hausmann ist und der andere quasi voll das Leben finanziert“, sagt eine Bekannte. Ganz allein verantwortlich zu sein für das Geld, damit fühlen sich einige der Befragten auch nicht wohl. Andere finden das Hausmann-Modell genauso altbacken wie das Hausfrau-Modell: „Ich finde es komisch, dass sich Eltern für die Kinder aufopfern sollen und daheim bleiben müssen, wenn sie auch Selbstverwirklichung im Job sehen“, sagt eine ehemalige Kollegin. Die meisten wünschen sich ein Modell, in dem beide alles gleich aufteilen.
Wollen wir also Hausmänner? Ja! Nein! Vielleicht!
Ihr seht: Wir machen uns zu dem Thema ziemlich viele Gedanken und kommen trotzdem nicht zu einer deutlichen Antwort. Dass das eh alles unvorhersehbar ist, wissen wir natürlich auch. Ein Kind kann eine Behinderung haben und dadurch intensiver betreut werden müssen, man selbst kann krank werden oder merken, dass das Kind einem mehr gibt als der Beruf. Und am Ende muss man ja auch entscheiden: Soll mein Kind schnell in die Kita? Will ich es lieber selbst betreuen? Kann ich mir das finanziell leisten? Wie viel Geld brauche ich zum Leben?
Was wir alle wollen, ist eine Beziehung auf Augenhöhe – auf allen Ebenen. Wir wollen nicht unbezahlte Care-Arbeit leisten und nicht diejenigen sein, die irgendwie am Ende doch alle Termine und Geburtstagsgeschenke im Blick haben, egal, ob wir arbeiten oder nicht.
Klar ist: Jedes Paar muss für sich entscheiden, wie es sich Haushalt, Geld verdienen und die Erziehung von Kindern aufteilen will – und aufteilen kann. Damit wir das aber frei entscheiden können, muss sich dennoch etwas ändern. Teilzeit sollte in viel mehr Jobs möglich werden, auch in denen, in denen das angeblich gerade nicht geht. Durch mehr Hausmänner würde auf jeden Fall das Bewusstsein dafür steigen, dass es andere Modelle gibt als die traditionellen. Und dass wir die wollen.
Deswegen: Wenn ihr Hausmann sein wollt, das finanziell klappt und eure Partnerin voll arbeiten möchte – wir stehen euch da nicht im Weg.
In diesem Sinne viel amour und viel Spaß beim Bad putzen.
Eure Frauen