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Jahresrückblick 2022 als ABC
Das Kalenderjahr neigt sich dem Ende zu. Deswegen schauen wir zurück und reflektieren, was in den vergangenen zwölf Monaten alles passiert ist – und was besonders im Kopf bleibt. Ein ABC der Trends und Ereignisse 2022.
A wie Asche
Drei Monate lang spuckte der Vulkan Cumbre Vieja Lava und hüllte die kanarische Insel La Palma in dunkles Grau. Häuser wurden zerstört, Bewohner:innen evakuiert, Schulen vorübergehend geschlossen. Die Bilder der Aschelandschaften zeigen Zerstörung, aber auch eine seltsame Schönheit.
B wie Bibi und Julian
13 Jahre lang waren zwei der erfolgreichsten Influencer:innen Deutschlands ein Paar: BibisBeautyPalace und Julienco, bürgerlich Bianca und Julian Claßen. Im Mai wurde dann ihre Trennung (siehe dazu auch T wie Trennungen) bekannt, neue Partner:innen tauchten auf. Millionen Deutsche beschäftigten sich monatelang mit dieser Nachricht. Zuerst waren sie tief verwirrt („Ich heule! Bibi und Julian doch nicht!“), dann vermuteten sie, das Ganze sei nur ein PR-Stunt („Ich glaube, es ist ein ganz großes Sozialexperiment“). Bis heute kursieren vereinzelt Verschwörungstheorien über die (Nicht-)Trennung im Netz.
C wie Corn
„It’s Corn!“, sagt der siebenjährige Tariq voller Begeisterung in einem Interview, während er einen Maiskolben in der Hand hält – und setzt zu euphorischen Erklärungen an, was an Mais eigentlich alles super ist. Aus seinen Aussagen entstand ein Song, der Corn-Song. Kein Trend hat 2022 auf Tiktok so eingeschlagen wie er. Tausende nutzten den Sound später für ihre eigenen Liebeserklärungen (– übrigens auch SZ Jetzt.)
D wie Dürre in Europa
2022 erlebte Europa eine Serie von Hitzewellen, der Sommer war der wärmste, der je in Europa gemessen wurde. Noch dazu war es ungewöhnlich trocken – es kam zu Dürre und Waldbränden.
E wie „Excuse me, wir haben 2022“
Ein Satz, bei dem die meisten beim Lesen vermutlich schon eine Stimme dazu im Ohr haben: Der Originalton stammt aus einem Video von Tiktok-Nutzerin Linneasky, das inzwischen nicht mehr verfügbar ist. Darin sagt sie betont entrüstet: „Excuse me?! Wir haben Zweitausendzweiundzwanzig!“ Der Ton wurde seitdem unzählige Male weiterverarbeitet: Techno Remixes, Tiktoks, Memes, Comedy-Sketches, die Liste wächst. Und weil es auch weiterhin Aufreger geben wird, zu denen der Ausspruch passt, geistert auf Tiktok schon jetzt die Adaption fürs nächste Jahr herum: „Excuse me, wir haben 2023.“
F wie Fußball-WM in Katar
Die Fußball-WM der Männer fand in diesem Jahr in Katar statt. Millionen Fans hatten zuvor ihren Boycott angekündigt, um sich gegen Korruption in der FIFA, Menschenrechtsverletzungen, schlechte Arbeitsbedingungen für Wanderarbeitende sowie die Diskriminierung von Frauen und queeren Menschen in diesem Land auszusprechen. Am Ende guckten trotzdem viele zu.
G wie Gas- und Ölkrise
Durch Deutschlands Abhängigkeit von Russland und das nun zerrüttete Verhältnis zu dem Land (siehe U wie Ukraine), sind Gas und Öl knapp und teuer. Selten hat man sich deshalb genauer überlegt, ob und ab wann man heizen wird. Provisorische Teelichtöfen wurden nach fragwürdigen Tiktok-Anleitungen gebaut, in einigen Haushalten alternative Heizuntensilien gehortet.
H wie Heroin Chic
Die Kardashians und einige andere Promis, die vorher für ihre Kurven bekannt waren, sind erschlankt – und die Welt wurde nervös. Ein Artikel der New York Post behauptete: „Bye bye booty: Heroin-Chic is back“. Damit ist das Schönheitsideal der 90er Jahre gemeint, nach dem als schön gilt, wer blass, dünn und erschöpft aussieht. Was diesen angeblichen Trend noch aufhalten kann? Sich ihn gar nicht erst einreden zu lassen.
I wie Inflation
Seit die Kosten für Energie so rapide angestiegen sind (siehe auch G wie Gas- und Ölkrise und U wie Ukraine), spüren die Deutschen die gestiegenen Preise in fast allen Bereichen. Ein Beispiel: Mancherorts kosten Döner inzwischen bis zu zehn Euro.
