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Hofnungslos am Kap der Guten Hoffnung - Prostitution in Südafrika
Ein schönes Frühstück. Müsli, frisch gepresster Orangensaft, dazu warmer Toast mit selbstgemachter Marmelade. Ein Blick von der Terrasse meines Apartments auf einen azurblauen, afrikanischen Himmel, und über eine atemberaubende, aber auch atemraubende Stadt.
Kapstadt, die Stadt am Kap der Guten Hoffnung hat neben dem Touristenidyll aber noch eine andere Seite - Schauplatz von Bandenkriegen und Prostitution.
Knapp zwanzig Minuten später - noch immer in Kapstadt, und noch immer unter diesem paradisisch blauen Himmel - zeigt mir die 2,4 Millionen Metropole am Tafelberg ihr anderes Gesicht.
Ich bin mit Pero - so soll er heißen - in einer kleinen Knepe verabredet. Pero ist zehnfacher Vater und ebenso vielfacher Killer (aus Notwehr, wie er mir versichern will). Der grauhaarige Mann, der Probleme beim Öffnen einer Bierflasche hat, ein Berufskiller? - Ich kann es nicht recht glauben. Die anderen Killer, die ich bislang kennenlernen durfte, sahen irgendwie anders aus.
Er stellte sich mir vor:"Hallo, ich bin Pero." Ich reiche ihm zur Begrüßung die Hand. Ohne ein Wort zu sagen, schiebt er mir eine Flasche afrikanisches Bier unter die Nase. Mal abgesehen davon, dass es noch nicht mal Mittag war, und ich eigentlich keinen Alkohol trank, nippte ich dennoch aus reiner Höflichkeit ein paar Mal an der Flasche.
"Ich lebe schon immer in den Cape Flats. Seit vier Jahren bin ich im Ruhestand. Für das schnelle Umlegen von Gangstern taugen meine Hände nicht mehr - Arthritis. Ein rhaumatischer Killer ist ein toter Killer.", zieht er ganz unpathetisch Bilanz.
Wer in die Cape Flats fährt, braucht einen, der die Fluchtwege kennt. Diese Gegend verschon keinen, nicht ihre Bewohner und erst recht nicht ihre Besucher. Die Flats - flach, windig, riesig - liegen im Osten der Stadt - direkt hinter dem riesigen Tafelberg.
Von weißen Herrenmenschen eingerichtet, um dort alle Nicht-weißen, sprich Schwarzen, Farbigen ("coloureds") abzuladen. Eine Art Massenschlafsaal für die "un-people".
Wir fahren durch Mauenberg, eine der hitzigsten Zonen in den Cape Flats. Ein überdimensionales Wandgemälde des Rappers Tupac Shakur gibt hier den Ton an. Seine Songs, in denen er zum unkomplizierten Abschießen aller Feinde aufruft, wird an diesem Ort besonders gern gehört. Er selbst wurde in Las Vegas liqudiert.
Nun kommt aber niemand als kaputte Seele, als Killer, Drogendealer oder Prostituierte auf die Welt. Auch nicht hier in den Cape Flats. Man wird es.
Ich entdecke eine Horde Kinder, die abgerissen und verdreckt im Schatten kauern, um die Hitze besser aushalten zu können. Sie sind zwischen 6 und 16 Jahren, und ihr Leben verirrte sich von Anfang an in die falsche Richtung. Ihre Geschichten klingen banal und katastrophal zugleich: die versoffenen, prügelnden und ständig abwesenden Eltern, armselig und assozial, unfähig zu den gerinsten Gesten familiärer Fürsorge.
Ich steige aus. Pero ermahnt mich, im Wagen zu bleiben. Ich gehe trotzdem. "Hier", sagt ein Teenager-Mädchen, welches sich mir nähert, als wolle sie ihre Macht demonstrieren "das hier ist meine Familie", und deutete auf die anderen Kinder und Jugendlichen. Erst als ich näherkomme, bemerke ich, dass die allermeisten Kids wie betäubt wirken.
Pero kommt und zieht mich am Arm zurück ins Auto. Er wusste wohl, was ich fragen wollte.
"Das sind die Mörder, Drogendealer und Prostituierten von morgen. Sie können sich die teueren Drogen nicht leistendeshlab "sniffen" sie. Den billigeren, aber nicht minder ruinöseren Trip gibt es flaschenweise im Supermarket an der Ecke - 750 Gramm "Famgrip" (Verdünnungsmittel) für 4,99 Rand (knapp einen Euro). Die meisten feuchten ihre Hemdärmel mit dem Zeug an, schließen die Augen, tauchen die Nase tief hinein und atmen hastig und gierig ein. Dann ist das Hirn für eine Weile stillgelegt. Der ätzende Fusel hat aber auch noch eine andere bravouröse Funktion: er verdrängt das Hungergefühl.
