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"Wir plädieren für ein marktorientiertes Studium - effizient, schnell!"
"Für eine effizienzorientierte und freie Universität" lautet die Überschrift auf der Homepage des Fanclubs of Ecxellence. Pressemitteilungen, Beitrittserklärungen, Protokolle der Sitzungen: Auf den ersten Blick sieht die Seite aus wie ein Internetauftritt einer besonders strebsamen Studentenvereinigung. Wer aber genauer liest, wird stutzig. So wird auf der Homepage ein Zehn-Punkte-Plan "zur Rationalisierung der Universität" vorgestellt und "kostenloses Habitus-Coaching für Mitglieder" angeboten - ein Benimm- und Manierendrill für die Elite proletarischer Herkunft. Die Macher sind Studenten der Berliner FU, die sich nach der Exzellenzinitiative der Bundesregierung auch "Eliteuniversität" nennen darf. Die Studenten frönen auf der Internetseite all ihrer Exzellenz und huldigen FU-Rektor Dieter Lenzen in derart übertriebener Weise, dass es wie eine Parodie anmutet. Tatsächlich versteckt sich in einer Ecke die Warnung: "Vorsicht! Bei dieser Seite handelt es sich um elitäre Satire." Ein paar Unternehmen haben die überzogenen Forderungen trotzdem für bare Münze genommen und Interesse an einer Zusammenarbeit angemeldet. Dabei wollten die Studenten hinter dem "Fanclub of Excellence" vor allen Dingen eines: die Exzellenzinitiative und Entwicklungen an ihrer Hochschule karikieren.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Von den Geldern aus der Initiative der Bundesregierung profitieren sie nämlich kaum. Die Mittel, kritisieren sie, flößen vor allen Dingen in die Forschung. In den Hörsälen spüre man vom neuen Status nichts. Die Studenten empfinden es als Heuchelei, dass medienwirksame Geldspritzen Förderung ersetzen, die bei allen ankommt. Diese Kritik ist aber bereits bekannt. Neu ist die Art des Protests. Mit ihrer Domain probieren sich die Studenten als Kommunikationsguerilla: Sie imitieren offizielle Codes und Sprachelemente, um Leser zu verwirren und so zum Nachdenken zu bringen. Die bekanntesten Vertreter dieser Proteststrategie sind die Yes-Men. Mitglieder der Gruppe fälschten zum Beispiel eine Seite der Word Trade Organisation (WTO) und
eine Ausgabe der New York Times. Die Yes-Men geben sich als Repräsentanten wichtiger Wirtschaftsunternehmen aus, um mit ihren Auftritten als gierige Manager das Publikum zu provozieren. Ähnliches versuchen die Macher des "Fanclub of Excellence". Sie wollen zeigen, wie sich die Zustände an deutschen Hochschulen gerade ändern. Ein Clubmitglied hat die Fragen von jetzt.de beantwortet:
jetzt.de: Der "Fanclub of Excellence" hat sich zum Ziel gesetzt, Elite zu fördern. Gibt es zu wenig davon in Deutschland?
Im Gegenteil! Es gibt zuviel. Neun Universitäten dürfen sich inzwischen "Elite" nennen, 27 machen beim "Exzellenzcluster" mit. Wir finden das empörend! Wo bleibt die Exklusivität? Wo bleibt die Auslese? Es kann nicht angehen, dass innerhalb der Elite alle gleich sind. Deshalb hat es sich der "Fanclub of Excellence" zur Aufgabe gemacht, die Elite der Elite auszubilden. Wenn Sie also bereits Elite sind, und noch exklusiver werden wollen – treten Sie uns bei.
Und was sind die Beitrittskriterien?
Die Bewerber sollten herausragende Leistung und markttaugliche Forschungsergebnisse mitbringen. Softskills wie gutes Aussehen und Charisma sind wünschenswert. Mindestens aber brauchen sie Kontakte und Geld. Natürlich sollten sie auch unsere Visionen von der Zukunft des deutschen Bildungssystems teilen.
Welche Visionen sind das denn?
