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Aber hier leben? Ja, gerne!
. . . Man kann sich hier auf so viele Sachen verlassen: Wiesnbier wird jedes Jahr teurer, der erste Wintereinbruch verursacht Chaos auf den Straßen, einmal pro Winter sitzt man frierend aber sonnig im Biergarten, der FC Bayern gewinnt irgendwas und überall wo gebaut wird, kommen garantiert neue Büroflächen rein. . . . die Hinweisschilder des Olympiaparks. Aus der Entfernung sehen sie auf dem Mittleren Ring immer aus wie arabische Schriftzeichen. . . . Luca Toni . . . rechts stehen, links gehen . . . am Königsplatz auf den Stufen der Glyptothek für die Philosophieprüfung lernen und sich irgendwie griechisch vorkommen . . . Alle achten hier sehr auf Qualität, ziehen sich gut an, fahren bayerische Autos, kennen den italienischen Feinkosthändler persönlich etc. Nur im Biergarten essen alle den gleichen Schmankerl-Schrott mit Kartoffelsalat aus dem Eimer und keiner stört sich dran. . . . Nahezu jedes Viertel hier war schon mal ein In-Viertel, deswegen hält man sich nicht lange mit Abgrenzungsrivalitäten auf, sondern unterhält sich gleich darüber, ob man demnächst wieder „in“ wird oder ob vorher noch ein anders Viertel dran ist. . . . auch mal dunkles Bier bestellen. Und sich dann sehr original fühlen. . . . der Prototyp einer Fußgängerzone ist nun mal die Kaufinger Straße. Das erkennt man daran, dass Münchner in Köln, Hamburg, Berlin immer nach der Fußgängerzone suchen und maßlos enttäuscht sind, wenn sie eine finden. . . . die Torten im Café Wiener in der Reichenbachstraße . . . nicht in Schwabing wohnen . . . die Zwillinge, die auch im Winter in rosa Hot Pants streitend durch Sendling laufen . . . wenn man vom Busfahrer ausgeschimpft wird, dann klingt das nicht gemein und gehässig (wie zum Beispiel in Berlin), sondern fast nett. . . . es ist sehr angenehm, als Mädchen auch nachts alleine durch die Stadt gehen zu können, ohne Angst haben zu müssen. . . . Isi und seine Lollis . . . und das Publikum in der X-Cess-Bar . . . die Türkenstraße im Sommer, gerade weil sie latent versnobt ist . . . der Walter-Klingenbeck-Weg hinter der Ludwigskirche . . . ballspielende Gruftis an der Isar . . . im Werkstattkino eine Dokumentation über Hausstaub anschauen . . . wenn mal jemand auf die Idee käme, im Glockenbach zu baden . . . wenn an einem Sonntagmorgen das Publikum der Roten Sonne auf das der 089-Bar trifft . . . in der Favorit Bar Walzer tanzen . . . und im Hofgarten den Tango-Tänzern zuschauen . . . die ungeheuren Ausmaße einer Schweinshaxe . . . Föhn gar nicht merken . . . im Winter nicht Skifahren und im Sommer nicht wandern
. . . einen Sommerabend trinkend auf den Stufen des Gärtnerplatztheaters verbringen – und sich dann von den Theatergästen komisch anschauen lassen . . . München ist die aufregendste Kleinstadt Deutschlands. . . . statt „Alter“ „Oida“ sagen . . . oder noch besser „Oida Moo“ . . . es hat allerdings auch einen Vorteil, als hochnäsig und provinziell beschimpft zu werden – besser unter- als überschätzt! . . . München ist ein Paradies für Fußfaule: Nirgendwo braucht man mehr als 500 Meter zur nächsten U-Bahn-, S-Bahn-, Tram- oder Busstation. . . . woanders wird man schief angeschaut, wenn man morgens Bier trinkt. . . . „passt scho“
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
. . . vor den grünen Streifenautos ist man nie sicher, dafür ist München die ungefährlichste Stadt Deutschlands. . . . im altehrwürdigen Müllerschen Volksbad kann man gleichzeitig schwimmen und Jugendstilarchitektur bestaunen . . . die durchgehend rosafarbenen Häuserfassaden rund um den Gärtnerplatz . . . München ist immer auf dem neusten Stand der aktuellen Automodelle. . . . das Wort „Flügelbahnhof" . . . Mäuse auf den U-Bahngleisen beobachten . . . die Theatinerkirche nachts im Sommer . . . Gästen erzählen, dass die Qualität des Leitungswassers so hoch ist, dass man es theoretisch in Flaschen abfüllen und verkaufen könnte. Und dann eine Antwort auf die Frage „Warum macht das dann keiner?