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Alkolumne: Trinken und Rauchen gehört zusammen
Es gibt eine Sache, die ich mir gerne abgewöhnen würde: das Rauchen. Es macht mich unruhig und wenn ich danach an meinen Fingern oder Klamotten rieche, ekele ich mich furchtbar vor mir selbst. Sowieso wird mir regelmäßig schlecht davon und beim Sport (na gut, Treppensteigen) schnaufe ich, als trüge ich eine Extraportion Körpergewicht direkt auf der Brust.
Es gibt Phasen, in denen sieht es sogar aus, als könnte ich es schaffen. Wenn ich beispielsweise erst lange krank im Bett lag und danach feststelle, dass es immer noch ohne die tägliche Zigarette geht. Ich denke dann: „Gar nicht so schwer die ganze Aufhör-Geschichte“ und nehme mir vor, dabei zu bleiben.
Das Vorhaben endet in der Regel wenige Tage später, nachts, meist in Gesellschaft. Wegen einer Sache, die ich mir eben nicht abgewöhnen will: Alkohol zu trinken.
Denn wer trinkt, will rauchen. Das Phänomen kennen sogar Menschen, die sich eigentlich als überzeugte Nichtraucher bezeichnen. Wie viele Bekannte habe ich, die im Trunkenheitszustand Zigaretten schnorren, obwohl sie sie nüchtern verabscheuen? Eine Menge. Sogar mein Bruder zog letztens ein paar mal an meiner brennenden Zigarette, als er ausnahmsweise Bier trank. Dabei ist er Sportlehrer und hat schon ganze Powerpoint-Präsentationen über die Vorzüge des Nichtrauchens für mich erstellt. Nicht umsonst kennen wir also gleich drei Kategorien von Zigaretten-Konsumenten: „Raucher“, „Nichtraucher“ – „Partyraucher“.
Wer beim Feiern trinkt, raucht mehr – und andersherum
Dass ich mir das gesteigerte Verlangen beim Trinken nicht einbilde, erklärt mir dann auch Dr. Google. Erstes Indiz: Sämtliche Foren wie gutefrage.net sind voll mit Beiträgen, in denen sich Menschen darüber beklagen, dass sie das Rauchen beim Trinken nicht lassen können.
Zweites Indiz: Die Wissenschaft hat sich ebenfalls schon mit dem Mischkonsum der beiden Drogen Alkohol und Nikotin auseinandergesetzt. Ergebnis: Wie so oft sind die Hormone schuld daran, dass Menschen Trinken und Rauchen so schlecht voneinander trennen können.
Nikotin und Alkohol haben nämlich den gleichen „Vorteil“ für die Konsumenten: Während man die Substanzen zu sich nimmt, wird die Ausschüttung des Glückshormons Dopamin im Gehirn angeregt. Und weil unser Hirn erinnerungsbegabt ist, kommt unser Unterbewusstsein beim Genuss einer der beiden Stoffe immer wieder dazu, zu denken: „Hey, da gibt es doch noch dieses andere Mittel, das ebenfalls ein gutes Gefühl verschafft.“ Wer trinkt, wird also ein bisschen glücklicher, will mehr von der Emotion und raucht dann eine. Das funktioniert übrigens auch andersherum: Wer beim Feiern raucht, trinkt mehr.
Daraus ergibt sich ein regelrechter Teufelskreis, denn: Die beiden Stoffe Alkohol und Nikotin lösen in Kombination genau das Gegenteil aus, produzieren nämlich Stresshormone – das wiederum geht uns anscheinend nicht in den Schädel. Mir jedenfalls nicht.
Rauchen macht wach und dreht auf. Und Trinken? Macht müde
Wie auch? Ich rauche während des Trinkens schließlich aus anderen Gründen. Zumindest nehme ich diese anderen Gründe bewusster wahr als die Hormonausschüttung in meinem Hirn. Einer davon: Rauchen macht wach und dreht auf. Und Trinken? Macht müde. Sobald mir in Bar, Club oder WG-Küche die Lider vom Wein schwer werden, will ich mir eine anzünden. Ich werde schließlich auch tagsüber oft ganz hibbelig von einer Zigarette. Das bisschen Extraenergie kann ich jetzt gut gebrauchen. Ich will ja nicht immer die sein, die schon weit vor Mitternacht nach Hause muss, weil sie „heute irgendwie ziemlich geschlaucht“ ist.
