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„Wir haben uns ins Zentrum vorgearbeitet“

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Das „Harry Klein“ ist seit seiner Gründung 2003 einer der bekanntesten Münchner Elektroclubs. Jahrelang hat es sich nach dem Wegzug von Kneipen wie dem "Keller" und der "Milchbar" als einzig alternativer Club zwischen Massenfeieranlagen und Frittenbuden in den Optimolwerken gehalten – nun siedelt es ebenfalls in die Innenstadt über: Im April bezieht das „Harry Klein“ die renovierten Räume des ehemaligen griechischen Grills „Glam“ in der Sonnenstraße. jetzt.muenchen hat Geschäftsführer David Süß, 43, Artist Booker Peter Fleming, 44, und Tanja Piechula, 27, zuständig für Presse und Promotion, in ihren Geschäftsräumen besucht und mit ihnen über Techno in Deutschland und das Feiern in München gesprochen. jetzt.muenchen: Ihr seid vom De:Bug Magazin neben dem Berghain in Berlin und dem Robert Johnson in Offenbach zum drittbesten Technoclub Deutschlands gewählt worden. Hat euch das überrascht? Peter: Es ist ja nicht die erste Saison, in der wir mit dem Harry Klein auf angesehenen Club-Rankings auftauchen. Die Anerkennung dafür ist szenenintern schon lange vorhanden. In Berlin hängt sich der Techno-Hype eben zum Großteil am künstlerischen, revolutionären Ruf der Stadt auf – deshalb findet man in vielen Clubs oft auch mehr Touristen als echte Berliner. Wir sind im traditionellen München noch viel familiärer und daher etwas publikumsnäher.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Von links nach rechts: Peter, Tanja, David Gibt es den „Berlin vs. München“ – Kampf unter Clubbesitzern und DJs denn gar nicht? Tanja: Nein, der ist doch größtenteils sowieso eine feuilletonistische Erfindung. Die Frage: „Wie kann es bei uns auf dem Dancefloor jetzt so werden, wie morgens um sieben Uhr in der Panorama Bar in Berlin?“, stellt sich uns gar nicht. David: Natürlich ist Berlin etwas Besonderes, wenn du hinfährst, um Urlaub zu machen – jede Stadt hat seinen Charme, den man oft besonders aufregend findet, wenn er nicht zum eigenen Alltag gehört. Diese Städtekonkurrenz ist so aufgesetzt, wir haben doch lange alles, was wir brauchen: Da war die „Registratur“, da ist die „Rote Sonne“ und vieles mehr. Und dass der Techno ursprünglich aus Berlin kommt, ist auch gut so. Darauf können wir als vereinte deutsche Nation stolz sein. Er ist unser Produkt, und wir prägen es alle, egal, von welcher Stadt aus. Und ihr habt auch nie selbst überlegt, mal nach Berlin zu ziehen? Tanja: Nein, das Schöne ist hier doch die familiäre Atmosphäre. Man kennt sich, hat sein Stammpublikum. Peter: Auf die Münchner Lebensqualität würde ich nicht verzichten wollen. Es ist hier zwar nicht möglich, auf einem alten Fabrikgelände von Dienstag bis Donnerstag durchzufeiern. Aber ehrlich gesagt brauchen die meisten das doch auch gar nicht. Und in München habe ich im Gegensatz zu Berlin auf einer illegalen Party auch wenigstens noch das Gefühl, dass sie illegal ist. David: Viele unserer Freunde aus der Technobranche sind nach Berlin gezogen, weil sie das Gefühl hatten, dort näher an ihrer Musik sein zu können – aber ich glaube, das stimmt so nicht. In Berlin hätten wir uns mit dem Harry nie authentisch durchsetzen können. Ich glaube, man muss sich darauf besinnen, was man am besten kann. Und für uns ist das einfach Techno in München. Wart ihr nie an dem Punkt, an dem euch die Musik langweilte? Es gibt ja viele, die sich mit der fortschreitenden Popularität des Technos über einen Qualitätsverlust beklagen. Peter: Nein, absolut nicht. Ich habe diese „Vermainstreamisierung“ des Technos schon immer positiv betrachtet. Damals konnten wir unsere Musik außerhalb von Berlin nur im „Ultraschall“, draußen am Flughafen Riem, hören – jetzt haben wir zehn Clubs direkt in der Münchner Innenstadt, in denen das möglich ist. Es ist doch wunderbar, dass eine deutsche Musikrichtung es so weit gebracht hat. Und von Qualitätsverlust kann gar keine Rede sein. Wahre musikalische Vielfalt entsteht so erst. Und wir machen unseren Beruf mit anhaltender Leidenschaft. Anders ginge es gar nicht. Ein professioneller Geiger legt ja auch nicht eines Tages die Geige aus der Hand und sagt: „Ich bin durch damit!