Wir erreichen die York Street, obwohl weit und breit kein Straßenschild darauf hinweist. Es ist ja auch weit und breit keine richtige Straße zu sehen. Schmale, hügelige Pfade aus Sand und Groll weisen die Richtung. Was bleibt mir anderes übrig als meinem "Killer im Ruhestand" zu vertrauen.
Haus Nummer 7 bin ich mit Talisha verabredet. Sie wohnt hier mit ihren drei Kindern - zwei Jungen und einem Mädchen. Talisha hat aber noch einen anderen Namen. Nachts, wenn es dunkel wird auf den Straßen von Kapstadt wird aus Talisha die Prostituierte "Shani". Sie kam vor elf Jahren aus der Provinz in die Stadt. Jetzt ist sie 26. Bis zu dreißig Freier bedient sie durchschnittlich pro Nacht. "Das ist ein guter Job für mich. Einen anderen bekomme ich nicht. Ich brauche das Geld, um meine Familie zu unterstützen, und um meinen Kindern ein besseres Leben zu bieten. Dieser Job bringt mir all das Geld, was ich brauche." So wie Talisha denken viele. Die Konkurrenz ist groß. Es ist eine Binsenweisheit: Sex verkauft sich immer und überall. Zwar ist die Prostitution in dem südafrikanischen Land strengstens verboten und wird sogar mit Haftstrafen geahndet, dennoch sind die Angebote eindeutig.
Talisha bittet mich hinein. Wir trinken Coca Cola. Eine Freundin von Talisha kommt vorbei. "Sechzig Prozent der Menschen hier sind arbeitslos. Über die Hälfte hat weder Strom noch fließend Wasser.." Ich schaue mich um. Bei Talisha finde ich beides. Sie spürt meinen umherschweifenden Blick und fängt ihn ein.
"Du siehst, ohne meinen Job müsste ich genauso leben, wie die da draußen." Mit "die das draußen" meint sie die ihre Nachbarn in den "Shanty Towns", in den hunderttausend aus Blech- und Pappdeckeln genagelten Bruchbuden. Tapeziert mit Lux-Seifenpapier und verwitterten Zeitungen. "ich lebe in der Dritten Welt, aber die leben in der Vierten." Wahre Worte. "Hier gibt es nur zwei Hauptberufe: den eines Mörders und den eines Drogendealers, und gleich dahinter, der einer Prostituierten.
Zurück im weißen Kapstadt bin ich mit Safiya* (17) und Dayo* (16) im Büro des S.W.E.A.T.-Teams verabredet. S.W.E.A.T. steht für Sex Worker Education and Advocacy Taskforce (Einsatzverband zur verteidung von Sex-Arbeitern).
Als die beiden Mädchen von meiner Reportage über Prostitution hörten, wollten sie mich unbedingt kennenlernen, und mir ihre Geschichten erzählen.
"Sie kamen jede Nacht. Immer im Dunkeln, so dass wir sie nicht sehen konnten", erzählt Safiya* mit zitternder Stimme. Ich spüre ihre panische Angst. Tränen schießen ihr in die Augen. Dayo* fährt fart fort. "Sie haben uns auf dem Schulweg überwältigt, in ein Auto gezerrt, verschleppt und eine Woche lang in einem Haus in den Cape Flats gefangen gehalten. - und vergewaltigt." Jetzt ringt auch das Gazellen-schlanke Mädchen mit der hübschen Afro-Frisur mit den Tränen. Das war ihre so genannte Initiation. Danach mussten sie anschaffen gehen. Weigerten sie sich, wurden sie verprügelt, erneut vergewaltigt und mit Drogen gefügig gemacht. Der Teufelskreis begann.
Beide Mädchen sind HIV-positiv., wie auch die Hälfte der rund 150.000 Prostituierten in Südafrika.