“ erfinden . . . Schnitt . . . freitags spät am Abend am Ostbahnhof aus der S-Bahn steigen und das Gefühl genießen, in einer urbanen Großstadt zu leben . . . den „Nobelpreisträger“ von Gerhard Polt auswendig rezitieren können . . . die Begeisterung, mit der Krawattenträger von der Vorwiesn schwärmen. Im Vorfeld des Oktoberfestes schleichen sich diese Leute immer auf der Theresienwiese in die Kantine ein, die eigentlich nur die Arbeiter verköstigen soll, die hier arbeiten. . . . Papierflieger vom Alten Peter starten lassen . . . dass man nirgendwo Drogen kaufen kann, aber deswegen nicht weniger im Umlauf sind. . . . wenn ältere Münchner von der Besonderheit der Olympischen Spiele schwärmen. München in den 70ern muss etwas wirklich Tolles gewesen sein – allein schon deshalb, weil es so lange her ist, dass man es nicht mehr nachprüfen kann . . . Nackerte, die sich schon bei 15 Grad in der Sonne räkeln, und bei denen man sich immer nicht ganz sicher ist, ob sie nicht vielleicht einen an der Waffel haben . . . die Laufstegatmosphäre in der Bibliothek des Instituts für Kommunikationswissenschaft . . . nachts den Taxifunk mithören. Das lohnt sich selbst dann, wenn man eigentlich gar kein festes Ziel hat, zu dem man sich fahren lassen will. . . . eine Wiesn-Bedienung persönlich kennen . . . Menschen, die „madig“ oder „endsmadig“ sagen . . . Stammstrecke
. . . aus der Bahn, Kartoffelnschmarrn – Rodeln auf dem Olympiaberg . . . der Ausblick, den man vom Landtag aus auf die Maximilianstraße hat . . . das Klackern der U-Bahnanzeige am Bahnsteig . . . bei Föhn die Alpen sehen, ein bisschen wehmütig werden und dann in die Ubahn steigen. . . . dass Berg am Laim nicht in Laim und das Lenbachhaus nicht am Lenbachplatz ist . . . die Aufschrift „Der Münchner Jugend“ auf dem Dantestadion . . . Steinhausen – trotz allem!
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
. . . „Ciao“ sticht „Tschüssi“ . . . der Song „Munich“ von den „Editors“ . . . trotz allen Hypes: das Eis vom Sarcletti (Rotkreuzplatz) . . . die Jungs auf dem Wertstoffhof, die mit größtmöglicher Lässigkeit Hinweise auf die richtigen Container für den abzuladenen Müll geben . . . der Song „The Young Ones“ der dänischen Band „Munich“ . . . die Löwen vor der Residenz, die man übrigens nicht mit den Werbe-Löwen vor Innenstadtgeschäften verwechseln darf: Die an der Residenz bringen Glück, wenn man sie berührt. Die vor den Läden machen schlechte Laune, wenn man sie nur sieht. . . . mit dem Rad im Mai neben der Isar von Norden kommend in und durch den Englischen Garten fahren und schließlich am Haus der Kunst rauskommen . . . in München findet fast nie der Eurovision Song Contest statt. . . . Augustiner . . . Heim und Handwerk . . . die Tatort-Komissare spätnachts im Schoppenstüberl treffen und mit ihnen ein Lied singen . . . die Suppenküche . . . weil man nachts nach dem Weggehen nur schwer was zu Essen kriegt. Gute Sache. Hält schlank, denn der letzte Döner ist der schwerste. . . . die Frau, die morgens im Caffé San Pietro am Petersplatz den Milchcafé schäumt . . . LeberkäsSemmelmitsüßemundscharfemSenfbitte! Ach was: Zwei! . . . dass die Klischees stimmen . . . Leslie Mandoki . . . Nein, Schmarrn . . . der Münchner Schmarrn. . . . Bauarbeiter, die bayerisch mit einem türkischen oder griechischen Akzent sprechen. . . . die geile Arroganz . . . so gescheit: zweimal Elite-Uni . . . die Münchner sind in den vergangenen Jahren immer weniger selbstgefällig geworden. . . . „greislig“ und „schiach“ sagen . . . in der Pinakothek der Moderne die Liste derjenigen durchlesen, die das wunderbare Gebäude errichtet haben und ein wenig stolz werden. Ganz oben: die Bürger Bayerns. . . . das Beachvolleyballfeld im Südpark . . . vom Isarflimmern schwärmen und gleichzeitig nicht so genau wissen, was das eigentlich ist.