“. Er spielt weiter und sagt: „Ich kann nicht anders.“ Ihr seid als einer der letzten bekannteren Clubs noch auf dem Gelände des alten Kunstparks Ost, den Optimolwerken. Im April zieht auch ihr in die Innenstadt um – warum? Tanja: Die Entwicklung am Gelände hat uns nicht mehr gefallen. Viele unserer alten Freunde, zum Beispiel die Betreiber des „Kellers“ und der „Milchbar“, sind längst in die Stadt umgezogen. Außerdem gab es durch die Zwei-Jahres-Mietverträge des Geländes kaum Planungssicherheit für uns. Peter: Obwohl es ja auch immer schön war, dass man wusste: Die Leute, die herkommen, wollen auch wirklich nur zu uns. Und die, die ohnehin nicht unbedingt zu uns passten, denen konnten wir ohne schlechtes Gewissen sagen: „Probier’s halt mal in der Spielwiese nebenan!“ Die Sonnenstraße wird ja schon als „neues Münchner Partyzentrum“ bezeichnet. Inwiefern hat auch euer Umzug dorthin etwas mit dem viel beschworenen München-Hype zu tun? David: Dass ein Club in die Münchner Innenstadt zieht, noch dazu ein Technoclub, wäre früher undenkbar gewesen! 1994 haben wir mit dem „Ultraschall“ die ersten Partys in einer alten Flughafenkantine in Riem veranstaltet. Dann kam der Kunstpark Ost, nun die Innenstadt. Wir haben uns Stück für Stück aus der Peripherie ins Zentrum vorgearbeitet – genau wie Techno von einer Undergroundbewegung zu einer globalen Discomusik geworden ist. Ich erinnere mich noch, als ich beim Oberbürgermeister Ude im Büro saß und wir uns über die Notwendigkeit der Sperrstunde unterhielten. „Aber wieso wollt ihr denn nachts feiern?“, hat der mich gefragt. Später lockerte sich die Sperrstunde, der Kunstpark löste sich auf und öffnete die Innenstadt. Es wird auch noch einmal weitere zehn Jahre dauern, bis erkennbar ist, ob es wirklich eine Art internationalen Aufschwung des Münchner Rufs gibt. Tanja: Die Sonnenstraße als Lokalität hat einfach alle Bedingungen erfüllt, damit wir als Club weiterhin so bestehen können, wie unser Konzept es möchte. Sie ist laut, groß und dreckig genug, damit es keinen Ärger mit den Nachbarn gibt. Außerdem hat sie eine super Verkehrsanbindung. Im Glockenbachviertel würde so etwas Großes nie auf Dauer funktionieren. Gibt es keine Kritik oder Angst von Seiten eurer Stammgäste, dass ihr durch das Verlassen des Optimolgeländes euren Charme verliert und eurem Konzept untreu werdet? Peter: Tatsächlich hören wir oft Sätze wie „Werdet ihr jetzt einer dieser innerstädtischen Schickimicki-Clubs?“ Aber das ist Quatsch. Tanja: Unsere Preise und unser Konzept bleiben dasselbe – die örtliche Veränderung wird unserem Charakter nicht schaden. Aber vielen ist das schon zu viel, die Leute haben einfach immer Angst vor Veränderungen. Wie beruhigt ihr sie? David: Wir haben das etwas ironisch aufgegriffen und ein T-Shirt mit dem Titel: „Früher war alles besser“ gedruckt. Wir sind alt genug, um beurteilen zu können, dass dieser Satz eigentlich immer nur eine Ausrede aus Angst vor dem eigenen Älterwerden ist. Das war schon bei den ersten Partys im „Babalu“ so, später bei den Ultraworldparties, dann im „Ultraschall“ und auch heute noch. Wenn die Leute merken, dass es sonntags schöner ist, den Tag auf einem Berggipfel zu verbringen als mit Kater im Bett, kommt es ihnen gerade gelegen zu sagen: Da geh' ich nicht mehr hin, die Betreiber sind jetzt so arrogant und die Leute werden auch immer jünger. Ich sage dann: „Nicht die Gäste werden jünger, du wirst älter. Wenn es dir nicht mehr gefällt, sei schlau und mach' etwas anderes. Das Leben hat so viel mehr zu bieten als jede Nacht in einem Club herumzuhängen.“

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