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„Die Leute denken, da ertrinkt einer“
Am Samstag feierte „Keep Surfing“ Weltpremiere. Der Dokumentarfilm erzählt von der Faszination des Flusssurfens, dessen Epizentrum der Münchner Eisbach ist. Regisseur Björn Richie Lob (34) über seinen Film, Wellen abseits des Ozeans und die Zukunft seines Sports. jetzt.muenchen: In deinen Film geht es hauptsächlich um die Personen, die am Eisbach und anderen Flusswellen surfen. Durch sie wird einem dieser Sport nähergebracht und erklärt. Warum hast du diese Herangehensweise gewählt? Björn Richie Lob: Ich mag diese Sprecherstimmen einfach nicht. Die werden in Dokumentationen oft dann eingesetzt, wenn einem nichts einfällt, wie man seine Geschichte erzählen soll. Ich wollte die Geschichte des Flusssurfens über seine Personen erzählen, weil es lebendiger und authentischer ist – und weil es mir genauso um die Personen und deren Charaktere geht wie um das Surfen selbst.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Die Münchner Welle ist harmloser als dieses kanadische Exemplar. Trotzdem kommen Surfer aus der ganzen Welt angereist. Foto: Björn Richie Lob Obwohl diese Personen zunächst nicht sehr begeistert waren von der Aufmerksamkeit, die ihnen zuteil wurde. Stimmt. Ich wollte einen Film über das Flusssurfen machen, seit ich wegen der Welle nach München gezogen bin. Am Anfang wollten die Surfer aber keine Aufmerksamkeit erwecken, aus Angst, dass es an der Welle zu voll wird. Ich habe deshalb nur für mich selbst gefilmt und meine Videos nur den Surfern gezeigt. Die goldene Regel, sich nicht professionell fotografieren und filmen zu lassen, ist aber nach und nach in den Hintergrund getreten. Auch wenn München der Ursprungsort des Flussurfens ist, spielen Teile deines Films aber auch an anderen Flusswellen. Wie kam es dazu? Geplant war das nicht. Der Film sollte eigentlich viel früher fertig sein, wir sind dann aber im Schnitt nicht weitergekommen. Diese Verzögerung war letztlich ein Geschenk. Denn so konnten wir noch nach Frankreich fahren, als dort Jahrhunderthochwasser war und riesige Flusswellen gelaufen sind, und diese Szenen in den Film aufnehmen. Ein weiteres Geschenk war Eli Mack, ein amerikanischer Flusssurfer. Er hat uns erst hier in München besucht, was immer sein großer Traum war. Er hatte vor einigen Jahren Bilder vom Surfen im Eisbach gesehen, und daraufhin sein Leben komplett geändert. Er hat eine Gangster-Vergangenheit, hat in Los Angeles Drogendealer überfallen und war ständig in Schlägereien verwickelt. Jetzt sucht er Flusswellen auf der ganzen Welt. Er hat für uns den Trip in Kanada organisiert. Wir hatten zuerst das Geld nicht mehr im Budget, und Gerry, ein Münchner Surfer, hat dann extra einen von seinem Sponsor bezahlten Trip nach Hawaii gecancelt und ihn überredet, ihn nach Kanada zu dieser Welle fliegen zu lassen. Nachdem das Flusssurfen in München stark gewachsen ist und nun bereits Kanada erreicht hat: Hast du das Gefühl, einer Gruppe von Vorreitern anzugehören? Am Anfang gab es nur diese kleine Eisbach-Crew, dann ist das Flusssurfen in München immer größer geworden. Inzwischen suchen auch woanders Leute nach Flusswellen, und ich glaube, dass der Film, wenn er international anläuft, dazu beitragen wird. Man muss nur die Augen offen halten. Ich habe selbst schon viele solcher Stellen an Flüssen gesehen. Es wäre ja auch seltsam, wenn ausgerechnet München die einzige Stadt wäre, in der es so viele Wellen gibt – oder gab, seit der Isar-Renaturierung sind die ja nun zerstört. jEs könnte also ein Boom des Flusssurfens folgen? Das größte Problem ist die Unbeständigkeit der Wellen. Für die meisten Flusswellen braucht man Hochwasser, außer in Kanälen wie dem Eisbach, durch den immer die gleiche Menge an Wasser fließt. Aber in Montreal hat sich zum Beispiel mittlerweile eine Szene entwickelt, die nach und nach die vielen Flüsse dort erkundet. Ein weiteres Hindernis ist aber auch immer wieder die Polizei. Warum hat man in den 20 Jahren, in denen in München gesurft wird, keine eindeutige Regelung gefunden? Es ist letzten Endes immer noch eine rechtliche Lücke. Baden und Boot fahren sind verboten – aber Surfen ist nun mal weder das eine noch das andere. Was auch oft passiert: Irgendwelche Leute sehen bei Hochwasser einen Surfer im Fluss treiben und denken, dass da jemand ertrinkt. Dann rufen sie die Polizei, die dann natürlich ausrücken muss, inklusive Feuerwehr und manchmal sogar Hubschrauber. Aber am Eisbach wird das Surfen mittlerweile geduldet, trotz der Diskussionen um ein Surfverbot, die in den letzten Jahren aufkamen. Ja, es ist auch eine Art Schenkung geplant. Die Stadt bekommt für einen symbolischen Wert von einem Euro dieses Stück des Englischen Gartens von der Schlösser- und Seenverwaltung verkauft. Damit ist die aus der Verantwortung heraus. Die Stadt will dann die Surfer Haftungsausschüsse unterschreiben lassen. Dann bekommen sie eine Plakette für ihr Board und dürfen offiziell surfen. Ich habe bei der Eröffnungsfeier des Filmfestes auch Christian Ude getroffen. Er möchte das mit der Regelung jetzt forcieren. Wir haben auch einen offiziellen Termin mit ihm im Rathaus, wo ich ihm eine DVD vorbeibringen werde und wir ihm auch ein T-Shirt der Internet-Petition www.rettet-die-eisbachwelle.de geben werden. „Keep Surfing“ läuft ein weiteres Mal am Freitag um 0.00 Uhr im Rio Filmpalast.