Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Das Team macht's

Hippe Räume - schön und gut, Geld - noch besser. Am meisten aber profitieren Ausgründungen von Unis, wenn sich ein Team findet, dessen Mitglieder gut miteinander können.
Foto: proxyclick.com / Unsplash

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Es stand auf Spitz und Knopf: Würden die Server dem Ansturm der Nutzer standhalten? Oder würde das hoffnungsvolle Start-up unter dem großen Andrang kollabieren? Ein Opfer des eigenen Erfolgs, weil es die Suche im Internet regelrecht revolutioniert hatte? Nun, Google überlebte, doch Schwierigkeiten wie diese, von denen der achte Mitarbeiter des Unternehmens, Urs Hölzle, kürzlich berichtet hat, gibt es bei vielen Start-ups. Und viele überleben sie nicht.

Aber es sind keineswegs immer technisch-organisatorische Probleme, die Start-ups zum Scheitern bringen. Viel wichtiger noch sind weiche Faktoren wie Teamfähigkeit und Selbstvertrauen. Zu diesem Zwischenergebnis kommt eine Studie des Entrepreneurship Research Institute der Technischen Universität München (TUM ERI). Deutschland ist zwar eines der weltweit führenden Länder, wenn es um Spitzenforschung geht. Das Weltwirtschaftsforum setzte Deutschland in puncto Innovationsfähigkeit 2018 sogar auf den ersten Platz. Doch aus den vielen guten Ideen, die an den Forschungseinrichtungen entstehen, werden letztlich zu wenige Unternehmen. Nur fünf Prozent der Absolventen gründen, in Estland zum Beispiel sind es 19 Prozent.

„Gründer von Hightech-Start-ups tun sich oft sehr schwer, die richtigen Teammitglieder zu finden“, sagt Nicola Breugst. Die Professorin für Entrepreneurial Behavior am TUM ERI und ihr Team interessieren sich vor allem dafür, welche psychologischen Faktoren dafür verantwortlich sind, dass Uni-Absolventen gar nicht erst ein Start-up gründen oder dass Start-ups scheitern. Was ist der Grund dafür, dass man sich im Silicon Valley einfach traut, während in Europa viele die Sicherheit einer Festanstellung suchen?

„Tech-Gründer sind oft begeistert von ihrer Idee. Aber welches Problem löst sie?“ 

Das richtige Team zu finden, ist nach den bisherigen Ergebnissen der Studie der entscheidende Faktor, nicht etwa äußere Einflüsse wie zum Beispiel, dass in Europa weniger Geld für Start-ups zur Verfügung steht. „Wenn Menschen auf eine solche Reise gehen wollen, sind die Rahmenbedingungen zweitrangig“, sagt Breugst. Entscheidender sei das Team. Teams sollten ja eigentlich möglichst interdisziplinär sein. „Aber das Studium ist eben in Bereiche unterteilt.“ Daher täten sich viele Gründer schwer, Teammitglieder aus anderen Fachbereichen zu finden.

Als Institut der TU konzentriert sich Breugsts Studie auf technisch geprägte Start-ups. „Tech-Gründer“, sagt sie, „sind oft begeistert von ihrer Idee.“ Doch man müsse sich auch immer fragen: „Welches Problem löst sie?“ Sie rät daher zu einem mehrstufigen Vorgehen. Zunächst einmal müsse das Bewusstsein dafür da sein, dass man mit seinen Ideen eine Firma gründen könne. „Da haben die deutschen Unis stark aufgeholt“, sagt Breugst. Es gebe viele Kurse, in denen Basiswissen zu Gründungen vermittelt werde.

Der zweite Schritt sei, sich zu trauen, das Wagnis einer Gründung einzugehen. Dazu müsse man Fertigkeiten wie Management erlernen, aber auch eine Haltung entwickeln, die es einem möglich macht, die Unsicherheit auszuhalten, die eine Gründung mit sich bringt. Danach kann man sich daranmachen, Teampartner zu suchen. Erst dann komme die konkrete Idee. Am Anfang stehe oft erst mal ein vages „da könnte man doch was machen“. Eine konkrete Idee, sagt Breugst, müsse aber schon mehr sein als ein Hirngespinst.

