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Schüler-Praktikantinnen erzählen, was im Aufklärungsunterricht schiefläuft
Wir hatten diese Woche zwei Schüler-Praktikantinnen in der jetzt-Redaktion. Wir fragten sie, worüber sie gerne mal einen Text lesen würden. Eine ihrer Antworten: über die Art und Weise, wie in der Schule über Sex geredet und Aufklärung im Unterricht betrieben wird. Da läuft nämlich einiges falsch, finden sie. Als sie dann ein bisschen erzählten, fanden wir das auch. Bei den meisten Redaktionsmitgliedern ist der Aufklärungsunterricht in der Schule mindestens ein Jahrzehnt her. Verändert hat sich seitdem allerdings nicht sonderlich viel – obwohl in diesem Jahrzehnt oft darüber diskutiert wurde, was zum Beispiel die ständige Verfügbarkeit von Pornos eigentlich bei Teenagern auslöst. Also haben wir Marlene (14 Jahre, 9. Klasse) und ihre Mitpraktikantin (die lieber nicht namentlich genannt werden möchte, 13 Jahre, 8. Klasse), gebeten, diesen Text einfach selbst zu schreiben: eine Liste der Dinge, die ihrer Meinung nach im Aufklärungsunterricht an ihren Schulen falsch laufen. Hier ist ihr Text:
Vergangenes Jahr haben wir im Biologie-Unterricht nur über die Zelle des Tieres und meiner Meinung nach eher unnötige Dinge gesprochen. Erst in der letzten Stunde hat unsere Lehrerin einen Ausschnitt aus der ,,Sendung mit der Maus" gezeigt, das Thema war: ,,Wie ein Baby entsteht ". Das war in der achten Klasse.
Weiter haben wir über das Thema Sexualität nicht gesprochen, auch in den anderen Jahren haben die Lehrer einen großen Bogen darum gemacht. Da fragt man sich doch: ,,Warum wird ein so wichtiges Thema als eher unwichtig betrachtet und auf so lächerliche Art und Weise vermittelt?"
Sexualunterricht ist wichtig. Lehrer sollten den Schülern das auch zeigen. Und sich nicht schämen oder gar das Thema ins Lächerliche ziehen. Denn wenn sich schon die Lehrer unsicher sind und herumdrucksen, wie wirkt das dann erst auf uns, die Jugendlichen?
Die Lehrer sollten das Thema länger und ausführlicher besprechen und dabei auf die einzelnen Fragen der Schüler eingehen. Nachdem wir den „Sendung mit der Maus“-Film angesehen hatten, hat es zur Pause geklingelt. Und in der nächsten Stunde ist unsere Lehrerin direkt zum nächsten Thema übergegangen, ohne noch mal über den Film zu sprechen oder auf das Thema einzugehen. Anscheinend hatte sie Angst vor dem Gedanken, unangenehme Fragen beantworten zu müssen.
"Viele meiner Freundinnen haben sich erschrocken, als sie ihre Periode bekommen haben"
Man sollte Themen wie die erste Periode und den ersten Samenerguss behandeln, damit die Schüler darauf vorbereitet sind. Viele meiner Freundinnen haben sich sehr erschrocken, als es bei ihnen soweit war und waren ganz verzweifelt, weil sie nicht gut genug aufgeklärt waren.
Man sollte schon in der sechsten Klasse mit der Aufklärung über Verhütungsmethoden beginnen. Die Pubertät beginnt heutzutage schon sehr früh, und so kann man vielleicht auch die ein oder andere Teenagerschwangerschaft verhindern.
Was auch vorteilhaft wäre: Wenn die zuständigen Lehrer regelmäßiger Fortbildungen zu dem Thema besuchen würden, um sich auf den neuesten Stand zu bringen und den richtigen Umgang mit dem Thema selbst zu lernen. Denn nur so können sie den Schülern die aktuellsten Themen auf den Weg mitgeben und neue Methoden lernen, ihnen den Stoff zu vermitteln.
Auch im Englisch- oder Französisch-Unterricht sollte Sexualkunde, beziehungsweise das Vokabular rund um die Themen Verhütung, Beziehung und Sex ein eigenes Thema sein, damit man sich auch im Ausland sicher fühlt und gut zurechtkommt.
Die Lehrer sollten darüber aufklären, dass der Sex in Pornos oder anderen Filmen nicht unbedingt der Realität entspricht. Das gilt auch generell für die voranschreitende Sexualisierung unserer Umgebung, die man zum Beispiel in vielen Werbespots oder ähnlichem sehen kann.
Sollten die Lehrer all das, was wir uns hier wünschen, nicht leisten können – aus welchen Gründen auch immer – sollte man uns Schüler mit Leuten in Kontakt bringen, die darauf spezialisiert sind: Sexualpädagogen, die an die Schulen kommen, oder Kurse bei externen Beratungsstellen, die Klassen besuchen können.