Kapstadt bei Nacht. V & A Waterfront ist der touristische Nabel der Metrople. Hier treffe ich mich erneut mit Talisha, die jetzt "Shani" ist. Hier, wo Taschendiebe und "flatter sharks", meist schöne Menschen, die Touristen tolle Ausflüge und Safaris verkaufen, eine Anzahlung kassieren und nie mehr gesehen werden. "Seet boys & girls", oft ganz junge Prostituierte, die sich auf männliche Touristen spezialisiert haben, und diese nach allen Regeln der Kunst ausnehmen. Nach der Preisabsprache schleppen sie die ahnungslosen Männer in eine angebliche Sauna oder in "ihr" Zimmer. Dort warten bereits schwer bewaffnete Zuhälter auf ihre "fette, weiße Beute". Hier geht auch "Shani" anschaffen. Allerdigns mit ehrlichen Absichten, wie sie mir glaubhaft machen möchte.
Es ist noch relativ früh - gerade 13:00 Uhr vorbei. Heute ist Mittwoch. In der Woche beginnt die heiße Phase meist erst nach Mitternacht. Ich nutze die Ruhe vor dem männlichen Ansturm, um mich noch etwas ausführlicher mit "Shani" alias Talisha über ihren Job zu unterhalten. "Freitags und samstags sind die besten Tage um Geld zu verdienen, wenn sie einen lassen." Kunden gibt es genug. Prostituierte auch - nur leben die in Südafrika gefährlich. "Besonders am Wochenende ist die Polizei hinter uns her, macht sehr oft das Geschäft kaputt." Weder "Shani" noch die anderen jungen Frauen, die hier jede Nacht ihren "Mann" stehen, trauen den ausnahmslos männlichen Beamten.
"Sechs Mal haben sie mich letzten Samstag mit dem Schlagstock verprügelt", klagt eine junge Prostituierte, die unweit neben uns an einer Hauswand lehnt. Sie lallt. Wahrscheinlich ist sie nicht freiwillig hier. drogen haben sie gefügig gemacht.
"Die Polizisten vergewaltigen uns und zwingen uns, ohne Kondom mit ihnen Sex zu haben", flüstert mir "Shani" ins Ohr, aus Angst vor herumlaufenden Polizisten. "Sie nehmen uns dann mit auf die Wache. Dort sperren sie uns in eine Zelle. Wenn wir nicht freiwillig mit ihnen schlafen, prügeln sie uns mit ihren Schlagstöcken grün und blau. Danach zwingen sie uns zum Geschlechtsverkehr. Und als "Dankeschön", da Prostitution ja illegal ist, müssen wir 200 US-Dollar Strafe zahlen. Tun wir das nicht, stecken sie uns ins Gefängnis, ohne Prozess, einfach so."
Wer seinen Körper in diesem Land verkauft gilt als rechtlos.
Kapstadt, die Stadt am Kap der Guten Hoffnung hat neben dem Touristenidyll aber noch eine andere Seite - Schauplatz von Bandenkriegen und Prostitution.
Knapp zwanzig Minuten später - noch immer in Kapstadt, und noch immer unter diesem paradisisch blauen Himmel - zeigt mir die 2,4 Millionen Metropole am Tafelberg ihr anderes Gesicht.
Ich bin mit Pero - so soll er heißen - in einer kleinen Knepe verabredet. Pero ist zehnfacher Vater und ebenso vielfacher Killer (aus Notwehr, wie er mir versichern will). Der grauhaarige Mann, der Probleme beim Öffnen einer Bierflasche hat, ein Berufskiller? - Ich kann es nicht recht glauben. Die anderen Killer, die ich bislang kennenlernen durfte, sahen irgendwie anders aus.
Er stellte sich mir vor:"Hallo, ich bin Pero." Ich reiche ihm zur Begrüßung die Hand. Ohne ein Wort zu sagen, schiebt er mir eine Flasche afrikanisches Bier unter die Nase. Mal abgesehen davon, dass es noch nicht mal Mittag war, und ich eigentlich keinen Alkohol trank, nippte ich dennoch aus reiner Höflichkeit ein paar Mal an der Flasche.
"Ich lebe schon immer in den Cape Flats. Seit vier Jahren bin ich im Ruhestand. Für das schnelle Umlegen von Gangstern taugen meine Hände nicht mehr - Arthritis. Ein rhaumatischer Killer ist ein toter Killer.", zieht er ganz unpathetisch Bilanz.
Wer in die Cape Flats fährt, braucht einen, der die Fluchtwege kennt. Diese Gegend verschon keinen, nicht ihre Bewohner und erst recht nicht ihre Besucher. Die Flats - flach, windig, riesig - liegen im Osten der Stadt - direkt hinter dem riesigen Tafelberg.
Von weißen Herrenmenschen eingerichtet, um dort alle Nicht-weißen, sprich Schwarzen, Farbigen ("coloureds") abzuladen. Eine Art Massenschlafsaal für die "un-people".