J wie Johnny Depp
Johnny Depp und seine Exfrau Amber Heard vor Gericht – dieses Spektakel konnte jede:r live über Wochen verfolgen. Die Öffentlichkeit wurde daher nicht müde, private Ton- und Videoaufnahmen aus Streitsituationen zu interpretieren, Aussagen von Zeug:innen zu sezieren und am Ende Amber Heard für eine schreckliche Frau zu halten. Johnny Depp hingegen wurde von vielen gefeiert. Der öffentlichkeitswirksame Prozess endete bereits im Sommer. Den Rechtsstreit legten die Ex-Eheleute erst vor Kurzem endgültig bei.
K wie Kleber
Durch Sekundenkleber an Händen und auf Straßen sorgten die Aktivtist:innen der „Letzten Generation“ immer wieder für Staus und Aufsehen. Sie wollen auf die Klimakrise aufmerksam machen. Debattiert wurde in den deutschen Talkshows aber vor allem darüber, wie radikal Protest sein darf. Polizist:innen lösen den Kleber mittlerweile routiniert von den Straßen. Und die Aktivist:innen? Machen trotzdem weiter.
L wie Layla
Der erfolgreichste Song in den deutschen Charts war 2022 ein Schlager über die „Puffmama Layla“. Ein Lied, das nicht allen gefällt, das viele sexistisch finden – und wohl gerade deshalb von Millionen Deutschen so gerne und viel gehört wird. Layla-Produzent Ikke Hüftgold erklärte im Gespräch mit SZ Jetzt dazu: „Die Musikindustrie hat kapiert, dass Sexismus gerade funktioniert.“
M wie Mahsa Jina Amini
Mahsa Jina Amini, iranische Kurdin, war in Teheran, um Verwandte zu besuchen, als sie am 13. September von der iranischen Sittenpolizei festgenommen wurde, weil sie ihr Kopftuch nicht den Regime-Vorschriften entsprechend trug. Sie starb drei Tage später in Gewahrsam der Polizei – wenige Tage vor ihrem 23. Geburtstag. Ihr Tod war Auslöser von Protesten, die noch immer anhalten und den Sturz des iranischen Regimes zum Ziel haben. Der Schlachtruf: Frau, Leben, Freiheit – kurdisch Jin, Jiyan, Azadî. Das iranische Regime schlägt die Proteste mit Gewalt nieder und tötet Protestierende und Regimegegner:innen.
N wie Neun-Euro-Ticket
Das billige Ticket, eingeführt, um die Bürger:innen finanziell zu entlasten und den ÖPNV zu stärken, hat den Sommer in Deutschland verändert. Wer Zeit hatte, fuhr für nur neun Euro im Monat mit dem Regio quer durch Deutschland, zum Beispiel von Freiburg nach Berlin oder von München nach Sylt (siehe S wie Sylt). Alle anderen freuten sich zumindest darüber, billig zur Arbeit oder an den See zu fahren. 52 Millionen Mal wurde das Ticket verkauft. Das Nachfolge-Ticket soll 40 Euro teurer sein. Wann es zum Einsatz kommt, ist noch unklar.
O wie One-Pot-Pasta
Wahnsinnig angesagt: One-Pot-Rezepte. Man werfe alle Zutaten zusammen in ein Behältnis, schiebe die Mischung in den Ofen, warte bis alles gar ist. Funktioniert beispielsweise mit rohen Nudeln, Tomaten, Feta und Gewürzen. Spart Zeit, büßt aber am Ende doch oft beim Geschmack ein. Für Gourmets wäre Sicherheitsabstand ratsam.
P wie Partys
Gingen endlich wieder: Hauspartys, Clubnächte, Festivals. Nach zwei Jahren Coronapause fühlte sich das fantastisch an. (siehe auch R wie Rückkehr zur Normalität)
Q wie Queen
Keine Regentschaft dauerte in der Geschichte der britischen Royals so lange an wie die von Queen Elizabeth II. Sie endete mit ihrem Tod am 8. September 2022. In London bildeten sich kilometerlange Schlangen, einige übernachteten im Freien, um sich am Sarg von ihrer Königin verabschieden zu können. Andernorts löste ihr Tod Debatten über die Relevanz der Monarchie und über den Kolonialismus aus.