Was die Suche nach weiteren Teammitgliedern so schwer macht, ist vor allem die Kommunikation. „Wir haben Videoaufnahmen von solchen Treffen gemacht“, erzählt Breugst, „anfangs, wenn sie darüber reden, ist alles nett.“ Doch wenn es um die konkreten Ideen geht, zeige sich, dass die potenziellen Gründer oft aneinander vorbeireden. „Sie sprechen ganz offensichtlich nicht dieselbe Sprache. Die jeweils anderen können gar nicht einschätzen, was sie da hören.“

nicole breugst

Nicola Breugst, Jahrgang 1983, war bei ihrer Berufung an die TU München 2012 die jüngste Professorin. Die Psychologin und Ökonomin erforscht mit ihrem Team vor allem die menschliche Seite von Tech-Gründungen

Credit: oh

Aber auch wenn ein Team sich zusammengefunden hat, gebe es viele Probleme auf der sozialen Ebene. Eine Gründung, sagt Breugst, bringe eben viel Stress mit sich, das führe zu Konflikten und schaffe Reibungspunkte. Interessant auch dieses Ergebnis: Viele Mitglieder eines Gründungsteams haben den Eindruck, sie müssten die Kastanien für die anderen aus dem Feuer holen. Dazu würden Teammitglieder einzeln befragt nach ihrem prozentualen Arbeitsanteil im Team. „Der Gesamtwert lag oft über 100 Prozent.“

Frauen bringen andere Denkweisen in Start-ups ein

Frauen sind schon bei Start-up-Gründungen deutlich in der Minderheit. Bei Hightech-Start-ups ist ihr Anteil noch geringer. „Das ist wie ein Teufelskreis“, sagt die Wissenschaftlerin, „es passt nicht ins Selbstbild vieler Frauen. Tech-Gründer, das sind doch Männer, die in Garagen tüfteln.“ Um den Teufelskreis zu durchbrechen, müsse man Frauen besser sichtbar machen. Es gebe Mentorenprogramme. „Aber das ist leider sehr schwierig.“

Dabei könnten Frauen eine andere Denkweise in ein Start-up einbringen. Beim erfolgreichen Start-up Inveox, das sich darum kümmert, medizinische Proben vor Verwechslungen zu schützen, erzähle die weibliche Mitgründerin sehr bewegend von Fehlern, die passiert seien. Ihr Mann und Mitgründer dagegen spricht vor allem über die dahinterstehende Technik. Frauen gehe es bei Gründungen auch oft mehr darum, mit dem Unternehmen etwas Sinnvolles zu tun.

Egal, welches Produkt man auf den Markt bringen will: Wichtig ist es den Studienergebnissen zufolge auch, keinen allzu großen Perfektionismus zu betreiben. Das entspricht zwar nicht der wissenschaftlichen Herangehensweise. Doch wenn es darum geht zu testen, ob es einen Markt für ein Produkt gibt, reicht es, einen einigermaßen funktionsfähigen Prototypen zu bauen. So vermeidet man, sich zu lange für ein Produkt ohne Aussicht auf Erfolg zu verkämpfen.

Die Studie, die von der Joachim-Herz-Stiftung gefördert wird, läuft noch bis 2021. Mehr als hundert unternehmerische Teams werden dabei begleitet und mussten unter anderem jede Woche einen Online-Fragebogen beantworten. Die Erkenntnisse daraus sollen dann einfließen in Programme zur Start-up-Förderung, wie sie etwa am Zentrum für Innovation und Gründung an der Technischen Universität München, kurz Unternehmer TUM, angeboten werden.

  • teilen
  • schließen