Ein positiver Nebeneffekt ist dabei auch, dass das Rauchen meistens draußen stattfindet. „Wir gehen dann mal eben frische Luft schnappen“, verabschiedet man sich zwinkernd von den Nichtrauchern, die sitzen bleiben. Ein müdes Lachen von deren Seite, weil: Höhö, man verpestet die frische Luft mit dem Qualm ja nur. Tatsächlich bekommt man aber eben wohl was von der Luft ab – auch wenn es nur die Kälte ist – und dazu ein bisschen Bewegung.
„Eine Rauchen gehen“ teilt die Nacht in Etappen
Das weckt nicht nur ebenfalls auf, sondern bringt auch den Vorteil, dass man den Abend so schön in Etappen einteilen kann. „Eine Rauchen gehen“ ist wie Pause machen. Man wechselt den Ort und häufig auch die Konstellation der Personen, mit denen man dann vor dem Hauseingang steht. Die Gespräche verändern sich dadurch öfter, der ganze Abend verfliegt gefühlt schneller.
Das Phänomen „Trinken und Rauchen gehören zusammen“ ist also natürlich nicht nur darauf zurückzuführen, was unser Körper verlangt. Sondern vor allem, was unsere Psyche will. Und das ist eben meistens: Dazugehören, Mitmachen, was alle anderen Trinkenden um dich herum auch tun. „Du machst das doch nur aus Gruppenzwang“, hörte man schon, als man in jüngeren Jahren mit dem Paffen anfing. Und, klar. Es stimmt. Vor allem dann, wenn man wie beim Feiern gerade versucht, ungehemmt Spaß miteinander zu haben. Da hat man einfach keine Lust mehr zu erklären, warum man sich gerade an diese selbst auferlegte Regel des Verzichts halten muss und nicht tun kann, was alle anderen auch machen. Nicht den andern gegenüber und auch nicht sich selbst.
Was gestern Nacht ging, muss heute schließlich auch drin sein
Mit Wein und Wodka Soda schwemme ich meine Vorsätze also immer wieder aus den Gedanken. Und da bleiben sie dann auch. Was gestern Nacht ging, muss heute schließlich auch drin sein. Siehe da, plötzlich bin ich wieder Vollzeit-Raucherin. Arrivederci, wohlriechende Kleidung! Buongiorno, Lungenkrebs!
Schon klar, eigentlich sollte ich mich nicht so anstellen. Es sollte mir schließlich möglich sein, aufs Trinken zu verzichten. Das Problem: Ich will es einfach nicht. Denn ich habe das Gefühl, diese eigentlich gefährliche Volksdroge ganz gut im Griff zu haben. Ich trinke nicht unverhältnismäßig häufig und wenn, dann meistens auch in Maßen. Es ein paar Wochen oder Monate sein zu lassen, das würde schon funktionieren und fällt mir oft genug gar nicht auf. Aber ich genieße dieses gesellschaftliche Ritual zu sehr, um es für immer aufzugeben. Ich mag es, über einer Flasche Wein mit Freunden zu philosophieren und mir im Club einen Schluck Enthemmung durch den Strohhalm in den Körper zu saugen. Das Trinken macht mir Spaß und ich mag es einfach nicht sein lassen müssen.
Meine Notlösung wäre also folgende: Ich rauche nur noch, wenn ich trinke. Aber das Rauchen aufzuhören, lebt eben von dem gleichen Elixier wie eine Beziehung zu beenden und dann getrennt zu bleiben: von Konsequenz. Wenn ich dem Expartner immer wieder schreibe, wenn ich betrunken bin, kommt das Problem eben doch immer wieder hoch. Ich befürchte also, mich entscheiden zu müssen. Für alles – oder besser nichts. Sonst wäre ich wohl auf immer dazu verdammt, eine elendige Raucherin zu bleiben.