R wie Rückkehr zur Normalität
Seit Ausbruch der Corona-Pandemie waren alltägliche Dinge immer wieder verboten gewesen: Freund:innen treffen, in Bars gehen, im Büro arbeiten oder in der Uni studieren. Lange rätselte man, ob danach je wieder alles werden könne wie früher. Zum Ende des Jahres 2022 ist klar: Es kann. Das Coronavirus gibt es zwar immer noch, doch zumindest für diejenigen, die kein Long Covid haben oder einer Risikogruppe angehören, hat sich die Lage entspannt. Restaurants und Geschäfte sind wieder voll, die Menschen treffen sich in großen Gruppen. (Siehe auch P wie Partys)
S wie Sylt
Im Sommer, als es das Neun-Euro-Ticket (siehe N wie Neun-Euro-Ticket) gab, wurde ein Besuch auf der Insel Sylt für manche ein echtes Bedürfnis, für manche zum Protestmittel, für andere eher ein Running Gag. So war die Insel im Sommer rappelvoll. Unter anderem mit dabei: Punks, die es sich in Protestcamps auf der Reichen-Insel gemütlich machten, um ein Zeichen gegen soziale Ungleichheit zu setzen. Finanzminister Christian Lindner und Journalistin Franca Lehfeldt, die sich mit prominentem Publikum das Ja-Wort gaben. Influencer:innen, die dort Fantreffen veranstalteten.
T wie Trennungen
Bibi und Julian, Sascha und Paola, Stefanie und Marcus – „einfach alle trennen sich gerade“, stellten 2022 viele Menschen in den Kommentarspalten sozialer Netzwerke fest, nachdem sich einige langjährige Influencer:innen-Paare getrennt hatten. Gerade viele junge Nutzer:innen zeigten sich erschüttert und für die Zukunft entmutigt. Mehrfach war zu lesen: „Ich habe für immer den Glauben an die Liebe verloren.“
U wie Ukraine
Am Morgen des 24. Februars wachten viele Ukrainer:innen vom Geräusch einschlagender Bomben auf. Der russische Regierungschef Wladimir Putin führt schon seit 2014 Krieg gegen die Ukraine, als er die ukrainische Halbinsel Krim völkerrechtswidrig annektierte. 2022 eskalierte Putin die Situation, indem er die komplette Ukraine angriff. Sein Ziel: die ukrainische Regierung zu stürzen. Allein in Deutschland wurden bis Anfang Dezember mehr als eine Million ukrainische Geflüchtete registriert. Ein Ende des Angriffskrieges ist bislang nicht in Sicht.
V wie Volodymyr Zelenskyy
Ein Mann, der vor dem Angriff auf die Ukraine vermutlich nur wenigen Deutschen mit Namen bekannt war: Volodymyr Zelenskyy. Der Präsident der Ukraine beeindruckte viele vor allem zu Beginn des Krieges mit Entschlossenheit und Patriotismus. Der ehemalige Komiker und Schauspieler wurde im Westen in Kontrast zu Putin zum politischen Helden stilisiert.
W wie Will Smith und die Ohrfeige
Von der diesjährigen Oscar-Verleihung bleibt vor allem eines im Kopf: Nicht die Preisträger:innen, nicht die nominierten Filme – sondern ein Ausraster vor Millionenpublikum. Moderator Chris Rock machte einen Witz auf Kosten von Jada Smith, ihr Mann Will Smith stürmte daraufhin auf die Bühne und ohrfeigte ihn. Der Schauspieler darf zehn Jahre lang keine Oscar-Gala mehr besuchen. Will Smith hat sich entschuldigt.
X wie X-te Krise
Spätestens seit 2020 die Pandemie ausbrach, trösten sich die Menschen mit dem Gedanken: „Nächstes Jahr wird alles wieder besser.“ Für 2022 hat es in politischer Hinsicht nicht gestimmt: In Europa gibt es Krieg, in Afghanistan haben Frauen unter der Herrschaft der Taliban immer weniger Rechte, in Iran werden die Proteste der Regime-Gegner:innen blutig niedergeschlagen, die Weltwirtschaft tut sich schwer, in Deutschland wurde ein Netzwerk an rechtsextremen und bewaffneten Reichsbürger:innen aufgedeckt, noch immer sterben Menschen an Corona – um nur einige Krisen zu nennen. Vielleicht sollte man es für 2023 nicht wieder verschreien …
Y wie Y2K-Fashion
Das Mode-Comeback der 00er Jahre. Während die Gen Z in den Schränken der älteren Geschwister wühlt, haben alle anderen Angst vor Low-Rise-Jeans. Außerdem unter anderem angesagt: Glitzer, Spaghettiträger, Cargo-Hosen, Plateau, Slip-Dresses, Mini-Sonnenbrillen.
Z wie Zeitenwende
Offiziell ausgezeichnet als das Wort des Jahres. Der Hintergrund: Bundeskanzler Olaf Scholz hatte in einer Rede Ende Februar gesagt: „Der russische Überfall auf die Ukraine markiert eine Zeitenwende. Er bedroht unsere gesamte Nachkriegsordnung.“ (Siehe dafür unter anderem auch X wie X-te Krise und U wie Ukraine) Das Wort, so sagte auch die Jury, ist zwar nicht neu, aber steht dennoch wie kaum ein anderes für das Jahr 2022.