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Werkstätten zur Identitätskonstruktion

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Fotos: Robbie Cooper Robbie Cooper ist Fotojournalist für die BBC. Er war bereits in Krisengebieten von Somalia bis Afghanistan unterwegs. In den letzten Jahren hat er sich aber vor allem in so genannten MMOGs (Massive Multiplayer Onlinegames) aufgehalten. Das begann, als er einen Mann kennenlernte, der nach seiner Scheidung über eine solche Webpräsenz Kontakt zu seinen Kindern unterhielt. Im Cyberspace tauschte sich die Familie über Schul- und Alltagsprobleme aus. Dies war der Antrieb für Cooper, mehr über Gesichter und Geschichten zu erfahren, die hinter den Computerkreaturen stecken. „Es gibt diese riesige Kultur, die immer weiter wächst. Aber niemand kümmert sich darum, diese Bewegung ernsthaft zu dokumentieren,“ sagt Cooper. Resultat seiner Arbeit ist die Ausstellung ALTER EGO, die gerade in einer Berliner Galerie Station macht. Dort zeigt Cooper Fotographien von Menschen neben Screenshots ihrer virtuellen Entsprechungen in Onlinespielen und 3D-Welten wie World of Warcraft, Everquest oder Starwars Galaxies. Laut einer Schätzung von Sony sind die Onlinespiele weltweit Tummelplatz für mehr als 60 Millionen Menschen. Der Markt wächst rasant, dem IT- Branchenverband BITKOM zufolge, allein in Deutschland bis 2008 auf 495 Millionen Euro. Diese Zahl beinhaltet aber noch nicht den Handel mit virtuellen Gütern und Charakteren. Allein das Marktvolumen auf Ebay wird nochmals auf rund 100 Millionen Euro geschätzt. Neben der wirtschaftlichen Komponente und der offensichtlichsten, nämlich der des Spielens und des Spaß ist jedoch auch die Rolle der Beziehungen zwischen den Spielern von Interesse für Kunst und Wissenschaft. Wie lernt man sich kennen, obwohl man sich real nicht kennen lernt? So wird „eine Umgebung, in der viele User mit einander interagieren können bei der Frage nach dem Wesen eines anderen eine Hilfestellung geben. Die Spiele sind Werkstätten zur Identitätskonstruktion,“ sagt die amerikanische Soziologin Sherry Turkle. Der Avatar wird also zum Spiegelbild oder auch zum Wunschbild, manche Fotos von Cooper zeigen die üblichen Vorstellungen des stereotypen Gamers. Junge Männer mit Übergewicht oder dicken Brillengläsern. Blickt man auf die digitale Entsprechung sieht man oft ein idealisiertes Selbstbildnis. Die Computerspiele erlauben die Interaktion mit anderen ohne physische Mängel, die in der realen Welt als Hindernis wahrgenommen werden. Einer Studie des amerikanischen Psychologen Nick Yee zufolge, betrachten knapp ein Drittel der Spieler ihre Online Persönlichkeit als eine idealisierte Version ihrer selbst. So zum Beispiel die zweifache Mutter Chalmaine, die neben ihrem Familienleben auch eine Onlineexistenz hat. Dort heißt sie Jova Song und ist selten mit mehr als ein Paar Stofffetzen bekleidet. Oft wird das Spiel und das Schaffen eines Charakters zur Therapie- und Gesprächsrunde. Auf seiner Website forderte Cooper die Gamer dazu auf, ihre Motivationen zu schildern, die dazu führten, dass sie genau ihre jetzige Form auf dem Bildschirm gewählt haben. Liest man die Berichte, merkt man, dass die Geschichten hinter den Figuren oftmals auch die Geschichten der spielenden Menschen sind. Eines der beeindruckendsten Bilder zeigt den jungen Jason, der an Muskeldystrophie leidet, auf seinen Rollstuhl und sein Beatmungsgerät angewiesen ist. Im Onlinespiel Star Wars Galaxies spielt er einen Charakter, der an den Kopfgeldjäger Boba Fett aus den Filmen von George Lucas erinnert. Mit silbrig glänzender Rüstung und futuristisch maskiertem Gesicht stellt die binäre Reflexion des Jungen ein einziges Bild von Stärke dar. Die Ausstellung ALTER EGO ist noch bis zum 19. Februar in Berlin zu sehen.

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