Wir fahren durch Mauenberg, eine der hitzigsten Zonen in den Cape Flats. Ein überdimensionales Wandgemälde des Rappers Tupac Shakur gibt hier den Ton an. Seine Songs, in denen er zum unkomplizierten Abschießen aller Feinde aufruft, wird an diesem Ort besonders gern gehört. Er selbst wurde in Las Vegas liqudiert.
Nun kommt aber niemand als kaputte Seele, als Killer, Drogendealer oder Prostituierte auf die Welt. Auch nicht hier in den Cape Flats. Man wird es.
Ich entdecke eine Horde Kinder, die abgerissen und verdreckt im Schatten kauern, um die Hitze besser aushalten zu können. Sie sind zwischen 6 und 16 Jahren, und ihr Leben verirrte sich von Anfang an in die falsche Richtung. Ihre Geschichten klingen banal und katastrophal zugleich: die versoffenen, prügelnden und ständig abwesenden Eltern, armselig und assozial, unfähig zu den gerinsten Gesten familiärer Fürsorge.
Ich steige aus. Pero ermahnt mich, im Wagen zu bleiben. Ich gehe trotzdem. "Hier", sagt ein Teenager-Mädchen, welches sich mir nähert, als wolle sie ihre Macht demonstrieren "das hier ist meine Familie", und deutete auf die anderen Kinder und Jugendlichen. Erst als ich näherkomme, bemerke ich, dass die allermeisten Kids wie betäubt wirken.
Pero kommt und zieht mich am Arm zurück ins Auto. Er wusste wohl, was ich fragen wollte.
"Das sind die Mörder, Drogendealer und Prostituierten von morgen. Sie können sich die teueren Drogen nicht leistendeshlab "sniffen" sie. Den billigeren, aber nicht minder ruinöseren Trip gibt es flaschenweise im Supermarket an der Ecke - 750 Gramm "Famgrip" (Verdünnungsmittel) für 4,99 Rand (knapp einen Euro). Die meisten feuchten ihre Hemdärmel mit dem Zeug an, schließen die Augen, tauchen die Nase tief hinein und atmen hastig und gierig ein. Dann ist das Hirn für eine Weile stillgelegt. Der ätzende Fusel hat aber auch noch eine andere bravouröse Funktion: er verdrängt das Hungergefühl.
Wir erreichen die York Street, obwohl weit und breit kein Straßenschild darauf hinweist. Es ist ja auch weit und breit keine richtige Straße zu sehen. Schmale, hügelige Pfade aus Sand und Groll weisen die Richtung. Was bleibt mir anderes übrig als meinem "Killer im Ruhestand" zu vertrauen.
Haus Nummer 7 bin ich mit Talisha verabredet. Sie wohnt hier mit ihren drei Kindern - zwei Jungen und einem Mädchen. Talisha hat aber noch einen anderen Namen. Nachts, wenn es dunkel wird auf den Straßen von Kapstadt wird aus Talisha die Prostituierte "Shani". Sie kam vor elf Jahren aus der Provinz in die Stadt. Jetzt ist sie 26. Bis zu dreißig Freier bedient sie durchschnittlich pro Nacht. "Das ist ein guter Job für mich. Einen anderen bekomme ich nicht. Ich brauche das Geld, um meine Familie zu unterstützen, und um meinen Kindern ein besseres Leben zu bieten. Dieser Job bringt mir all das Geld, was ich brauche." So wie Talisha denken viele. Die Konkurrenz ist groß. Es ist eine Binsenweisheit: Sex verkauft sich immer und überall. Zwar ist die Prostitution in dem südafrikanischen Land strengstens verboten und wird sogar mit Haftstrafen geahndet, dennoch sind die Angebote eindeutig.
Talisha bittet mich hinein. Wir trinken Coca Cola. Eine Freundin von Talisha kommt vorbei. "Sechzig Prozent der Menschen hier sind arbeitslos. Über die Hälfte hat weder Strom noch fließend Wasser.." Ich schaue mich um. Bei Talisha finde ich beides. Sie spürt meinen umherschweifenden Blick und fängt ihn ein.
"Du siehst, ohne meinen Job müsste ich genauso leben, wie die da draußen." Mit "die das draußen" meint sie die ihre Nachbarn in den "Shanty Towns", in den hunderttausend aus Blech- und Pappdeckeln genagelten Bruchbuden. Tapeziert mit Lux-Seifenpapier und verwitterten Zeitungen. "ich lebe in der Dritten Welt, aber die leben in der Vierten." Wahre Worte. "Hier gibt es nur zwei Hauptberufe: den eines Mörders und den eines Drogendealers, und gleich dahinter, der einer Prostituierten.