. . . Partys unter der Brudermühlbrücke . . . die „left hand side“, die die S-Bahnstimme immer und immer wieder ansagt . . . unerträglich langweilige Kinowerbung in ebenso langweiligen Münchner Lokalzeitungen . . . die Anzeige „Knie“ an Bussen, die Richtung Pasing fahren . . . das Valentin-Musäum – wird am 24. Juli 2008 komplett renoviert neu eröffnet . . . das Panorama des Nymphenburger Schlosses . . . die Bedienungen in der „Bank“, mit denen man gerne mal über ihre wilde Zeit in den Neunzigern sprechen würden . . . Butter-Brezen in der Früh . . . in Berlin erzählen, dass man gerne in München wohnt – und dann ganz in Ruhe zurücklehnen . . . in der S-Bahn einschlafen, das erste Mal in Erding aufwachen und das zweite Mal in Petershausen . . . nachts über den Zaun bei der Bavaria klettern und den Ausblick genießen, bis einer der netten Wächter kommt und höflich bittet, doch wieder zu gehen . . . Mädchen, die einen nicht einmal mit dem Arsch anschauen . . . Jungs, die aussehen wie Sportstudenten und in jeder anderen Stadt auch Sport studieren würden. Hier aber studieren sie Politikwissenschaft. . . . am Sonntagnachmittag ins Umland fahren und die Familie besuchen. Am Abend zurückkommen und froh sein, dass man wieder da ist . . . dass einem alle Nichtmüncher bei aller Verachtung für München auch immer unterschwellig Respekt zollen. Dafür dass man sich hier halten kann . . . dass man auch im vollsten Biergarten immer doch noch einen Platz bekommt, gerade dann, wenn man nicht mehr daran glaubt . . . Steckerlfisch . . . eine Stadt, in der alle an Riesenbrezen nuckeln, wirkt doch schon auf den ersten Blick einfach friedlich. . . . selbst in den mondänen Weltzeitschriften Monocle und der Zeitung New York Times wurde München zu besten Stadt gewählt. Und eines dieser Ergebnisse wird uns doch jede Woche gemeldet – und vermittelt dem Münchner unbewusst das Gefühl doch richtig zu liegen. . . . morgens die Nymphenburger entlang radeln und dann kurz vorm Stiglmaierplatz in einen kräftigen aber nicht unangenehmen Hopfen&Malz-Dunst einfahren . . . Pariser Straßenbahnen sehen so gut aus, weil zwischen den Gleisen dort ein Grasstreifen wachsen darf. Paris eben, dachte man bisher. Aber jetzt: kriegt auch die Münchner Tram so ein weiches Bett, an der Dachauer Straße wird gerade dran gebaut. Formidable! . . . politische Vorlieben hin oder her: Mit Christian Ude haben wir einen Bürgermeister, der das Münchnerische einfach richtig gut verkörpert. Und der nebenbei auch noch ziemlich lustige Bücher schreiben kann, wie etwa seine kleine Philosophie zum Thema „Stadtradeln“. . . . die Invasion der Möpse und die damit zusammenhängende Verdrängung des Jack-Russel-Terriers . . . das Grünwalder Stadion . . . sich fragen, warum so viele Touristen das Glockenspiel sehen wollen . . . dass es irgendwie dann doch immer klappt mit der Wohnung . . . heimlich sind ja doch alle eifersüchtig auf unser wunderschönes Leben. . . . sich genau das immer wieder einreden . . . der Kiosk an der Fraunhoferstraße. Ohne wäre die Versorgungslage an Sonn- und Feiertagen schwer gefährdet. . . . die Stadt ist groß genug, dass man doofen Menschen aus dem Weg gehen kann. Und klein genug, um die netten möglichst oft um sich zu scharen. . . . Spezi-Cowboys . . . die Fahrkartenkontrolleure in der U-Bahn, weil man sie im Gegensatz zu Berlin sofort erkennt. . . . sowohl Bier als auch Apfelschorle kommen in genau der richtigen Größe: im Halb-Liter-Becher. . . . auch wenn das eigentlich nur noch die zugereisten Volldeppen aus dem Hunsrück sagen dürfen, stimmt es eben doch: In einer guten Stunde ist man in den Bergen. Und wenn man total verrückt und verliebt ist, kann man auch an einem Tag über den Brenner brettern und am nächsten wieder zurück. . . . wenn er beherrscht wird, ist der bayerische Dialekt so gemütlich und warm wie ein Lodenjanker. . . . wenn man zu einer Stadt eine Liebesbeziehung haben könnte, wäre die zu München eine in langen Jahren gewachsene ehrliche Zuneigung, der ein kleines bisschen Melancholie beigemischt ist. Ein ziemlich schönes Gefühl also . . . die Ramersdorfer Kirche am Ende der A8. Seit Jahrzehnten zuverlässiges Zeichen dafür, dass der Urlaub vorbei und man endlich wieder zuhause ist. . . 089 . . . Griasdi, Pfiadi und Servus!
Text: jetzt-redaktion - Illustration: Katharina Bitzl