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„In Indien sind Drogen nicht so üblich wie in Deutschland“

Manideep hatte vor ein paar Tagen seine letzte Uniklausur. Wer reisen will, muss auch arbeiten, findet er. Um seinen ersten Trip in die Heimat zu finanzieren, verbringt er aktuell viel Zeit im Job.
Foto: Prajwal Veeresha Sajjan

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Manideep Allu, 25, kam aus Indien für den Master in „Chemical and Energy Engineering“ nach Deutschland. Er ist eine der Fachkräfte, die Deutschland so dringend braucht. Wir protokollieren seinen Alltag und wollen wissen: Klappt Integration? In Folge Sieben erzählt er, was ihn in Indien erwartet, wie anders Deutsche auf Drogen blicken und was er von Weißwurst hält.

In zwei Wochen werde ich zum ersten Mal seit drei Jahren wieder in Indien sein und meine Mama umarmen. Mein bester Freund hat leider bereits geheiratet, das habe ich verpasst. Aber zumindest bin ich dann passend zur Babyparty da. Was schenke ich bloß? Ich überlege schon seit Tagen. Meine Eltern möchte ich auch beschenken, am liebsten mit etwas Besonderem aus Europa – schließlich feiern sie ihren 30. Hochzeitstag.

„Wer reisen will, muss auch arbeiten“

Das Problem: Vieles kann man inzwischen auch in Indien kaufen. Am Telefon hat meine Schwester erzählt, dass in meiner Heimatstadt einige moderne Cafés eröffnet haben. Jetzt kann man italienischen Kaffee und französische Croissants wohl auch in Andhra Pradesh genießen. Ich bin gespannt – schließlich war ich schon in Paris. Wahrscheinlich kann man die Croissants nicht vergleichen, französische sind das Original. Aber ich werde dir in der nächsten Folge erzählen, ob indische Croissants auch so knusprig sind.

Vor einigen Tagen war übrigens meine allerletzte Uniprüfung. Jetzt bin ich nur noch im Job, schiebe Überstunden, damit ich die vier Wochen verreisen kann. Ich stehe morgens um halb fünf auf und bin um sieben im Büro. Wer reisen will, muss auch arbeiten. Ich gebe gerade auch deshalb so Gas, weil ich ja erst vor kurzem von meinem Städtetrip wiederkam.

Dabei hatte ich auch einen Abstecher nach Erlangen gemacht, um meine deutsche Freundin Rebekka zu besuchen. Erinnerst du dich? Rebekka hat mir auf Facebook wegen dieser Kolumne geschrieben und mir erklärt, dass man in Deutschland eine Haftpflichtversicherung braucht. Sie hat wirklich eine sehr lustige Familie! Und ihre Söhne sind so clever, die haben einen Motor auf ihr Lego gebaut. Als ich acht Jahre alt war, habe ich nur vorm Fernseher gesessen und Cartoons geguckt.

Mein bestes Erlebnis der vergangenen Wochen:

Kölsch in Köln, Maes Pils in Brüssel, Bootfahren durch Amsterdams Kanäle, in der Hand: Heineken-Bier. Meine Reise durch europäische Großstädte war richtig cool. Und wie du merkst: Überall haben wir das lokale Bier probiert. In Amsterdam haben wir außerdem noch eine andere Spezialität getestet: Magic Mushrooms. Ich hatte nicht so viele, deshalb war ich nur etwas besser gelaunt. Ein Freund hat aber eine handvoll gegessen. Dem ging es später nicht gut. 

In Indien sind Drogen nicht so üblich wie in Europa. Nur Alkohol ist erlaubt, und das auch nicht überall. In religiösen, ‚heiligen‘ Städten wird zum Beispiel keiner verkauft. Denn von Alkohol wird im Hinduismus abgeraten und Indien ist ein sehr religiöses Land. Härtere Drogen sind komplett verboten, wer damit erwischt wird, muss mit harten Strafen rechnen. In Indien kannst du wegen Marihuana für sechs Monate ins Gefängnis kommen und in Deutschland kannst du jetzt bis zu 25 Gramm mit dir rumtragen.

Meine neueste Entdeckung:

Weißwurst. Die habe ich in München gegessen, mit Senf – wie es sich gehört! Man muss die äußere Haut abmachen, am Ende ist es ähnlich zu Currywurst. Und eine Brezel dazu. Am liebsten würde ich meinen Eltern alle deutschen Spezialitäten mitbringen, damit sie diesen Geschmack ebenfalls kennenlernen. Das Problem: Meine Eltern essen kein Fleisch. In Indien ernähren sich viele Menschen vegetarisch – so viele wie in keinem anderen Land. In Deutschland sind es deutlich weniger. Deshalb ist es auch manchmal schwierig, hier vegetarische Gerichte zu finden.  

Mein aktuelles Lieblingswort:

Ich denke viel an Indien – und was ich dort machen werde. Zum Beispiel: Roller fahren. Roller ist so ein lustiges deutsches Wort, ein bisschen seltsam. Aber wenn ich drüber nachdenke, dann ergibt es Sinn, schließlich rollt das Fahrzeug. Ich finde, das ist typisch deutsch: Funktional, praktisch orientiert. Seit drei Jahren steht mein Roller unberührt bei meinen Eltern herum. Eigentlich ist es eher ein Motorrad, eine Yamaha, feuerrot, sie fährt bis zu 120 Kilometer pro Stunde. Ich werde in Indien ganz viel damit unterwegs sein. Vielleicht werde ich eine richtige Reise, einen Roadtrip, machen und bis zu 300 Kilometer am Tag zurücklegen. Ich habe viel aufzuholen, denn hier bin ich nie ‚Roller‘ gefahren, obwohl der deutsche Verkehr viel entspannter ist. Mit meinem indischen Führerschein darf ich hier nämlich nicht fahren, deshalb spare ich jetzt darauf, den Deutschen machen zu können. Fahren ist Freiheit für mich.

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