Zurück im weißen Kapstadt bin ich mit Safiya* (17) und Dayo* (16) im Büro des S.W.E.A.T.-Teams verabredet. S.W.E.A.T. steht für Sex Worker Education and Advocacy Taskforce (Einsatzverband zur verteidung von Sex-Arbeitern).
Als die beiden Mädchen von meiner Reportage über Prostitution hörten, wollten sie mich unbedingt kennenlernen, und mir ihre Geschichten erzählen.
"Sie kamen jede Nacht. Immer im Dunkeln, so dass wir sie nicht sehen konnten", erzählt Safiya* mit zitternder Stimme. Ich spüre ihre panische Angst. Tränen schießen ihr in die Augen. Dayo* fährt fart fort. "Sie haben uns auf dem Schulweg überwältigt, in ein Auto gezerrt, verschleppt und eine Woche lang in einem Haus in den Cape Flats gefangen gehalten. - und vergewaltigt." Jetzt ringt auch das Gazellen-schlanke Mädchen mit der hübschen Afro-Frisur mit den Tränen. Das war ihre so genannte Initiation. Danach mussten sie anschaffen gehen. Weigerten sie sich, wurden sie verprügelt, erneut vergewaltigt und mit Drogen gefügig gemacht. Der Teufelskreis begann.
Beide Mädchen sind HIV-positiv., wie auch die Hälfte der rund 150.000 Prostituierten in Südafrika.
Kapstadt bei Nacht. V & A Waterfront ist der touristische Nabel der Metrople. Hier treffe ich mich erneut mit Talisha, die jetzt "Shani" ist. Hier, wo Taschendiebe und "flatter sharks", meist schöne Menschen, die Touristen tolle Ausflüge und Safaris verkaufen, eine Anzahlung kassieren und nie mehr gesehen werden. "Seet boys & girls", oft ganz junge Prostituierte, die sich auf männliche Touristen spezialisiert haben, und diese nach allen Regeln der Kunst ausnehmen. Nach der Preisabsprache schleppen sie die ahnungslosen Männer in eine angebliche Sauna oder in "ihr" Zimmer. Dort warten bereits schwer bewaffnete Zuhälter auf ihre "fette, weiße Beute". Hier geht auch "Shani" anschaffen. Allerdigns mit ehrlichen Absichten, wie sie mir glaubhaft machen möchte.
Es ist noch relativ früh - gerade 13:00 Uhr vorbei. Heute ist Mittwoch. In der Woche beginnt die heiße Phase meist erst nach Mitternacht. Ich nutze die Ruhe vor dem männlichen Ansturm, um mich noch etwas ausführlicher mit "Shani" alias Talisha über ihren Job zu unterhalten. "Freitags und samstags sind die besten Tage um Geld zu verdienen, wenn sie einen lassen." Kunden gibt es genug. Prostituierte auch - nur leben die in Südafrika gefährlich. "Besonders am Wochenende ist die Polizei hinter uns her, macht sehr oft das Geschäft kaputt." Weder "Shani" noch die anderen jungen Frauen, die hier jede Nacht ihren "Mann" stehen, trauen den ausnahmslos männlichen Beamten.
"Sechs Mal haben sie mich letzten Samstag mit dem Schlagstock verprügelt", klagt eine junge Prostituierte, die unweit neben uns an einer Hauswand lehnt. Sie lallt. Wahrscheinlich ist sie nicht freiwillig hier. drogen haben sie gefügig gemacht.
"Die Polizisten vergewaltigen uns und zwingen uns, ohne Kondom mit ihnen Sex zu haben", flüstert mir "Shani" ins Ohr, aus Angst vor herumlaufenden Polizisten. "Sie nehmen uns dann mit auf die Wache. Dort sperren sie uns in eine Zelle. Wenn wir nicht freiwillig mit ihnen schlafen, prügeln sie uns mit ihren Schlagstöcken grün und blau. Danach zwingen sie uns zum Geschlechtsverkehr. Und als "Dankeschön", da Prostitution ja illegal ist, müssen wir 200 US-Dollar Strafe zahlen. Tun wir das nicht, stecken sie uns ins Gefängnis, ohne Prozess, einfach so."
Wer seinen Körper in diesem Land verkauft gilt als rechtlos.