Wir plädieren für ein marktorientiertes Studium: Eine effiziente, schnelle Ausbildung, die in kürzester Zeit optimale Bedingungen schafft für eine reibungsfreie Integration in den Arbeitsmarkt. Bildung muss zweckorientierter werden! Möglichst geringe Investitionen mit möglichst großem Output – das ist unser Leitbild für die Zukunft der Deutschen Hochschulen.
Und wie wollt ihr das erreichen?
Der Fanclub of Excellence hat ein 10-Punkte-Programm aufgestellt, um Bildung zu rationalisieren. Einige unserer Reformvorschläge sind der Börsengang der Universität, Streichung der Mittel für Geistesfächer zugunsten von Kapitalanlagen in stabile, nützliche Wissenschaften und Import von Asiaten – sie sind gut für Mathe. Außerdem arbeiten wir mit unseren Freunden bei Bertelsmann daran, schon bald die Studiengebühren in beitragfreien Bundesländern einzuführen. Rückwirkend.
Studiengebühren verbessern also eurer Meinung nach die Bildung?
Nein. Aber darum geht es auch gar nicht. Die Studiengebühren leisten vordergründig die wichtige Auslesefunktion: Studenten, die ohnehin durch ihre finanzielle Lage in ihrem Studiumsverlauf behindert wären, werden durch Studiengebühren in ihrem eigenen Interesse effektiv von den Universitäten fern gehalten. In vielen Bundesländern ist das Projekt bereits ein voller Erfolg. Es ist eine Schande, dass ausgerechnet Eliteuniversitäten wie die Freie Universität sich dem Fortschritt verschließen.
Und was ist mit den begabten Studenten, die aus ärmeren Familien kommen?
In unserem Zukunftsentwurf sind die Gebühren nach Noten gestaffelt. Mittellose Studenten können ihre Zahlungsschwäche also problemlos mit doppelter Leistung ausgleichen. Zudem stellen wir Praktikantenstellen für strukturschwache Studenten zur Verfügung: Sie können Kopierarbeiten, Haushaltspflege und andere Dienstleistungstätigkeiten für ihre normalreichen Kommilitonen übernehmen und so die Gebühren eigenverantwortlich erarbeiten. Die ganz armen Superhirne können ja die Stiftungen finanzieren. Die Schwächeren dürfen die Guten nicht ausbremsen! In Deutschland ist es zwar immer noch ein Tabuthema, aber es ist doch allgemein bekannt, dass Kinder aus ärmeren Haushalten nicht die nötige Bildungstradition für ein Studium mitbringen. Wir können den Hochschulen nicht zumuten, diese Mängel auszugleichen. Die Universität ist ein Ort der Exzellenz und nicht der Integration!
Euer Programm sieht auch vor, das BAföG abzuschaffen.
Das ist richtig. Das eingesparte Geld wollen wir in Steuererleichterungen für Unternehmen investieren: Das kurbelt die Konjunktur an, das schafft Arbeitsplätze und nützt auf diese Weise den strukturschwachen Studenten, die dann für ihr Studium arbeiten gehen können. Die Rechnung ist sonnenklar: Wenn die Wirtschaft mehr Nachwuchskräfte braucht, fördert sie automatisch nützliche Bildungszweige. Der Staat soll sich aus diesem Prozess raushalten. Deutsche Bildung braucht mehr Selbstregulierung.
Haben eure Ideen überhaupt Unterstützer unter anderen Studenten?
Der Fanclub of Excellence hat etwa 450 Mitglieder. Der Rest ist leider nicht im Stande, so visionär zu denken, wie wir es tun. Dafür haben schon viele Unternehmen Interesse angemeldet. Wir sehen darin ein klares Signal, dass unsere Reformen Zukunft haben. Die Unzufriedenen können ja an die Humboldt Uni wechseln - schließlich ist die Freie Universität eine Eliteinstitution, kein Wohltätigkeitsverein. Allen Jammerern wollen wir die Worte unseres geistigen Führers auf den Weg geben.
Bitte.
Frag nicht, was deine Universität für dich tun kann. Frag, was du für deine Universität tun kannst!
Text: wlada-kolosowa - Abbildung: Screenshot