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"Ich bin kein Mamakind!"
Der Treffpunkt zum Interview mit Mica Penniman ist ungewöhnlich: Mikas Zimmer. Der 25 Jahre alte Sohn einer Libanesin und eines Amerikaners bewohnt im Londoner Vornehmstadtteil Kensington das Souterrain seines Elternhauses. Ungewöhnlich genug. Dass dann aber noch Mama Penniman - nachdem sie ihre Gymnastikübungen beendet hat - noch schwitzend Kaffee macht, der kleine Bruder nachguckt, ob Mika endlich fertig geduscht ist und ein umherwuselnder Maler die Fußleisten im Erdgeschoss rosa streicht, gibt der Szenerie eine geradezu cineastische Anmutung. Eine Etage tiefer hat es sich Mika inzwischen mit seinem aus Fisch und Brokkoli bestehenden Frühstück auf dem Sofa bequem gemacht. Das Bett ist gemacht, er besitzt jede Menge Comicfiguren, ein buntes Fahrrad und ein Klavier. "Ich bin kein Mamakind", sagt er, "auch, wenn die Leute darüber lachen, dass ich bei meinen Eltern im Keller lebe." Er habe einfach noch keine Zeit gehabt, sich etwas eigenes zu suchen. Nach dem riesigen Erfolg seines Debütalbums "Life in Cartoon Motion" mit Hits wie "Grace Kelly" und "Relax, take it easy" tourte Mika anderthalb Jahre um die Welt, danach nahm er seine neue Platte "We are Golden" in Los Angeles auf (die im September erscheint). "Ich spare jetzt für eine eigene Wohnung", so Mika, "nur dummerweise sind die Preise in London immer noch viel zu hoch."
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Du bist vor zwei Jahren zu einem der größten Popstars der Welt geworden. Wie sehr bist du danach durchgedreht?
Mir ist der Erfolg zu Kopf gestiegen, ja. Aber auf andere Weise als ich das erwartet hatte.
Nämlich?
Ich wurde noch einzelgängerischer, noch vorsichtiger, noch zurückhaltender als ich es zuvor schon war. Ich habe mich noch mehr zugeschlossen. Gesund gehalten hat mich der Umstand, dass ich die ganze Zeit unterwegs auf Tour war. Ich dachte immer nur an die nächste Show und die nächste Stadt. Da hatte ich etwas, auf das ich mich konzentrieren konnte. Mich erinnerte das an meine Zeit an Kind. Mit 11 Jahren fehlte ich das halbe Jahr in der Schule, weil ich mit dem Theater und mit Opern und Gesangsshows unterwegs war. Ich musste sehr diszipliniert sein damals, als ich etwa Oper sang. Und diese Disziplin kam mir nun zugute. Sie hat mich gerettet.
Je berühmter du wirst, desto mehr verkriechst du dich?
Ja, so ist das. Ich musste das auch tun, um Songs schreiben zu können. Je mehr du von dir preisgibst, desto weniger bleibt dir auch als Thema für deine Lieder. Du willst ja, dass die ein bisschen geheimnisvoll sind. Richtig frei kommunizieren und ehrlich sein kann ich am besten in meinen Songs. Deshalb schütze ich sonst mich und meine Energie und mein Leben. Wenn mir das genommen wird, dann wäre meine Kreativität am Ende.
Handelt das neue Lied "I see you" davon, wie du dich verliebst?
Ja, aber in einen Menschen, den ich nie getroffen habe. Es geht darum, wie ich dasitze, jemanden am anderen Ende des Raumes gut finde, mich aber nicht traue, hinzugehen und "Hallo" zu sagen. Das ist meine Art. Wenn ich dir jetzt sagen würde, dass ich auf dich stehe, dann würdest du lachen oder mir eine reinhauen. Also schütze ich mich, in dem ich dich einfach nur anstarre. So bin ich.
Echt?
Hmm, ja, genauso läuft das. Ich male mir dann aber aus, was alles sein könnte. Ich drehe richtig heiße Filme im Kopf. Wenn ich denjenigen dann wiedersehe, dann ist das fast so wie ein zweites Date. Dabei glotze ich nur.
Also bist du verdammt schüchtern?
Oh ja, schrecklich, ich bin ein ganz übler Aufreißer. Völlig nutzlos. Und du?
Auch. Ich muss angesprochen werden, sonst passiert nichts.
Siehst du. Dann weißt du ja, wie das ist.
Nervt dich deine Scheu?
Das hängt von meiner Laune und der Tageszeit ab.
Du scheinst immer ein ziemliches Geheimnis aus deinem Liebesleben zu machen. Weil du keines hast?
Doch, es gibt eine Art Liebesleben. Aber keines von der Sorte, auf das ich stolz wäre. Ich schaffe es einfach nicht, eine feste, dauerhafte Beziehung aufzubauen. Vielleicht bin ich dafür auch nicht geschaffen, keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich meine Beziehung schützen würde. Es würde keine Fotos in Illustrierten geben, oder Homestories.
Die meisten halten dich für schwul. Aber du äußerst dich nicht zu deinen sexuellen Vorlieben. Warum nicht?
Weil es für mich keinen Unterschied macht, ob ich schwul bin oder nicht. Kann sein, dass es komisch ist, sein Leben so zu behüten. Ich will auch nicht behaupten, dass mein Weg der richtige ist. Aber es ist mein Weg.
In "Blame it on the Girls" beschwerst du dich über einen unzufriedenen Kerl, der eigentlich alles hat. Wer ist das? Du selbst? Jemand im Musikgeschäft?
Ach, die anderen Musiker und Popstars sind alle blöd. Du siehst nie, wer diese Leute wirklich sind, die verstellen sich. Außerdem werden diese Menschen sehr schnell deine Freunde, und ebenso schnell verlierst du sie wieder aus den Augen. Ich will keine Freunde im Musikbusiness finden.
Text: steffen-rueth - Foto: Julian Broad